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PR2610-Die Entscheidung des Androiden

PR2610-Die Entscheidung des Androiden

Titel: PR2610-Die Entscheidung des Androiden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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hochrangiger Chaosdiener, denen sie keine Informationen überlassen wollten.
    Rund um die Kugel herrschte ein Hohlraum von mehreren Metern. Erst dann begannen abgebrochene Decks und Böden, deren Ränder in Fetzen hingen. Trümmerteile regneten in die Tiefe. Einige glühten und zogen Rauchschwaden hinter sich her.
    »Wenn es keine Hoffnung auf Rettung mehr gibt und der Bordrechner erlischt«, erläuterte der Commo'Dyr, »beginnt die automatische Selbstzerstörung an mehreren Orten. Hier im Beiboot nur an vier Punkten, in der LEUCHTKRAFT wären es ungezählt viele.«
    »Eroin!«, rief Saedelaere. Er hielt den Zwergandroiden noch immer in den Armen und schüttelte ihn unwillkürlich, als wolle er ein Kind, das sich in seinen Gedanken verlor, in die Wirklichkeit zurückrufen. »Wie viel Zeit bleibt uns? Wir müssen zur Rettungskapsel!«
    Blitzer streckte den Arm aus. »Hier entlang.«

9.
    Die Zwergandroiden
    Eroin Blitzer
     
    »Rechts«, sagte ich zu Alraska. Wir passierten die langsam rotierende Staubkugel im Abstand von weniger als einem Meter. Ich hätte nur meinen Arm ausstrecken müssen, um sie zu berühren.
    Natürlich tat ich es nicht. Wieso auch? Es würde nichts ändern, nicht das Geringste.
    Also sah ich sie mir an. Ich kannte es aus Simulationen, aber es mit eigenen Augen zu sehen, war ... ernüchternd. Nur wenige Kosmokratenwalzen hatten dieses Sicherheitssystem, es war nur kurze Zeit auf dem Werftplaneten angewandt und bald von einem anderen abgelöst worden.
    Die Kugel schrumpfte, während ich hinsah. Nun erst bemerkte ich, was mich die ganze Zeit über schon gestört hatte: Wie seltsam, dass es auch im Inneren der Anomalie funktionierte, trotz der entarteten Strangeness. Schließlich wurde die zermahlene Materie aus diesem Universum entfernt.
    Wie dem auch sei, es lief reibungslos, mit kosmokratischer Perfektion.
    Der Gedanke amüsierte mich; Perfektion sogar im Untergang.
    Der Bereich, den wir nun durchquerten, schien mir seltsam leer, und das über die bloße Abwesenheit von Materie hinaus. Ich beobachtete nicht einfach nur die Zerstörung eines Schiffes oder genauer gesagt: eines Beiboots. Rund um mich starb eine Seele, die meiner eigenen Existenz ähnlich war.
    Auf rein wissenschaftlich-analytischer Basis war diese Feststellung nicht haltbar, und trotzdem war ich von ihrer Wahrheit überzeugt. Es traf auf einer tieferen Ebene zu.
    Der ewige Hall der Explosionen verstummte. Offenbar jagten uns die Escalianer aus dem Palast der Harmonie keine weiteren Strukturbomben mehr entgegen. Wahrscheinlich sahen sie, dass es nicht mehr nötig war.
    Ich wusste, welcher Anblick sich ihnen bot. Auch das hatte ich oft genug in Simulationen gesehen und von DAN selbst berechnen lassen während der Programmierungen und Schulungen als Commo'Dyr der ROTOR-G.
    Die Herzogin und Pridon, falls er noch lebte, und all die anderen beobachteten, wie sich die ROTOR-G verformte, wie sie Stück für Stück implodierte und sich dabei wand. Wahrscheinlichkeitsebenen und Realitätsabbilder kollidierten. Bereich um Bereich verschwand. Zumindest, soweit sie nicht von den Bomben zerfetzt wurden.
    Wir flogen weiter, dem Raum mit der Rettungskapsel entgegen.
    Ob wir überlebten oder nicht, war nicht die Frage, die ich mir stellte angesichts des Untergangs. Stattdessen überlegte ich, wer die Schuld am Ende der ROTOR-G trug.
    Die Herzogin oder der Gardeleutnant, die den Feuerbefehl gegeben hatten?
    Alraska, dessen Tabu für das Missverständnis gesorgt hatte?
    Oder ich, weil ich nun einmal der Commo'Dyr war?
    Weil ich so viele Fehler begangen hatte?
    Doch wann tat ich den ersten falschen Schritt? Als ich ins Private der Frau Samburi Yura eindrang und die Nekrophore entdeckte? Oder erst viel später, als ich diese Entdeckung nicht ausnutzte? Als ich zustimmte, die ROTOR-G in die Anomalie zu steuern? Oder war es sogar falsch gewesen, Fallun Vierauf die Botschaft zu schicken?
    Es war schwierig geworden, seit ich mich entschieden habe, nicht mehr nur nach den Routinen zu handeln. Wie konnten all die Sterblichen nur unablässig mit den Folgen ihrer Entscheidungen leben?
    Jede Handlung zog Konsequenzen nach sich, und das begann schon im Kleinen. Sie nahmen Nahrung zu sich, die ihren Körpern schadete, nur weil sie ihnen schmeckte. Oder sie verzichteten darauf und entschieden sich dagegen. Sie heirateten und kopulierten, oder eben nicht. Sie standen vor ihren Kindern und gaben ihnen Gutes oder Schlechtes mit auf den Weg – in die eine oder andere

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