PR2610-Die Entscheidung des Androiden
erhärtete«, sagt pridon. er muss husten. bitterer geschmack quillt tief aus der kehle in seinen mund und füllt ihn. ehe er es verhindern kann, rinnt etwas über seine lippen und das kinn, tropft unter der maske hervor. seine hand huscht hoch, um es wegzuwischen. »mir geht es dreckig, und je länger ich bei dir sitze, umso näher komme ich dem tod. ich wünschte, ich könnte dir vertrauen.« im hintergrund gurgelt wasser in der bademulde, wie sie nur die exklusivsten suiten im palast der harmonie besitzen. saedelaere sagt nichts.
Pridon konzentrierte sich und fror das Bild ein, das der Kristall aus seiner Erinnerung formte. Bilder, Töne und Gerüche der Vergangenheit vergegenwärtigten sich und weckten tausend Emotionen.
Der Gardeleutnant musterte den fremden Maskenträger genauer. Nun blieb die Zeit, die damals nicht zur Verfügung gestanden hatte. Die Schwäche, die durch den dauernden Kraftverlust immer stärker wurde, ignorierte er. Kein Vergleich zu den Momenten, als er diese Szene zum ersten Mal erlebt hatte.
saedelaere sitzt steif in seinem sessel. unter seiner maske irrlichtert es. ein klumpen liegt darunter verborgen, hat er gesagt, es sei fremdes gewebe, das ursprünglich nicht von seinem körper stammte. es leuchtet und es ist nicht nur für all die schwäche verantwortlich, sondern auch dafür, dass pridons herz bald stehenbleiben wird. saedelaeres hände ruhen entspannt auf der lehne des sessels, sie sind entspannt, die finger halb gestreckt. zehn finger, keiner mehr, mit durchsichtigen nägeln. einer davon ist eingerissen. seine haltung wirkt, als fühle er sich nicht wohl, aber pridons intuition sagt ihm, dass es nichts damit zu tun hat, dass er etwas verbirgt. dieser mann hält sich nicht gerne mit fremden oder menschen überhaupt in einem raum auf. er ist gern allein.
Wie gern hätte der Gardeleutnant in das Holobild hineingegriffen und dem Fremden die Maske vom Gesicht gerissen, um ihm ins Gesicht zu sehen. Doch natürlich war das nicht möglich – das Holo konnte nur abbilden, was Pridons Sinne zuvor an irgendeinem früheren Zeitpunkt seines Lebens wahrgenommen hatten.
Die am längsten zurückliegenden Erlebnisse, selbst aus der Zeit, als Pridon noch ein Baby gewesen war, konnten so wiedererstehen. Aber eben nur diese ... Niemand konnte sie je manipulieren oder verändern.
Weiter. Er musste weitergehen, sehen, was danach geschehen war.
Sein Atem ging flach. Er war müde. Erschöpft.
Ein Surren – jemand wollte den Raum betreten. Wahrscheinlich ein Medoroboter, weil Pridon das Überwachungsgerät entfernt hatte. Er ignorierte es.
»erzähl mir mehr über dieses fragment in deinem gesicht«, fordert pridon. – »ich trage es seit einem transmitterunfall vor langer zeit.«
Den nächsten Sekunden schenkte der Gardeleutnant keine Aufmerksamkeit, er sprang weiter, an die entscheidende Stelle. Diejenige, in der Pridon starb.
»dein gesicht ist also der schlüssel, um diese anomalie wieder zu verlassen!« pridon ächzt. »nicht dein schiff. wenn wir ...« er will weiterreden, aber die worte gehen in ein gurgeln über. saedelaere verkrampft sich, beugt sich vor. da ist etwas in seinen augen, die durch die maskenschlitze sichtbar werden. eine emotion. sorge? angst? oder doch triumph? pridon vermag es nicht einzuschätzen. Oder doch? saedelaere ist erschrocken, fragt sich nur, warum. in diesem moment taucht der Zwergandroide in pridons gesichtsfeld auf. er hält ein kästchen in der hand, kleiner als das, in dem der kristall für das ritual lagert. mit einer seiner dünnen hände deutet er auf pridons arm. »pridon steht per funk mit einer gegenseite in direkter verbindung. wir werden abgehört.«
Längst war die Wiedergabe an einem Punkt angekommen, an dem der Gardeleutnant nicht mehr wusste, was geschah. Sein Bewusstsein war von Schmerzen überwältigt, von Schwäche und von der Dunkelheit des nahenden Todes, der wie ein Bach heranrauschte.
Doch seine Sinne hatten noch gearbeitet und Eindrücke empfangen. Dennoch verschwammen einige Sekunden.
saedelaere umklammert pridons handgelenk. dunkles wasser schwappt heran, doch das ist keine realität. es kann nicht sein. ein hustenanfall schüttelt pridons körper. die maske droht zu verrutschen. »schickt ...«, presst er hervor. »schickt die roboter!« das dunkle wasser schwappt weiter voran, und in der ferne ertönt ein gong.
Was bedeutete das? Dass sich Wirklichkeit und Einbildung vermischten, war klar. Aber was hatte Saedelaere getan?
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