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PR2614-Navigator Quistus

PR2614-Navigator Quistus

Titel: PR2614-Navigator Quistus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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der Seele schütteln, muss meinen Kopf freibekommen und dann dafür sorg...
     
    *
     
    Dieses Mal legte Sareph den Stift nicht weg; er wurde ihr aus der Hand gerissen. Sie saß am Rand der Zufluchtshöhle, und der Stift flog in hohem Bogen ins Freie, überschlug sich mehrfach und landete dann am Boden der Schlucht, zwischen zwei kleineren Steinen.
    Niemand sah ihn mehr, keiner hob ihn jemals wieder auf.
    Das Buch flatterte ebenfalls durch die Luft und schlug einen Sekundenbruchteil vor der jungen Frau auf, die eben noch in seine zur Hälfte leeren Seiten geschrieben hatte. Sareph landete mit dem Gesicht darauf, rutschte weiter, über das scharfkantige Gestein.
    Eine Schnittwunde zog sich vom rechten Nasenflügel bis zur Oberlippe. Die scharlachrote Haut platzte auf, und Sareph schmeckte Blut. Dann überschlug sie sich einmal. Erst danach fragte sie sich – zum ersten Mal! –, was überhaupt geschehen war.
    Es donnerte und krachte, und ein vielstimmiger Chor aus schreienden Tieren heulte durch die Hängenden Gärten. Das Gejaule eines wilden Hundes tönte überlaut am Boden der Schlucht.
    Als Sareph sich abstützte und mühsam in die Höhe stemmte, erkannte sie auch, warum gerade die Laute dieses Tieres so nah erschienen: Der Hund stürzte vor ihren Augen den Steilhang hinab, prallte gegen den Felsen, schlitterte tiefer. Er schmetterte in einen verkrüppelten Busch, der sich an das Gestein klammerte, und blieb im Dornengestrüpp hängen.
    Das Jaulen verwandelte sich in ein jämmerliches Fiepen wie das neugeborener Welpen. Das Tier strampelte kraftlos, löste sich und fiel auch noch die restlichen Meter. Der Aufschlag erlöste es von seinen Qualen.
    Sareph schaute dieser Szene zu, als wäre sie zu Stein erstarrt. Sie konnte den Blick nicht lösen, hörte das Knirschen und Krachen rundum mit seltsamer innerer Distanz, als stamme es aus einer anderen Welt.
    Jemand schrie. Elachir wankte auf sie zu. Ihre Freundin stolperte auf völlig ebenem Boden. Es schien keine Ursache dafür zu geben, bis der Steinboden direkt unter ihr aufplatzte und sich ein gezackter Riss durch das Gestein am Grund der Schlucht fraß. Er verästelte sich, und einer der Ausläufer zuckte genau auf Sareph zu.
    Der Riss klaffte weit auf.
    Elachir verschwand darin.
    Das Letzte, was Sareph von ihrer Freundin sah, waren die rudernden Arme. Und ihre weit aufgerissenen Augen.
    Nun geht die Welt also wirklich unter, dachte sie, und dieser Gedanke war es, der sie aus der fatalen Lethargie riss.
    Ein weiteres Krachen, diesmal viel näher. Mit infernalischem Lärm stürzte die Kaverne neben der Wohnhöhle ein – dort, wo sie die gefangenen Dosanthi untergebracht hatten. Und wo sich meistens Konteradmiral Eric Theonta aufhielt, um sie zu bewachen.
    Ein Stich fuhr Sareph durchs Herz. Dann erst wurde ihr klar, was sie vor wenigen Sekunden gesehen hatte – Elachir! Sie war in den Spalt im Felsen gestürzt! Die junge Frau rannte los, und sie schrie, um ihre Angst und Panik irgendwie zu kanalisieren.
    Das gesamte ehemalige Kletterparadies stürzte ein! Steine prasselten die Steilhänge hinab. Ein mörderisches Kreischen lag in der Luft; das Geräusch von sich biegendem Metall, kurz bevor es brach. Gewaltige, riesige Mengen Metall!
    Sareph erreichte die Erdspalte, schaute in die Tiefe und warf sich zu Boden. Gerade noch rechtzeitig. Alles erbebte plötzlich, und im Stehen wäre sie womöglich selbst abgestürzt.
    Eine Stimme rief ihren Namen. Dort, hinter Wolken aus Staub, leuchtete etwas rot. Ein Arm streckte sich ihr entgegen. Blut lief zwischen den Fingern über den Handrücken.
    Sie packte zu. Zog mit aller Kraft. Elachirs Gesicht war ihr plötzlich ganz nahe, eine zweite Hand legte sich neben ihrer Schulter über die Kante des Abhangs.
    Dann blitzte etwas metallisch in ihrem Augenwinkel.
    Ein Badakk-Kampfroboter, dachte sie und schloss mit ihrem Leben ab. Das also war es. Ihre Feinde hatten das kleine Flüchtlingslager ausfindig gemacht und warfen mit Bomben oder schossen mit schwerem Geschütz.
    Aber wieso machten sie sich die Mühe, einen Kampfroboter in das Inferno zu schicken?
    »Hoher Gast«, sagte eine Stimme. »Wir müssen fliehen.«
    Sareph erkannte ihren Irrtum, und Daniela, der Daniel-Roboter, zog Elachir gänzlich in die Höhe.
    Erik Theonta humpelte auf sie zu, auf seine behelfsmäßigen Krücken gestützt. Hinter ihm wölkte noch immer der Staub der einstürzenden Kaverne. Nein, mehr noch – die große Höhle, ihr Rückzugsort, fiel ebenfalls

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