Prador-Mond: SF-Thriller (German Edition)
es bremste ihn nicht. Natürlich kam er mit dermaßen vielen Gliedmaßen in der Schwerelosigkeit besser klar als ein Mensch und konnte sich auch erlauben, einige davon zu verlieren. Die Kreatur huschte in den Raum zwischen zwei Pulverschmieden.
»Ihr alle, außer Jean, nehmt die andere Seite dieser beiden Schmieden ins Visier. Jean, konzentrier die Feuerstöße auf diese Seite - und hör bloß nicht auf zu schießen!«
Jeans Schienengewehr füllte die Lücke zwischen den beiden Maschinen mit einem Hornissenschwarm aus tödlichen Querschlägern und Keramalschrapnell. Der Prador huschte dahinter hervor, um diesem Hagel zu entgehen. Er zog Rauch nach, als das Feuer der anderen sich auf ihn bündelte, und Jebel genoss die Befriedigung, drei seiner Geschosse einschlagen zu sehen. Die Kreatur zerplatzte. Jebel sah, wie ein noch zitterndes Bein an einer Metallfläche in der Nähe kleben blieb. Dann tauchte der zweite Prador auf, als er über eine Lücke hinwegsprang. Urbanus nutzte den Granatwerferaufsatz seines Karabiners und jagte aus seiner tiefen Position eine Granate nach der anderen durch eine schmale Lücke nach oben. Der Prador versuchte auszuweichen, gelangte damit aber in den Brennpunkt mehrerer Laserschussbahnen. Er stieß einen blubbernden schrillen Schrei aus, prallte seitlich an ein Förderband und taumelte ins Freie. Einige seiner Gliedmaßen platzten auf, und Rauch und Flammen hüllten ihn ein, während das konzentrierte Feuer aufrechterhalten wurde. Jebel legte an, um einen Gnadenschuss abzugeben, nahm dann aber die Waffe hoch. Die anderen fuhren damit fort, die Kreatur zu braten. Die blubbernden Schreie kamen noch etwa eine Minute lang - in einer solchen Lage ein sehr langer Zeitraum. Schließlich trieb der Prador an eine Wand und versuchte sich in Deckung zu ziehen. Erst jetzt feuerte Jebel seinen Raketenwerfer ab und pustete die Kreatur in rauchende Fetzen.
In dem beißenden Gestank nach verbranntem Fisch musste er würgen. Er wäre nie auf die Idee gekommen, dass er sich einmal an diesen Geruch gewöhnen sollte.
Mit der beängstigenden Geschwindigkeit eines KI-gesteuerten Vorgangs war die waffentechnische Nachrüstung in nur zwei Tagen abgeschlossen, und die Occam Razor hielt sich bereit, den Feind zu stellen. Die Idee, auch den Rest der antiquierten Systeme des alten Schlachtschiffs zu modernisieren, wurde jedoch aufgegeben, denn das hätte länger gedauert, als ein gänzlich neues Schlachtschiff herzustellen. Die Occam Razor war etwa ein Jahrhundert zuvor gebaut worden, als die Menschen noch regierten und die KIs als nicht vertrauenswürdige Sklaven galten. Folglich hatte man Occam, die Schiffs-KI, als Zusatz zu einem Kapitän mit Interface konstruiert, der dazu in der Lage war, die KI durch Systembrand zu vernichten, sollte sie sich der Kontrolle entziehen.
Kapitän Varence war vor einigen Jahren vergreist, ein Ergebnis des Zerfalls seiner uralten Implantate und der Ausbreitung toxischer Chemikalien überall im Körper; zudem war er letztlich alt und des Lebens müde geworden. Von da an übernahm Occam die Lenkung des Schiffs in wachsendem Maße, während der Kapitän verblasste, und für den Erhalt der Funktionsfähigkeit in Friedenszeiten war das kein Problem, denn das Schiff beförderte solange nur Fahrgäste und Fracht. Jetzt war die ECS darauf angewiesen, dass mit der Occam Razor das größte Schlachtschiff der Polis wieder voll einsatzfähig wurde: dazu in der Lage, schnell zu reagieren, aber vor allem, seine Waffen zur Geltung zu bringen. Die ursprüngliche Verkabelung ermöglichte der KI jedoch nicht, die Waffen ohne Zustimmung des mit Interface zugeschalteten Kapitäns zu gebrauchen. Und in den jüngsten Jahren hatte Varence kaum mehr zu irgendetwas seine Zustimmung erteilen können und hatte außerdem dazu geneigt, auf die Steuerung zu sabbern.
Tomalon hatte von Kopf bis Fuß Schmerzen - und diese Schmerzen waren durch zeitgenössische Analgetika nicht zu beseitigen. Es waren die Schmerzen eines Phantomglieds, eines abgetrennten Arms, obwohl Tomalon über sämtliche Körperteile verfügte und über noch mehr obendrein. Während er durch die Kathedralräume des Schiffs streifte, vermutete er, dass jeder, der ihn erblickte, über diese seltsame Erscheinung gestaunt hätte, die an einer seltsamen Krankheit zu leiden schien. Die Haut verschwand stellenweise unter glasigem Schorf, aber die Haut war sein Interface, und das Phantomglied, nach dem er suchte, war das Schiff selbst.
Als
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