Prador-Mond: SF-Thriller (German Edition)
ihre Energie in Form hochenergetischer Impulse übertrug. Man hatte diese Waffe erkennbar zu dem Zweck konstruiert, die hitzestreuende Eigenschaft eines Supraleiternetzes zu überlasten. Das funktionierte natürlich nicht, denn die exotische Panzerung reagierte umgekehrt, indem sie die überschüssige Energie in mechanische Bewegung konvertierte, ihre Kristallstruktur neu ordnete und tatsächlich sogar einige kürzlich erhaltene Dellen ausbügelte. Weitere Energieüberschüsse entlud Immanenz erneut durch alle vier Partikelkanonen gleichzeitig. Eines der gegnerischen Schiffe sank davon, von inneren Bränden geschüttelt, und eine abgetrennte Subraumgondel taumelte hinter ihm durchs Vakuum.
Das gepanzerte Schiff war inzwischen nahe heran und gab kein Anzeichen, dass es von seinem Kurs abweichen würde. Die Sensoren zeigten, dass sein Rumpf nach wie vor negativ geladen war, um jeden Anionen-Partikelstrahl abzustoßen. Im Grunde amüsant. Immanenz stellte fest, dass die Gesamtladung des eigenen Schiffes ausgeprägt positiv war, ausreichend für eine messbare Anziehung zwischen den beiden Schiffen. Er richtete seine Partikelkanonen neu aus, aber da er nicht genau wusste, wie effizient die Sensoren des Gegners waren, wartete er bis zum letzten Augenblick, ehe er den Ladungsausstoß der Geschütze umkehrte. Er feuerte diesen Vierfachstoß ab, und die Strahlen bestanden diesmal aus Kationen. Ein gewaltiger Einschlag erfolgte, als Immanenz' Schiff auf etwas stieß, was überwiegend aus brennenden Wrackteilen bestand. Die Erschütterung schleuderte ihn aufs Deck, aber er erhob sich elegant wieder, während er zugleich das Schiff wendete und nach dem verbliebenen Polisschiff Ausschau hielt. Klugerweise beschleunigte es auf einem Fluchtkurs und tauchte bald im Subraum ab. Während er sich der Station zuwandte, fuhr Immanenz eine Schadensdiagnose des eigenen Schiffs. Schäden lagen vor, aber nicht in einem Maße, dass sie ihm Sorgen bereitet hätten. Er stieß das mandibelklappernde Pradorgelächter aus und sonnte sich in der Überlegung, dass dieser Krieg versprach, für ihn eine Quelle endlosen Vergnügens zu werden.
Jebel stand an einer Kreuzung von vier Korridoren, streckte und beugte die glänzenden Finger, führte die Fingerspitzen aneinander und staunte über die Illusion von Empfindung, die er dabei erlebte. Die Keramal-Fingerspitzen verfügten nicht über künstliche Nerven, aber Drucksensoren in jedem der komplex konstruierten Gelenke dienten in Teilen dem gleichen Zweck. Wenn er jedoch die Waffe in diese Hand wechselte, wurde der Unterschied deutlich. Ungeachtet der geriffelten Innenseiten der neuen Finger, des Daumens und der Handfläche mangelte es ihm dort an Grifffestigkeit, aber es musste reichen. Er blickte zu Urbanus hinüber, der sich den Protonenkarabiner am Riemen über die Schulter hängte und sich gleich darauf einen Granatengurt umschnallte. Da die Empfindsamkeit der Berührung bei dem Golem durch den Überzug aus Synthofleisch und Synthohaut verstärkt wurde, litt er nicht an vergleichbaren Nachteilen. Lindy war, obgleich ausgebildete ECS-Kontrollbeauftragte, aufgrund ihrer linguistischen Fachkenntnisse an eine andere Stelle versetzt worden. Außerdem hatte sie keine Unterweisung in den Disziplinen erhalten, die hier gebraucht wurden: Orientierung und Kampf in Schwerelosigkeit. Jebel blickte wieder auf die Waffe in seiner Hand und grinste. Dieser Handraketenwerfer wies ein Fünfzig-Schuss-Ringmagazin auf, und zwei weitere Magazine kuschelten sich in den Tornister, den Jebel umgeschnallt hatte.
»Einige von euch haben schon Feuergefechte erlebt, aber die anderen hören jetzt lieber genau zu: Diese Arschlöcher werfen eine Menge Feuerkraft in die Waagschale und sind nicht leicht umzubringen«, erklärte die Spartavariante, die das Kommando über sie führte. »Reißt man einem Menschen den Arm ab ...« Sie blickte kurz auf Jebel. »... ist er eine Zeit lang aus dem Spiel. Ich sah einen von denen bis auf die Panzerschale runtergeschnitten, und er hat trotzdem noch jemandem den Fuß abgebissen, der zu nahe herankam. Seid also gewarnt!«
Helen, die Spartavariante, war eine zäh aussehende Frau mit entweder einer kosmetischen Modifikation nach Schlangenvorbild oder einer vollständigen Schlangenadaption - ihre Haut glitzerte von kleinen Schuppen, und jedes Mal, wenn sie ein wenig aufgeregt war, klappten ihre Fangzähne in die Beißposition. Sie reagierte ein bisschen aufgekratzt, als man ihr das
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