Prada Party und Prosecco - Roman
trotzdem. Plötzlich erklang ein lauter Signalton. Jeder hielt augenblicklich mit dem inne, was er gerade tat, und nahm eine stramme Haltung an. Die Tür hinter mir flog auf, Dutzende Kellner strömten herein und stellten sich in Reih und Glied auf.
Ein riesiger Kerl mit furchterregendem Gesichtsausdruck (nicht gerade gemildert durch das riesige Hackbeil in seiner Hand) brüllte: »Alle auf ihren Plätzen? So, dann kommt mal in die Gänge, ihr Schlafmützen. Viel Glück, und ich erwarte eine gute Show. Die Gäste sind gleich da. Und eins, zwei, drei – los !«
Auf dieses Kommando hin begann um mich herum erneut fieberhafte Aktivität. Immer zwei Kellner auf einmal schossen vor, um ein makelloses Tablett mit Kanapees in Empfang zu nehmen, dann wieder zwei und so weiter. Es gelang mir, noch vor dem großen Ansturm durch die Tür zu schlüpfen, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sich die Doppeltüren vorn im Saal öffneten und die ersten Gäste eintrafen. Ich spürte den Adrenalinstoß. Jetzt ging’s los.
Verblüffend. Natürlich taten die Haare, die schlichten Klamotten und die Tatsache, dass ich ganz offensichtlich zum Personal gehörte, das Ihrige, aber dennoch, niemand erkannte mich. Alle rauschten in den unglaublichsten Outfits an mir vorbei. Ich hatte schon so lange niemanden mehr zu Gesicht bekommen, der sich derart aufgetakelt hatte, dass ich mich beinahe fragte, warum sie sich eigentlich die Mühe machten; vor allem jetzt, da ich kein Geld hatte und Eck zu Hause auf mich wartete. Klamotten machten natürlich Spaß, überlegte ich, aber nur, wenn man nicht auf den Preis achten musste und eine Standardgröße trug.
Ich sah jede Menge Frauen mit zerbrechlichen Knöcheln und Handgelenken, die ihre zarten Körper in winzige Jäckchen gehüllt hatten und aufwändigen Kopfschmuck sowie diskrete, aber teure Ohrringe zur Schau trugen. Sie begrüßten einander mit müder Begeisterung und plauderten über das letzte Mal, dass sie hier gewesen waren. Alle Frauen trugen Blond, es erstrahlte in den verschiedensten Schattierungen, aber bei allen waren die Haare glatt und perfekt gestylt.
Die Männer, cholerisch, mit geröteten Gesichtern, plauderten über Geld und murrten, weil sie sich keine Zigarre anstecken durften.
»Ist wirklich ein hübsches Ding«, hörte ich einen sagen.
»Ja, der Glückliche«, stimmte ein anderer zu.
»Ach, kennst du eine, kennst du sie alle«, gab der Erste zurück, und alle verfielen in anzügliches Gelächter. Ich suchte Julius in der Menge und entdeckte ihn ganz vorn, wo er in bester Paparazzi-Manier rückwärts vor dem Brautpaar herlief, das gerade eintraf. Ich sollte meinen Platz bei der Grotte einnehmen, aber ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, noch kurz zu bleiben und in Richtung Tür zu starren. Dann stimmte das Orchester – und nicht etwa ein Streichquartett – einen Hochzeitsmarsch an, und sie stolzierten herein.
Carena sah bezaubernd aus. Wie eine Königin. Ihr Kleid war eine schimmernde Pracht aus blassem cremefarbenen Satin. Auf dem Oberteil und den Trägern glitzerten einige wenige Perlen. Ein riesiges Diamantenkollier und eine Tiara stellten die wahren Highlights ihres Outfits dar. Sie trug einen eleganten Strauß schwarzer Lilien, neben dem ihre Ärmchen wie die eines Strichmännchens wirkten, aber auf eine attraktive Angelina-Jolie-Manier, die perfekt ins Bild passte.
Hinter ihr erschienen Philly und Carenas Cousine Samantha in Schiaparelli-pinkfarbenen Ballkleidern auf schwindelerregend hohen Absätzen. Philly trug eine kleinere Ausführung von Carenas Tiara. Ich fragte mich, wessen Idee das wohl gewesen war. Sie hatten Liliensträuße in einem hauchzarten Rosé-Ton und strahlten wie Prinzessinnen aus einem Märchen. Die Menge machte ihnen Platz, und Carena trug ein Lächeln zur Schau, das dazu gedacht war, sie schön und züchtig aussehen zu lassen. Ich seufzte. Es funktionierte. Hinter ihr stand Rufus und griff nach ihrer Hand. In seinem grauen Cut sah er so draufgängerisch aus wie immer. Gerade ging eine Horde Schulfreunde auf ihn los. Sie prusteten vor Lachen, reichten einen Flachmann herum und schienen alle bereits ziemlich betrunken zu sein. Die ganze Szene wirkte so gewinnend und sorgenfrei und glücklich, dass selbst die übersättigte Menge klatschte, als sie den Saal betraten. Man konnte spüren, wie glücklich das Brautpaar war. Jap, okay. Ich gebe es zu. Ich war eifersüchtig. Ich platzte beinahe vor Eifersucht. Ich war so eifersüchtig, dass
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