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PR2632-Die Nacht des Regenriesen

PR2632-Die Nacht des Regenriesen

Titel: PR2632-Die Nacht des Regenriesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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jetzt.«
    »Sag schon.«
    Eine Weile dachte er, sie würde schlafen. Dann hörte er sie sagen: »Meine Ahn-Familie hat sich dem Schazce-'Phassafulbuli geweiht.«
    »So?«
    »Es ist eine alte Legende. Oder ein Mythos«, sagte sie leise. Ihre Stimme änderte sich; es war, als zitierte sie alte Schriften: » Wenn die weißen Feuer der Feuerwelt sich nimmer wollen neigen, wenn die fließenden Flammen auf die Schwemmländer treten der Atmenden – verstehst du?«
    »Nein«, sagte er.
    »Pspopta ist ein geophysikalisch extrem aktiver Planet mit Zehntausenden Vulkanen«, sagte sie. »Wir leben mit den Vulkanen, wir lieben sie. Aber alles muss im Rahmen bleiben und nicht ...«
    »... auf die Schwemmländer der Atmenden treten«, erriet er. »Und wenn nicht?«
    »Dann wird ihnen und euch, die das Feuer lieben, Regen eilen, wird der Regenriese den Mantel aufschlagen über euch Feuervolk.«
    »Das Feuervolk – das seid ihr? Die Cheborparner?«
    »Schlaf jetzt«, sagte sie schläfrig, und ein wenig klang es, als hätte sie schon zu viel gesagt.
    »Der Regenriese also. Der Schazce-'Phassafulbuli.«
    »Ja.«
    »Schlaf gut, Dayszaraszay Schazcepoutrusz«, sagte er.
    Geronimo war erschöpft, aber auch zufrieden. Sie hatten zu essen, sie hatten das Zelt, sie hatten den Regen, sie hatten – nun ja: einander.
    Jede Faser seines Körpers war mit Müdigkeit getränkt, seine Gedanken zogen langsam dahin wie ein Mond durch die Nacht.
    Der Regenriese, dachte er. Cheborparnische Legenden. Dass wir so wenig über sie wissen ...
    Geronimo tauchte tiefer in seinen Schlafsack. Hin und wieder durchdrang der Schrei eines Tiers das Regenrauschen. Vielleicht ein Jaguar. Ein Ozelot. Ein Spinnenaffe. Vielleicht ein Ozelot, den ein Spinnenaffenmännchen in den Hintern getreten hat.
    Er sah einen Spinnenaffen durch den dichten, wasserfallartigen Regen auf sich zuschlendern. Das Tier trug einen Regenschirm, bespannt mit einem Ozelotfell. Der Affe betrachtete Geronimo nachdenklich und sagte: »Du solltest schlummern, Menschenjunges.«
    »Ich schlafe doch schon«, verteidigte sich Geronimo. »Ich träume längst. Merkst du das nicht?«
    Für einen Moment entrückte der Affe, der Regen, überhaupt jedes Geräusch. Da leuchtete noch einmal ein Gedanke in Geronimo auf. Er war ja nicht allein. »Es ist dir doch recht?«, fragte er.
    »Was?«, fragte DayScha zurück.
    »Dass ich mehr vom Regen hören möchte. Oder ist es dir so zu laut? Das Geodät könnte in den Stille-Modus gehen.«
    »Es ist oki«, sagte sie. »Schließlich sind wir ja im Regenwald.«
    »Es heißt okay .« Er seufzte. »Du lernst es nie.«
    »Schlimm?«
    »Nein«, murmelte er. »Es ist schon oki .«
    Dann wurde es still im Geodät. Sie waren im gleichen Moment eingeschlafen.

Die unsichtbare Waffe
     
    Es blieb mühselig, mit dem Major zu sprechen. Immer wieder machte er einen traumverlorenen Eindruck. Sie brauchten Geduld.
    Als würde van Taarnhois Bewusstseinszustand sich allmählich auf Margaud übertragen, musste auch sie sich gegen das Gefühl wehren, den Kontakt zur Realität zu verlieren: Die vereiste Landschaft, das unbehauste Lazarett, die absurd-emsigen oder schlicht tatenlosen Medoroboter bei den Liegen – das alles widersprach ihrem Konzept von Klarheit und Ordnung. Sie musste sich in Erinnerung rufen, dass sie sich im Solsystem befand, an Bord eines terranischen Schiffes.
    Eines Schiffes, das auf Terra zurast. Voller Schläfer. Gelege des Totenvogels.
    Nach und nach gelang ihr mit ihren beiden Begleitern immerhin, einige Mosaiksteine, die der Major ihnen aus seinem bruchstückhaften Gedächtnis lieferte, zu einem groben Gesamtbild zusammenzusetzen.
    Demnach war die BOMBAY in ein fremdes und fremdartiges Sonnensystem vorgestoßen und hatte dort – auf der »Brückenwelt« – Kontakt zu deren Bewohnern aufgenommen. Die Details blieben blass. Offenbar hatte van Taarnhoi nicht an der Bodenexpedition teilgenommen; eine Verbindung zur Expedition war nur sporadisch zustande gekommen. Der Kontakt war gescheitert, eskaliert. Es hatte Tote gegeben. Der Major hielt das gesamte fremde System, das sie Next Stop genannt hatten, für ein ungeheures Mausoleum. Margaud wurde nicht ganz klar, für wen.
    Die Rückkehr der Expedition an Bord des Mutterschiffes jedenfalls musste dann die Katastrophe ausgelöst haben: Irgendwann in der Nacht zum 30. September 1469 NGZ – vor fünf Tagen also – hatte die BOMBAY in einem gewagten Manöver ein Beiboot an Bord genommen. Dieses Beiboot – die

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