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PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten

PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten

Titel: PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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zu sehr neigte und nach unten drehte, auf die nächstbeste Fläche zu klettern oder zu springen.
    Die winzigen Geschöpfe schimmerten in einem eisigen Blau. Obwohl sie einander bei diesen Kletterpartien halfen, sich mit langen, fadendürren Ärmchen hoben und zerrten und miteinander verknäulten, stürzte hin und wieder eines von ihnen ab, was von den Gästen an der Theke mit Gelächter oder Beifall quittiert wurde.
    Der Sturz musste für jedes Wesen dieser Art und Größe lebensbedrohlich, wenn nicht tödlich sein. Caadil fragte sich für einen Moment, ob sich das Geschehen dort vielleicht in der Realität zutrug, schüttelte diesen Gedanken aber ab. Eine Holografie. Aber auch als Holografie barbarisch genug. Sie setzte sich auf den Pilz neben dem Wesam Ghy und legte den Wanderstab auf die Theke.
    Der Wesam Ghy schnaufte verächtlich. »Nicht nötig, dich zu wehren«, sagte er. »Erstens fresse ich keine Kinder, zweitens habe ich schon zu Abend gespeist.«
    »Wenn's wahr wäre«, meldete sich ein Daunor, der neben dem Wesam Ghy auf einem Pilz hockte. Er blickte Kulée aus seinen Augen an, die hinter einer schiefergrauen Firnis lagen. Die Hornplatten, die seinen Körper schützten, waren borkig und voller haarfeiner Risse. »Etwas wie dich sieht man hier selten. Aus welchem Sektor hat man dich zu uns in die Niederungen geschickt?«
    »Selten?«, fragte sie zurück.
    »Seltener als selten«, korrigierte sich der Daunor.
    »Der Fachausdruck lautet: nie«, belehrte ihn der Wesam Ghy. »Aber lass es gelten. Erstaunlich genug, dass Urdron sich überhaupt artikulieren kann.« Es pfiff aus seinem Gassack, der Wesam Ghy hob sich von seinem Stuhl und glitt ein wenig näher an Kulée heran. Er flüsterte ihr vertraulich, aber laut genug für den Daunor ins Ohr: »Bekanntlich denken Daunoren mit einem Organ, das anderen Spezies ausschließlich zur Entsorgung ihrer Stoffwechselendprodukte dient.«
    »Ach ja?«, fragte Urdron. »Und wozu hätten wir Daunoren dann ein Gehirn?«
    »Das ist in der Tat ein unerfindlich dunkles Rätsel«, stimmte der Wesam Ghy melancholisch zu und zischte zurück auf seinen Pilz. »Service? Noch einen Tok, ich will über das Rätsel nachdenken!«
    Der Service-Roboter schöpfte mit der Kelle und schenkte dem Wesam Ghy nach.
    »Du darfst ihm diese plumpe Annäherung nicht verübeln«, bat Urdron. »Kurz bevor die Tok-Sucht in ihre letale Phase tritt, setzt bei den Abhängigen ein rapider Wirklichkeitsverlust ein, gepaart mit dem Zerfall sämtlicher sozialverträglicher Verhaltensmuster. Eine Art mentaler Apokalypse. Und Tamyy Ghui ist ein besonders trauriger Fall.«
    »Sehr traurig«, stimmte der Wesam Ghy zu.
    »Ich unterhalte übrigens eine bescheidene Nothilfeeinrichtung für Tok-Süchtige«, sagte der Daunor. »Not und Elend zeitigen pekuniäre Defizite, die zum Weinen sind. Wenn du dich überwinden könntest, diesen armseligen Kreaturen unverdiente Gnade zu erweisen, und einige Wertstäbchen spenden möchtest?«
    »Eine der traurigsten Fälle weit und breit«, ergänzte Tamyy Ghui. »Bereits meine Kindheit war traurig.«
    »Wo hast du deine Kindheit verbracht?«, fragte Caadil Kulée.
    Der Wesam Ghy dachte angestrengt nach und sagte dann mit Grabesstimme: »Daheim.«
    »Es rührt mich jedes Mal zu Klagehusten«, sagte der Daunor so leise, wie man im Zimmer Sterbender spricht. »Ein Silberstäbchen wäre bereits eine große Hilfe.«
    »Meine Kindheit war ein Jammertal. Aber immer noch ein innerer Vergnügungspark im Vergleich zu meinen Jugendjahren. Ich war ...«
    »Ja«, sagte der Daunor, »das war er wirklich.«
    »Und dann ... «
    »Man wagt es kaum auszusprechen ...«
    »Oh ja«, schloss der Wesam Ghy, »oh ja!«
    Daraufhin verfielen er und der Daunor in Schweigen und wandten alle Aufmerksamkeit den winzigen Gestalten zu, die sich bemühten, nicht vom
    Würfel zu stürzen.
    Eine von ihnen rutschte, schlidderte, kippte kopfüber von der Fläche. Applaus brandete auf. Einige der Winzlinge aber schnellten dem Stürzenden ihre fadengleichen Ärmchen hinterher und fingen ihn ab.
    Laute Enttäuschung, nur vereinzelter Beifall. Caadil schüttelte voller Widerwillen den Kopf. Was für ein blödsinniges Schauspiel. Was für eine geistlose Simulation. Hoffentlich nichts als das.
    Der Service-Robot bat darum, einen Abstrich von ihrem Gaumen nehmen zu dürfen, analysierte ihn und bot ihr einige Getränke an, die auf ihren Metabolismus eine erfrischende oder berauschende Wirkung ausüben würden, »in den

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