PR2617-Der dunkelste aller Tage
vielen Menschen, die ein Stück des Weges mitgegangen waren.
Seit mehr als zwei Wochen wartete er nur noch. Darauf, dass Bull sich meldete und sein unbekümmertes Lachen erklang.
Doch er wartete umsonst.
Adams ließ sich in den nächsten Sessel sinken. Er ignorierte die drängende Frage des Robotbutlers nach seinem Wohlbefinden. Spielte es wirklich eine Rolle, wie er sich fühlte? Am Tag, als auch die Sonne starb?
Adams war überzeugt davon gewesen, dass Reginald Bull nichts zugestoßen sein konnte. Allein schon wegen des bislang ausgebliebenen Symbols der Spiralgalaxis.
Trotzdem sah es danach aus, als würde er sich damit abfinden müssen. Er hatte sich geirrt. Schlicht und einfach geirrt, weil er nicht wahrhaben wollte, dass das Schicksal stärker war als er.
Reginald Bull war tot – begraben in der Sonne, die sich seit wenigen Minuten verfinsterte.
6.
AMATERASU
29. September, 13.35 Uhr
»Shaveena, etwas geschieht mit ihm. Ich glaube, er wacht auf.«
Der Chef-Mediker achtete schon nicht mehr auf das Holo, das ihm einen kleinen Ausschnitt der Zentrale zeigte und vor allem die völlig überraschte Stationsleiterin. Er registrierte nicht einmal, dass Shaveena Deb die von ihm aufgebaute Verbindung wieder unterbrach, denn er beugte sich erneut über Boko, dessen regloser Körper ein wenig mehr Konturen bekommen hatte.
Trotzdem glitt Prak-Parlongs Hand durch den Koch. Das war nicht anders als in den letzten beiden Wochen. Nichts hatte sich verändert, seit die Medoroboter Korbinian Bokos Quartier mit den wichtigsten medizinischen Geräten ausgestattet und in ein provisorisches Lazarett verwandelt hatten.
Boko schlief und war unerreichbar. Seine eigenartige Aura, die jedem Analyseversuch widerstand, schirmte ihn ab. Dennoch ... Prak-Parlong hätte schwören können, dass es ihm vor ein paar Augenblicken ein klein wenig schwerer gefallen war, den reglosen Körper zu durchdringen. Ganz so, als hätte die seltsame Aura an Konsistenz verloren.
Unter den geschlossenen Lidern bewegte Boko die Augen, das war nicht mehr zu übersehen.
»Was geschieht mit ihm?« Shaveena Deb stürmte in das Quartier. Durchdringend starrte sie den Ara an. »Sag schon! Ist er wach?«
»Vielleicht bald«, antwortete Prak-Parlong.
»Es wird Zeit«, schnaufte die Kommandantin. »Wie lange soll ich diese Ungewissheit noch ertragen?« Sie drängte sich an dem Ara vorbei und beugte sich über den Koch. »He, Korbinian! Wo immer du steckst, komm endlich zurück!« Sie fand keinen Widerstand, als sie hastig nach seinen Schultern griff.
Ein wenig ernüchtert wandte sie sich dem Mediker zu. »Vierzehneinhalb Tage ist es her, dass Bull und Sarmotte spurlos verschwanden. Ich bin nahe daran, die Hoffnung aufzugeben, dass wir sie jemals wiedersehen werden. Wenn einer weiß, was mit ihnen geschehen ist, dann Boko. Sieh zu, dass du ihn endlich auf die Beine kriegst!«
Ein Stöhnen erklang. Jemand hustete halb erstickt. Die Kommandantin und der Ara fuhren gleichzeitig herum.
»Er ist wach!«, rief Shaveena Deb freudig.
»Es geht ihm schlecht.« Die Aura war verschwunden. Prak-Parlong hatte plötzlich wieder hautnah Kontakt. Mit den Fingerspitzen streifte er über Bokos Gesicht. Obwohl der Koch die Augen geöffnet hatte und ihn anstarrte, schien er überhaupt nicht wahrzunehmen, wo er sich befand.
»Hörst du mich?«, fragte der Mediker.
Bokos Husten hatte aufgehört, allerdings atmete er flach. Hektisch rollten seine Augäpfel, als suchte er nach etwas, das er aber nicht fand. Dunkle Schatten lagen unter seinen Augen. Über den Wangenknochen spannte sich die Haut und begann einzureißen. Speichel tropfte aus seinem Mundwinkel.
»Was ist mit ihm?«
»Sein Zustand verschlechtert sich weiter. Er wirkt auf mich dehydriert.« Prak-Parlong setzte den Bioscanner an. »Er verhungert ... und verdurstet ... Das ist absurd, als würde er von innen heraus langsam verbrennen.«
»Du musst ihn am Leben erhalten!«
Entgeistert blickte der Ara die Kommandantin an. »Wenn das ein Scherz sein soll, dann ein sehr schlechter. Es ist meine Aufgabe, Leben zu erhalten. Also halte dich zurück, Shaveena, oder ich lasse dich nicht mehr in seine Nähe.«
*
Da er nicht mehr von der Aura eingehüllt wurde, die jeden Zugriff unmöglich gemacht hatte, konnte Korbinian Boko in die Medostation transportiert werden. Trotzdem verschlechterte sich sein Zustand mit jeder Minute.
Die Dehydrierung war schon weit fortgeschritten, mit einem deutlich messbaren
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