PR2603-Die instabile Welt
HARL DEPHIN lenken.
Rhodan gab die Bewegungen vor. Das Tempo, mit dem die Korvetten auf seine Befehle reagierten, erschien ihm quälend langsam. Er fühlte sich behindert. Eingeschränkt. Als müsse er zwei Gewichte an seinen Beinen mit sich schleppen. Das eine schwerer, das andere leichter.
Er griff auf die Systeme aller drei Schiffe zu, etwas, das er niemals zuvor ausprobiert hatte. Nur dank der ausdrücklichen Zustimmung der Korvetten-Kommandanten gelang es Rhodan, auch die Waffensysteme der Schiffe zu synchronisieren.
Partijan meldete leise Bedenken an, fürchtete um die geistige Gesundheit Rhodans. Der Unsterbliche kümmerte sich nicht darum. Dies war sein Spiel. Sein Tanz. Seine Verantwortung.
Transformkanonen mit Kaliber bis zu einer Megatonne Vergleichs-TNT feuerten. Ein Schiff der Sabyren befand sich innerhalb der Kernschussweite, und das besiegelte sein Schicksal. Der Schutzschirm brach, der Treffer eines Impulsstrahlers zerstörte die Hälfte der Blütenblätter. Ein weiteres Tulpenschiff entkam den synchronisierten Feuerstößen nur knapp, mehrere Einheiten der Quolnäer Keretzen zogen sich zurück.
Die Dramatik des Kampfes spielte sich oft fast ausschließlich auf einer rechnerischen Ebene ab. Die für menschliche Sinne aufbereiteten Darstellungen zeigten hyperenergetisches Feuer, das in der Realität nicht zu erkennen war. Hätte Rhodan freie Sicht auf das All gehabt, hätte er außer der von winzigen Lichtpunkten gesprenkelten Schwärze nichts Außergewöhnliches gesehen; vielleicht da oder dort eine Art Blitzgewitter, das auf Strukturrisse hindeutete.
Zwei Minuten vergingen. Rhodan spie Tod und Feuer. Er fühlte eine Gier nach mehr und meinte, von ihr in einen Abgrund gezogen zu werden. Es wurde von diesem verfluchten Gefühl der Hoffnung geleitet und beherrscht; doch die Hoffnung war eine schlechte Ratgeberin. Sie täuschte und log zu oft.
Rhodan löste die Verbindung zu den anderen Schiffen. Er musste sich um Gucky kümmern, informierte die beiden Majore von seinem Vorhaben und überließ sie wieder ihrem Schicksal, nicht, ohne zu versprechen, so rasch wie möglich zurückzukehren. Wichtig war, dem Feind Unberechenbarkeit vorzugaukeln.
Er schaltete eine Funkverbindung zum Mausbiber. Der Kleine hatte in der Zwischenzeit ganze Arbeit geleistet. Das Schiff der Sabyren, in dem er sich aufhielt, war wrack und trudelte steuerlos durch den Weltraum.
Rhodan übermittelte neue Koordinaten. Mit ein wenig Glück würde dem Mausbiber anhand des Datenmaterials eine direkte Teleportation gelingen, sobald MIKRU-JON den Schutzschirm des nächsten Tulpenraumers geknackt hatte.
Nur noch 761 Schiffe ...
Die Manöver funktionierten ein zweites und ein drittes Mal. Dann begann Rhodan zu variieren. Die Quolnäer Keretzen stellten sich zu seiner Enttäuschung viel zu rasch auf die Änderungen ein. Sie waren erfahrene Kämpfer, denen kein Trick und kein Manöver fremd war.
Er beging einen Steuerfehler, den MIKRU-JON in der allerletzten Mikrosekunde ausbügelte. Sogar der Pedopolschirm wurde mit annähernd sechzig Prozent belastet. Die Einheiten der feindlichen Flottenverbände waren mittlerweile erschreckend nah. Die Korvetten und MIKRU-JON waren eingekesselt.
Müde. Bin schrecklich müde ...
Wo war Gucky? Wo hatte er ihn abgesetzt? Was konnte er tun? Wie hätte sich Atlan in einer derartigen Situation verhalten?
»Ich übernehme«, sagte MIKRU-JON. »Deine Leistungsfähigkeit lässt abrupt nach.«
Rhodan war zu erschöpft, um zu widersprechen. Das Schiff spie ihn aus, seine Extra-Sinne gingen abrupt verloren. Er starrte in grelles Licht – und in Mondras besorgtes Gesicht.
Was sollte er ihr sagen? Dass er versagt hatte? Dass das Ende immer näher rückte und allmählich zur unabwendbaren Gewissheit wurde?
Es war ein Sterben auf Raten, das nur manchmal von winzigen Hoffnungsschimmern unterbrochen wurde.
»Wir brauchen ein mittelgroßes Wunder«, sagte er.
Gucky meldete sich per Funk, bat um eine Strukturlücke – und nur wenige Sekunden später materialisierte er nahe des Antigravschachts in der Zentrale. Taumelnd, kaum noch in der Lage, auf den Beinen zu bleiben.
»Nur eine kurze Pause«, ächzte er. »Ich bin gleich wieder auf dem Damm. Versprochen.«
»Ist schon gut. Mir geht's genauso.«
Waren es Müdigkeit oder Resignation, die Rhodan die Vorgänge ringsum mit einem Mal viel gelassener registrieren ließen?
Ramoz' Kopf hob sich wunderbarerweise. Steuerte ihn der Kokon, bewegte er sich
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