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PR2606-Unter dem Stahlschirm

PR2606-Unter dem Stahlschirm

Titel: PR2606-Unter dem Stahlschirm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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stand, der nächste Windstoß würde ihn knicken wie einen halb verdorrten Schössling.
    Vom Führerstand der Zugmaschine grinste ein längliches geschupptes Gesicht. Zwei faustgroße Kugelaugen bewegten sich unabhängig voneinander. Mit einem Auge schien das Echsenwesen die Kommandantin zu fixieren, das andere ruckte hin und her, als könne es sich nicht entschließen, wem sein Interesse gelten sollte. Eine gespaltene blutrote Zunge zuckte zwischen den verhornten Lippen hervor.
    »Fremde haben sich seit vielen Sonnen nicht nach Hascomen verirrt.«
    Die Sprache war Tag-Famund, wenn auch schwerer verständlich als das Idiom der Favadarei. Zudem klang die eher dumpfe, kehlige Ausdrucksweise des Echsenwesens völlig anders als ein flatterndes Sprechsegel.
    »Was ist Hascomen?«, fragte die Irmdomerin.
    »Die Stadt vor uns!«, krächzte ein langbeiniges Vogelwesen, das soeben hinter dem Wagen hervortrat. Ruckartig sträubte es seine rudimentären Flügelstummel.
    Keine Frage nach dem Woher oder Wohin. Die Kommandantin fragte sich, ob die Erntearbeiter überhaupt nicht neugierig waren. Den Augenkranz hinzugerechnet, der vorsichtig aus der Höhe herabblickte, hatte sie Angehörige von vier grundverschiedenen Völkern vor sich. Eigentlich kein Wunder, dass sie und ihre Begleiter wenig Aufsehen erregten.
    »Verteilt euch auf die beiden Wagen, dann könnt ihr mitfahren«, zischelte das Echsenwesen.
    Sonderlich vertrauenswürdig wirkten die Gefährte nicht. Jenke schüttelte den Kopf, registrierte aber sehr schnell, dass der Lenker der Zugmaschine mit der Geste nichts anzufangen wusste.
    »Wir gehen den Weg zu Fuß«, stellte sie fest. »Weit ist es ja nicht.«
    Sie bemerkte, dass die beiden Favadarei mit den kleineren Bleichhäutigen redeten. Eine Diskussion schien sich zu entwickeln, von der sie aber wenig mitbekam.
    »Wie ihr wollt.« Der Echsenschädel zuckte plötzlich hoch und stieß ein angriffslustiges Zischen aus. Jenke riss instinktiv abwehrend beide Arme hoch, als starke, funkelnde Krallen auf sie zuzuckten.
    Nicht einmal eine Armlänge vor ihr durchbohrten die Klauen einen handtellergroßen Hautflügler. Schmatzend schob die Echse sich ihre Beute in den Rachen. Für ein paar Augenblicke hing das Insekt seitlich zwischen den Lippen, dann wischte die Zunge herum und zog es vollends zwischen die Zahnreihen.
    »Fremde sind immer willkommen in Hascomen«, zischte der Geschuppte. »Aus welchem Teil des Landes hat es euch hierher verschlagen?«
    Woher? Aus der Ringstadt? Oder sollte sie bei der Wahrheit bleiben und Faland erwähnen? Jenke hatte nicht den Eindruck, dass sie zu lange gezögert hätte, trotzdem schien es so zu sein.
    »Von einer der wenigen Sonnen?«, fragte ihr Gegenüber interessiert. »Das macht es natürlich weit interessanter. Wollt ihr länger in Hascomen bleiben?«
    »Das kommt darauf an.«
    »Worauf?«
    Eines der nachfolgenden beladenen Fahrzeuge ratterte ziemlich langsam vorbei. Jenke hätte mit dem Gespann mühelos Schritt halten können. Schon deshalb gewann sie den Eindruck, dass der Lenker des Zugwagens mit voller Absicht langsamer fuhr. Überwiegend hockten Bleichhäutige auf der Fracht, aber auch ein paar ungewöhnlich fremd aussehende Wesen. Alle gemeinsam hatten nur eines zu tun, nämlich die Irmdomerin und ihre Begleiter anzustarren.
    »Worauf kommt es an?«, wiederholte der Echsenabkömmling interessiert, als der letzte Wagen endlich vorbeigerumpelt war und das Fuhrwerk wieder schneller wurde.
    »Wir wollen uns umsehen und haben Fragen.«
    »Ihr sucht Wissen. Über Shath? Natürlich über Shath, was sonst?« Beide Klauenhände schlug das Echsenwesen auf seine vorspringende Mundpartie. »Hast du auch einen Namen?«
    »Gespielte Überraschung, und das nicht einmal sonderlich gut«, sagte in der Sekunde Apatou Bousset hinter der Kommandantin. »Er – oder sie – hat genau das schon vorausgesehen.« Der Xenobiologe benutzte nicht Interkosmo, die gängige Umgangssprache in der Milchstraße, sondern altterranisches Französisch, auf das der einfache Translator nicht programmiert war.
    »Jenke Schousboe«, antwortete die Irmdomerin.
    Das Schwungrad lief unrund, schleifende Geräusche wurden lauter. Mit beiden Händen griff das Echsenwesen in das Gestänge und zerrte nacheinander mehrere Hebel in neue Positionen. Gluckernd stieß das Gefährt dunklere Rauchwolken aus; es roch nach erhitztem Schmieröl.
    »Wenn du Antworten suchst, Jenke Schousboe ...« Er – oder wirklich sie? – streckte

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