PR2602-Die Todringer von Orontes
Seine Bauchweichteile und die Lungensäcke verursachten grässliche Schmerzen. Warum half ihm bloß niemand? Wo blieben Berntarm, Zygmalo und Haubenort?
Der Fremdling sagte etwas. Die Sprache, sofern diese hohen und lang gezogenen Laute eine darstellten, hörten sich grässlich an.
Awkurow konzentrierte sich. Dachte den Schmerz und die Angst weg. So, wie es ihm der Lehrvater beigebracht hatte. Er dachte an Kälte, an ein Reservoir aus Eis, das sich eigens für ihn aus dem Nichts bildete. Er würde sie aushauchen aus seinen Gedanken und diesen kleinen hässlichen Mistkäfer damit einfrieren, so wie seinen riesenhaften Freund ...
Der Schmerz nahm überhand. Das Luftreservoir in ihm wurde kleiner, er fühlte die Todesbläue nahen. Schon fühlte sich das Hinterdrittel taub an, schon meinte er, Lamellen brechen zu hören.
»... mit mir nicht!«, hörte er eine unbekannte Stimme aus dem Nichts und dann eine weitere Ansammlung dieser seltsamen Töne, die aus dem Mund des kleinen Einzahnwesens kamen.
Awkurow fühlte Müdigkeit. Er hatte alles gegeben; doch dieses »alles« war nicht genug. Er versagte. Er hätte das Abhärtungstraining Perpelois' nicht schwänzen und seine Widerstandskraft besser schulen sollen.
Es ging zu Ende. Awkurow war müde, schrecklich müde ...
Der Druck auf seinen Körper ließ abrupt nach. Mit einem einzigen, tiefen Atemzug blähte er seinen Leib wieder auf. Das Lebensächzen ertönte, als sich die Drittelkammern füllten und er seine Körperfunktionen wieder in den Griff bekam.
Es war ruhig geworden – und dennoch konnte er die Anwesenheit des Feindes fühlen. Awkurow nutzte die Möglichkeiten seines Exoskeletts, um das Vorderdrittel ein wenig anzuheben.
Der Kleine stand unweit von ihm und bemühte sich, seinen groß gewachsenen Begleiter auf die unteren Tentakel hochzustützen.
Das Wesen lebte! Trotz des Kälteschocks, den er ihm verpasst hatte!
Das so bösartig wirkende Einzahnwesen drehte sich wieder ihm zu. Es piepste, und ein Gerät – ein Translator! – übersetzte die Worte.
»Du kannst von Glück reden, dass Sinaid noch gesund atmet«, meinte der Kleine in einer noch etwas holprigen Übersetzung.
Dies war die passende Gelegenheit, um einen weiteren Angriff zu lancieren! Nun, da sein Gegner abgelenkt war ...
»Lass es bleiben!«, meinte der Einzahnige. »Andernfalls quetsche ich dir deinen Leib aus, ein Drittel nach dem anderen.«
Awkurow schwieg erschrocken. Woher wusste sein Gegner ...?
»Weil ich deine Gedanken lese«, erhielt er eine prompte Antwort. »Wie dein Begleiter. Lass mal sehen: Bifkone heißt er, nicht wahr?«
Awkurow schwieg und versuchte, sich zu konzentrieren. Er war darin geschult, sich in der Gegenwart von Artgenossen so neutral wie möglich zu verhalten. Niemals konnte man wissen, welche Fähigkeiten sein Gegenüber hatte.
Doch das Entsetzen nahm bald wieder überhand. Ein Fremder, der verschmähte Gaben hatte! Wie konnte das bloß sein? Was geschah – und warum hatte Einzahn ihn noch nicht getötet? Wiederholten sich die Tage der Weltengeißel?
»Wir sind nicht hier, um einen Krieg anzuzetteln«, sagte der Feind. »Wir befinden uns in einer Notsituation und ersuchen euch, uns Asyl zu gewähren.«
Awkurow dachte nach. Sein Gegenüber meinte es offenbar ernst.
»Abgelehnt!«, rief er dann – und startete einen weiteren Angriff.
13.
Sinaid Velderbilt
Sie kam zu sich und schüttelte den Kopf. Ihr war speiübel. Die Positronik des SERUNS redete mit ruhiger Stimme auf sie ein und unterrichtete sie, was während der Bewusstlosigkeit vor sich gegangen war.
Sinaid hatte den Kälteschock nur dank ihrer eisernen Ertruser-Konstitution, Rynols Anti-Fähigkeiten und der Unterstützung durch den SERUN überlebt. Die Medoeinheit regulierte auch jetzt noch ihren Energiehaushalt und sorgte dafür, dass sich die Ertruserin allmählich wieder erholte.
Rynol Cog-Láar half. Der Kitharon-Spieler meinte, sie stützen zu müssen. Sinaid ließ ihn in dem Glauben, dass sie ihn benötigte, um auf beiden Beinen stehen zu können. Er hätte niemals die Kraft gehabt, ihr Körpergewicht zu stemmen.
Doch sie empfand es als durchaus angenehm, den Musiker in diesen Sekunden an ihrer Seite zu wissen. Er stellte eine Konstante inmitten des Chaos dar, das rings um sie herrschte. Und nicht zuletzt war es seiner Musik zu verdanken, dass die Wirkung des Kälteschocks gemildert worden war.
Gucky schwebte unmittelbar neben jenem Wesen, das ihren Tod gewollt hatte: neben
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