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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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deine Handtasche!«, hauchte Tandy ehrfürchtig. Dann merkte ich, wie sie erstarrte. »Aber … aber ist die nicht aus der neuen Kollektion? Ich dachte, die kriegt man frühestens in sechs Monaten!«
    Kein Wunder, dass Tandy so etwas wusste! Schließlich verkaufte ihre erfolgreiche Schwester – eine ihrer erfolgreichen Schwestern – wunderschöne Handtaschen. Ich musste also etwas vor mich hin murmeln, dass ich jemanden im Design Room kannte und deshalb ein Vorabexemplar bekommen hatte. Ehrlich, manchmal sitzen die da oben echt neben der Spur. Und dann haben sie den Nerv, sich über mich zu beschweren …
    Bevor ich ging, hielt ich für einen Moment inne und fragte: »Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen komisch, aber weiß einer von euch, was Müßiggang ist?«
    »Du hast Recht«, antwortete Tandy. »Das klingt echt ein bisschen komisch.«
    »Das ist ein Tier«, sagte Nick. »Ein kleines Tier. Da bin ich mir ziemlich sicher.«
    Mir kam das reichlich seltsam vor. Denn wie kann man ein kleines Tier begehen ?
     
    Um meinen Vorgesetzten gegenüber fair zu sein, muss ich sagen, dass sie keine Mühen gescheut haben, mich für das Leben in Los Angeles angemessen auszurüsten. Ich hatte einen Mietwagen, und – noch besser! – ich konnte sogar fahren, ich besaß einen fiktiven Lebenslauf und eine gute Auswahl an Porträts in zwanzig mal dreißig.
    Als ich unter dem klaren blauen Himmel die von Palmen gesäumten Highways nach Beverly Hills hineinfuhr, kam ich an zwielichtig wirkenden Motels vorbei, an Zahnarztpraxen, Nagelsalons, Waffengeschäften, Zooläden, Sonnenstudios, noch mehr Zahnärzten … und überlegte, was für eine Persönlichkeit man mir eigentlich verpasst hatte. Im Großen und Ganzen schien ich jedenfalls nicht allzu neurotisch zu sein. Ich hatte noch kein einziges Mal den Wunsch verspürt, mich selbst zu verstümmeln. Ich schien pünktlich zu sein. Nichtraucherin. Aber irgendwie auch ein bisschen fad.
     
    Die Agentin, Robyn Dude, war eine todschick gekleidete Powerfrau. Sie redete extrem schnell und immer nur aus einer Seite des Mundes. Sie war der Typ Frau, der toll aussieht, wenn er mit den Zähnen die Sicherung einer Handgranate abreißt.
    »Ja, ich denke schon, dass wir Ihnen ein paar Rollen besorgen können«, sagte sie, »doch ich will ganz offen sein. Ihr Gesicht ist großartig, dieser Engellook ist irgendwie in, aber wenn Sie nicht
auf vierzig Kilo runterkommen, mindestens, dann werden Sie bis in alle Ewigkeit Charakterrollen spielen.«
    »Die dicke beste Freundin, die dicke Mitbewohnerin«, sagte ich beinahe trotzig.
    »Genau!«
    Ich spürte einen seltsamen Groll. Okay, das war nicht mein Körper, ich hatte ihn nur als Leihgabe und nur für eine Woche, aber hätten die da oben mir nicht etwas geben können, was besser zu einer Schauspielerin gepasst hätte?
    Ansonsten schien es nichts zu besprechen zu geben. Kurz bevor ich ging, fiel mir noch etwas ein. »Kennen Sie die Bedeutung des Wortes Müßiggang?«, fragte ich.
    Robyns Gesicht lief dunkelrot an, und sie sah aus, als würde sie gleich platzen. Dann öffnete sie den Mund und brüllte: »Sie haben vielleicht Nerven! Kein Mensch arbeitet so hart wie ich! Keiner! Okay, wir können versuchen, ein paar nicht-dicke Rollen für Sie zu kriegen, wenn Sie darauf bestehen, aber Sie sollten sich lieber auf der Stelle zum Spinning-Kurs anmelden und nicht wieder gehen, bevor Sie nicht mindestens drei Kleidergrößen kleiner tragen können!«
    Ich hatte keine Ahnung, wovon sie redete. Nicht die blasseste. Nervös bedankte ich mich, dass sie sich Zeit für mich genommen hatte, und schloss die Tür hinter mir. Im Wartezimmer saß eine intelligent wirkende junge Frau. Jedenfalls trug sie eine von diesen rechteckigen Schildpattbrillen, die Leute aufsetzen, wenn sie intelligent aussehen wollen.
    Spontan sprach ich sie an. »Entschuldigen Sie, aber wissen Sie, was Müßiggang ist?«
    Sie wich zur Wand zurück, als wäre ich irre.
    »Tut mir Leid«, murmelte ich und floh hinaus zur Sonne und zu meinem Auto.
    »Es bedeutet faul sein!«, rief sie mir nach.
    »Dann ist es also kein kleines Tier?«, fragte ich.
    »Nein, das ist ein Faultier und lebt in Südamerika.«
    »Vielen Dank.«
    Müßiggang bedeutet also, dass man faul war. Faul . Kein Wunder, dass Robyn Dude so beleidigt gewesen war.
    Fix und fertig fuhr ich nach Hause. Dieses ganze Menschsein war fürchterlich anstrengend. Den Rest des Tages lag ich auf dem Sofa, guckte Talk Shows und übte mich

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