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Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)

Titel: Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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ich.
    Schließlich rief mein zukünftiger Ehemann wieder an und meldete, dass Guys Flug mordsmäßig verspätet sei, aber jetzt jeden Moment landen sollte und sie dann beide bald eintreffen würden. Aber als wir zur Probe aufbrachen, waren sie immer noch nicht da. Da klingelte es an der Tür, und ich hätte mich vor Erleichterung fast übergeben. Aber es war nicht mein Herzallerliebster, sondern meine Freunde Laura und Bruce, die angesichts meines weinerlich-gestressten Zustands beschlossen, mit uns zur Kirche zu kommen.
    Im Auto verkündete ich mit dünner hysterischer Stimme: »Es war blöd von mir zu glauben, dass ich jemals so einen tollen Mann kriegen würde! All meine Beziehungen sind Katastrophen gewesen, und mit meiner Vergangenheit bin ich die ideale Person, die man sitzen lässt. Es steht mir ins Gesicht geschrieben. Selbstverständlich
werden wir eines Tages darüber lachen, weil es eine großartige Geschichte ist: Zwei Tage vor der Hochzeit ist mein Verlobter nach Rio durchgebrannt.«
    »Was hast du bloß dauernd mit Rio?«, hörte ich jemanden fragen.
    »Ich wette nämlich, er steigt gerade in den Flieger nach Rio«, fuhr ich unbeirrt fort.
    »Es gibt von Dublin aber gar keine direkten Flüge nach Rio«, wandte mein Dad ein, als wäre das ein Trost.
    In der Kirche verabreichte meine Mutter mir eine kleine gelbblaue Kapsel – irgendeine Angehörige der Valium-Familie –, und ich »heiratete« Bruce.
    Im selben Moment, als die Zeremonie zu Ende war, marschierte mein Herzallerliebster in die Kirche – wie ein Filmstar, mit windzerzausten Haaren und hagelkörnerbedecktem Mantel – und nahm mich in die Arme.
    »Du bist doch nicht nach Rio geflogen«, stellte ich staunend fest.
    »Die Flüge waren alle ausgebucht«, antwortete er.
    Doch die Tatsache, dass ich zwei Tage vor der Hochzeit schon der Katastrophe ins Auge geblickt hatte, hatte auch einen tollen Nebeneffekt: Am Tag selbst war ich erstaunlich ruhig, denn ich hatte mein gesamtes Aufregungspotential bereits verbraucht. In aller Ruhe ging ich zum Friseur, um mir meine komplizierte, blumendurchwobene Hochsteckfrisur machen zu lassen. (Ich weiß, dass heutzutage Make-up-Künstler und Maniküren zur Braut ins Haus kommen, um sie zu stylen, aber vor neun Jahren war das noch ein Do-it-yourself-Job.)
    Mein Friseur brauchte sehr lange, länger als ich es erwartet hatte, und dennoch blieb ich heiter und gelassen. Selbst als Mrs Benson, Mutter meiner Freundin Suzanne und zu Gast bei der Hochzeit,
ihren Kopf unter meine Trockenhaube steckte und verwirrt fragte: »Die Hochzeit ist doch wirklich heute, oder? Denn wenn sie heute ist, dann heiratest du in einer Stunde.«
    Als ich den Friseur verließ, wollte ich schon in ein Taxi steigen, aber in diesem Augenblick hielt direkt vor meiner Nase wie eine Zauberkutsche die 46A, mein üblicher Bus. Ich stieg ein, brauchte nicht zu zahlen, und stieg zehn Minuten später vor meinem Elternhaus aus, während die Glückwünsche der anderen Passagiere noch in meinen Ohren hallten.
    Um 13 Uhr 50 kam ich zu Hause an, um 14 Uhr 30 sollte die Trauung sein, und noch immer war ich vollkommen ruhig. Meine Schwestern – meine beiden Brautjungfern – waren hysterisch und stritten sich um den Platz vor dem Spiegel. Still und leise, ohne jemanden zu stören, zog ich mich an und schminkte mich. Ich half meiner Schwester mit dem Reißverschluss, und dann, nachdem alle etliche Male die Treppe hinauf und hinunter gerast waren, kehrten unversehens Ruhe und Frieden ein. Außer mir und meinem Dad war keiner mehr im Haus. Vor der Tür wartete der schicke Wagen, und schließlich sagte einer von uns beiden: »Vielleicht sollten wir mal losziehen.«
    Die Zeremonie, das Heiraten und überhaupt alles war wunderbar. Erst danach, als wir ins Freie gehen mussten, um Fotos zu machen, wurde das Wetter wieder zum Problem. Es war unbeschreiblich kalt, so kalt, dass ich mich fragte, ob es womöglich schneien würde – was auf den Bildern bestimmt sehr hübsch ausgesehen hätte –, aber ein Freund meines Vaters verkündete: »Es ist zu kalt für Schnee.« Mehrere andere Männer stimmten ihm zu, blickten zum Himmel hinauf und sagten: »Ja, ich würde auch sagen, es ist zu kalt für Schnee.« Eine der absurdesten Bemerkungen, die ich je gehört habe.
    Mein Kleid war aus dünnem Satin, und als es – mehrere Monate
zuvor – für mich entworfen worden war, hatte ich vage mit der Idee gespielt, mir dazu noch ein weißes Pelz-Cape und einen Muff

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