PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten
»Warum wäret ihr sonst hier?«
»Der Pantopische Kompass?«, tippte Rhodan.
Gonddo Munussaje lachte ein merkwürdig menschliches Lachen. »Aber nein«, sagte er. »Der Kompass hat euch hergebracht. Der Schlüssel zur Gruft ist etwas ganz anderes.«
»Nämlich?«
Gonddo Munussaje schwieg.
Ein kleiner Servorobot schwebte herbei, räumte ab und trug neu auf.
Wollte der Concierge darüber nicht reden? Worüber wollte er reden? »Du hast gesagt, du bist zum einen Teil Phaopan. Und zum anderen ...«
»Sidhee«, sagte der Concierge zwischen zwei Bissen. »Ich bin Sidhee und weiß, was alle Sidhees wissen. Ich weiß, dass Airmid nur ein Planet ist. Dass Cairpre vor dem Rest Sternenquells durch die Septadimblende verborgen ist. Ich weiß vom Pantopischen Gewebe. Ich weiß auch vom Vortex. Mithin von der Gefahr, die du im Pantopischen Gewebe sehen musst. Ich weiß, dass du recht hast.«
»Sehr gut«, sagte Rhodan und drückte mit der Spitze seines Messers leicht auf das Fleisch. »Sehr gut gebraten.« Er schnitt ein Stück ab, spießte es auf die Spitze und aß es. »Gonddo - warum bin ich wirklich hier? In dieser Klause?«
»Weil ich etwas von dir wissen möchte, natürlich«, sagte Munussaje.
»Ich habe dir alles erzählt.«
Munussaje sah Rhodan forschend ins Gesicht. »Ich möchte wissen, wie du die Welt siehst.«
»Wie ich die Welt sehe?« Rhodan lächelte. »Die Welt ist groß. Was habe ich von ihr schon gesehen. Auszüge. Splitter.«
»Du weißt, was ich meine. Ein jeder von uns beherbergt die ganze Welt, wenn auch perspektivisch auf ihn zugeschnitten: wenige vergrößerte Einzelheiten, das große Ganze miniaturisiert. Ein Modell der Welt.«
Rhodan nickte. »Du willst mein Modell hören?«
Gonddo lächelte. »Erkläre dich.«
Rhodan holte Luft und wartete einen Moment. »Ja. Unser Weltmodell. Ich erspare dir die verschiedenen kosmohistorischen, physikalischen und hyperphysikalischen Theorien unserer Vordenker in der Waringer-
Akademie. Ich erspare sie dir und erzähle dir nur, worüber sie im Konsens sind: Unserem Modell nach entwickelt der Stoff der Welt im Laufe der Zeit Selbstbewusstsein. Er nimmt die ihn umgebenden Stoffe wahr, er nimmt sich selbst inmitten anderer Stoffe wahr, er kommt zu sich selbst. Kurz gesagt: Er lebt. Alles Lebendige erlebt, lernt, fährt und erfährt die Welt. Es sucht Nahrung, Schutz, Wissen, es will sich mit anderem Leben verbinden, es will sich vermehren.«
»Leben will leben«, fasste Gonddo zusammen.
»Leben endet«, sagte Rhodan. »Und je mehr es seiner selbst bewusst wird, desto deutlicher wird ihm dieses bevorstehende Ende. Der Tod.«
»Dabei gibt es zahllose simple Organismen, Einzeller, Viren, die nicht sterben, die sich auf ewig teilen und reproduzieren und reproduzieren lassen und den Tod unterlaufen. Du hast doch vom Tod geredet, oder?«
»Vom Tod, ja«, sagte Rhodan. »Aber reden wir lieber vom Leben. Zu gegebener Zeit entsteht Intelligenz; zu gegebener Zeit beginnt die Intelligenz, ihr Wissen nicht mehr den Individuen zu überlassen, sondern es zu bewahren, den Nachkommen zu überliefern, zu vergemeinschaften. Es entsteht ein überdauerndes Gemeinschaftswerk, eine Kultur. In dieser Kultur beginnt die Intelligenz, ihre Umwelt zu wandeln, den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Sie manipuliert den Stoff, ändert seine Form, baut Werkzeuge, Fahrzeuge, Flugzeuge, mit denen sie sich von den Orten ihrer Geburt ablösen kann, aufsteigen, in die Ferne reisen.
Raumfahrende Nationen entstehen, vergehen ...«
»Oder vergehen eben nicht«, unterbrach ihn Gonddo.
»Oder vergehen eben nicht, sondern finden einen Weg aus der Vergänglichkeit. Sie vergeistigen sich, werden schieres Wissen, schieres Bewusstsein. Werden zu einer Superintelligenz.«
Gonddo lachte leise. »Ja, die Superintelligenzen. Du kennst viele?«
»Einige«, sagte Rhodan. »Was man so kennen nennt. Ich kenne sie dem Namen nach. Ich kenne Skizzen ihrer Geschichte. ES, ESTARTU, THERMIOC. KOLTOROC ...«
Gonddo winkte ab. »Ersparen wir uns diese Galerie. Du könntest mir, ich könnte dir etliche andere nennen. Zahllose andere. Sie sind ja in gewisser Weise das Gegenbild zu den unsterblichen Winzigkeiten, von denen wir eben geplaudert haben, den Viren und Bakterien. Wer weiß, von welcher Gattung es mehr gibt - Einzeller oder Superintelligenzen.«
Rhodan lachte. »Gesetzt, eine Superintelligenz sei die Essenz mindestens einer Zivilisation, brauchte es, wie wir glauben, Milliarden und Billionen von
Weitere Kostenlose Bücher