PR2601-Galaxis in Aufruhr

Eckpunkte eines Quadrats, dachte Perry Rhodan: Nemo, Lew, ich – und Mikru. Wenn nur einer sich vertut, sind wir verloren.
    Eher aus Gewohnheit, als um sich Bestärkung zu holen, blickte er zu Mondra.
    Sie runzelte die Stirn. »Keine Besserung bei Ramoz. Die Haut seiner Unterschenkel schuppt sich. Die Ranken aus den Gamaschen umschlingen mittlerweile den Brustkorb. Die Trübung im rechten Auge ...«
    »Zweitrangig, entschuldige. – Wir setzen zur Landung an!«
     
    *
     
    Schon kurz nach dem Eintritt in die Atmosphäre gingen die Schwierigkeiten los.
    Mikru meldete Systemaussetzer. »Minimalster Natur, stets nur für Millisekunden und ohne negative Auswirkungen. Keine Sorge, so etwas überbrücken meine Pufferspeicher locker.«
    »Gib sofort Bescheid, falls kritischere Beeinträchtigungen auftreten.«
    »Versteht sich.«
    Ganz sachte ließ Perry Rhodan den labilen Schiffsverband aus MIKRU-JON und dem havarierten Kontor-Tender tiefer sinken. Die hyperenergetischen Wirbelstürme und »gewöhnlichen« Hitzeorkane zerrten an ihnen und erzwangen häufiges Gegensteuern.
    Anfangs waren die Kurskorrekturen relativ einfach auszuführen. Rhodan lenkte äußerst vorsichtig und butterweich, sodass Lew Totshenko in der CHIS-1 genügend Zeit fand, immer wieder nachzujustieren und, soweit es in seiner Macht stand, das Verhalten des Tenders auf die Manöver des Obeliskenraumers abzustimmen.
    Wieder drängte sich Rhodan der Vergleich mit dem Motorradfahren auf. Diesmal war die Harley in wesentlich besserem Zustand.
    Dafür hing an ihr ein Beiwagen dran, verbeult, grotesk überdimensioniert, ohne Räder, mit verbogenen und angeknacksten Streben. Der Beifahrer tat sein Möglichstes, in den Kurven durch Gewichtsverlagerungen die Fliehkraftbelastungen auszugleichen. Noch hielt das brüchige Werk zusammen ...
    Dann setzten die Trugbilder ein.
     
    *
     
    Auf den Holo-Schirmen der auf Außenbeobachtung geschalteten Panoramagalerie ballten sich Wolkenfetzen und Nebelfahnen zu monströsen Gebilden.
    Manche davon wirkten schockierend konkret: drachenartige Flugsaurier, Kraken mit Hunderte Meter langen Fangarmen, Figuren in schwarzen Rüstungen, die auf Riesenspinnen ritten ...
    »Nicht irritieren lassen«, bat Mikru. »Meine Ortungsaggregate unterliegen Wahrnehmungsstörungen. Das führt zu Fehlinterpretationen der Messdaten, die ich teilweise nicht rechtzeitig bereinigen kann.«
    Ein Raumschiff, das halluzinierte? Perry Rhodan spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach.
    Er war auf die Informationen des Bordrechners angewiesen. Eine Landung per Blindflug musste unweigerlich im Desaster enden. »Inwieweit kann ich deiner Ortung noch trauen?«
    »Mit Sicherheit zu fünfundneunzig Prozent.«
    »Ich erhöhe auf achtundneunzig Komma fünf«, sagte Nemo Partijan. »Die Chimären sind Nebeneffekte der quintadim-topologischen Verwerfungen in der Stratosphäre von Orontes. Ein kleines Konstrukt, das ich soeben einspeise, wird uns die Orientierung erleichtern.«
    Mikru brauste auf. »Ich soll ein fremdes, ungeprüftes Programm integrieren?«
    »Tu es!«, befahl Rhodan. Dreieinhalb Prozent konnten einen gewaltigen Unterschied ausmachen.
    Die Nebelgespinste flossen ineinander und formten eine viele Kilometer hohe Gestalt, ein menschliches Skelett mit Kutte und Kapuze. Es ist ein Schnitter, heißt der Tod ..., fiel Rhodan unwillkürlich ein.
    Diese Gestalt schwang allerdings keine Sense, sondern eine Peitsche. Wütend schien sie auf den Planeten einzudreschen.
    »Soll das die in den Dateien des Mondforts erwähnte Weltengeißel darstellen?«, fragte Mondra. »Woher stammt diese Assoziation, Mikru?«
    »Durch das lange Zusammensein mit dir und Rhodan habe ich zahlreiche Redensarten, Zitate und Mythen eures Kulturkreises in meine Speicher übernommen. Daher der Anklang an das Bild vom Schnitter Tod. Keine Ahnung, wieso ich die Hyperwirbel damit beziehungsweise mit dem Begriff Weltengeißel verbinde.«
    »Einer reichlich krausen und ebenso verpönten Theorie zufolge«, sagte Partijan, inmitten seiner Holos tänzelnd, »umgibt jeden Planeten ein Para-Äther oder eine Hyperaureole, in welchem einschneidende Geschehnisse gleichsam als Narben erhalten bleiben. Ich lege Wert auf die Feststellung, dass ich dieser Theorie nicht anhänge. Wäre dem jedoch so, würde ich sie durch das, was wir gerade erleben, bestätigt sehen.«
    Die Nebelgestalt stutzte und wendete den Kopf, als habe sie soeben die anfliegenden Schiffe bemerkt. Dann drehte sie sich zu MIKRU-JON und