Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
Vom Netzwerk:
aller Stille ihre Wunden zu lecken.
    »Warum tu ich immer denen weh, die ich liebe?«, fragte er vage in die Runde und verließ dann gedankenverloren den Raum.
    Auf einmal war ich sehr froh, nicht an der Stelle dieses zarten, hübschen Geschöpfs zu sein.
    »Granola!«, rief Tandy. »Komm und sag Grace guten Tag.«
    Jetzt erst bemerkte ich den kleinen weißen Terrier, der in seinem Körbchen saß und mich anstarrte, als hätte ich ihn hypnotisiert. Hoppla! Tja, Menschen kann man leicht vormachen, dass man ein menschliches Wesen ist, aber Tiere ticken einfach anders. Granola wusste, dass mit mir etwas nicht stimmte.
    »Was ist denn los, mein Hundchen?«, lockte Tandy ihn.
    »Na gut«, sagte sie schließlich achselzuckend. »Dann sei eben unhöflich. Also, Grace, möchtest du heute Abend ausgehen und dich mit Strawberry Cheesecake Martinis voll laufen lassen?«
    »Das wäre wunderbar!« Gerade hatte mich ein schreckliches Heimwehgefühl überfallen. Mich mit Strawberry Cheesecake Martinis voll laufen zu lassen, schien genau die richtige Medizin zu sein.
     
    Später, als wir loszogen, erzählte ich Tandy, dass ich zuerst in der falschen Wohnung gewesen war.
    »Was hast du gemacht? Du warst bei Crazy Karl?« Tandy schüttelte entsetzt den Kopf. »Er ist Alkoholiker und völlig übergeschnappt. Ständig schreit er rum und heult den Mond an, wie ein verrückter Hund. Obwohl«, fügte sie hinzu, als wir gerade an seiner
Tür vorbeikamen, »er seltsamerweise im Moment ganz still ist.« Sie hörte sich fast ein bisschen enttäuscht an.
    Unter Palmen, die sich gegen die Skyline abhoben, fuhren wir dahin. Die Sonne ging gerade unter, und am Himmel prangten mehrere Farbschichten: Hellblau ganz unten, weiter oben dunkler, bis hin zu dem leuchtenden Tiefblau, in dem die ersten Sterne wie Diamanten glitzerten.
    Wir gingen in eine Bar am Sunset Strip. Es war eine coole, atmosphärische Kneipe, gerammelt voll mit gut aussehenden Leuten. Wenn ich nicht mit Tandy unterwegs gewesen wäre, hätte ich mich nie reingetraut, sondern wäre völlig eingeschüchtert gewesen.
    Kaum hatten wir uns hingesetzt, wurde uns eine Flasche Champagner rübergeschickt, von einem attraktiven Typen, dem Tandys Aussehen gefiel. »Lassen Sie sie zurückgehen«, sagte sie zu dem Kellner. Dann zu mir: »Ich will nichts von ihm, das wäre also nicht fair.«
    »Oh. Okay.«
    Während wir unsere Martinis schlürften, erzählte Tandy mir ihre Lebensgeschichte. Sie stammte aus einer reichen Akademikerfamilie von der Ostküste. Ihre große Schwester hatte einen Doktor in einem fürchterlich beeindruckenden Fach und eine Familie und spielte hervorragend Tennis. Ihre jüngere Schwester hatte sich ihre ersten vier Millionen mit einer Internetsite verdient, auf der sie wunderhübsche Handtaschen verkaufte und sie war eine so hervorragende Reiterin, dass sie ins Olympiateam aufgenommen worden wäre, wenn sie gewollt hätte. Die gesamte Familie war demzufolge zutiefst bestürzt, als Tandy beschloss, Schauspielerin zu werden, und noch bestürzter, weil sie als Kellnerin arbeitete, während sie auf ihren Durchbruch wartete.
    »Es ist schwer, wenn man aus einer Familie kommt, in der alle anderen perfekt sind«, sagte sie müde.
    Davon konnte auch ich ein Lied singen!
    »Und was ist mit dir?«, fragte Tandy. »Bist du auch Schauspielerin?«
    Ich habe eine ganz neue Identität bekommen, ein bisschen wie im Zeugenschutzprogramm. Ich bin eine Schauspielerin, aber aufgrund der Tatsache, dass es ein wenig zu viel von mir gibt, stehen in meinem Lebenslauf nur blöde Nebenrollen – die dicke beste Freundin, die lustige dicke Arbeitskollegin, die schrullige dicke Mitbewohnerin. Dick war das verbindende Element.
    »Wie alt bist du denn?«, fragte Tandy.
    Ich erstarrte. Wie alt war ich? In echt bin ich mehrere Jahrtausende alt, aber in L.-A.-Jahren …? Was hatte man mir gesagt?
    »Schon in Ordnung«, flüsterte Tandy. »Ist bei mir auch so. In meinem Lebenslauf steht, ich sei einundzwanzig, aber in Wirklichkeit bin ich schon Mitte zwanzig.«
    »Siehst aber gut aus.«
    »Na ja, siebenundzwanzig«, gestand sie mit einem Seufzer.
    »Und ich bin neunundzwanzig.« Gerade war es mir wieder eingefallen.
    »Ich eigentlich auch.«
    Voller Zuneigung musterten wir einander und beschlossen, noch eine Runde zu bestellen. Ich amüsierte mich prächtig, aber ich durfte nicht vergessen, dass ich zum ARBEITEN hier war.
    Mein erstes Erfolgserlebnis hatte ich, als wir zur Damentoilette gingen, um

Weitere Kostenlose Bücher