Pralinen im Bett: Schuhdiebe, Mutterliebe, Seitenhiebe und weitere Tücken des Alltags (German Edition)
machen zu lassen. Weil ich jedoch sicher war, die Liebe würde mich warm halten, hatte ich mich schließlich dagegen entschieden, was, wie sich nun herausstellte, eine Fehlentscheidung gewesen war. Am Schluss musste ich den Fotografen bitten, die Fotosession mit mir und meinem Herzallerliebsten im Freien vorzeitig abzubrechen.
Auf dem Gruppenbild auf der Kirchentreppe fehlen ein paar Gäste, weil der Fotograf so lange mit Licht und Perspektive rumspielte, bis einige in die Kirche zurückgingen, um sich aufzuwärmen, und deshalb den entscheidenden Moment verpassten.
Nach der Hochzeit, als mehrere Gäste wieder nach England zurückmussten, nahm das Wetter – das ja an sich bereits scheußlich genug war – abermals eine Wendung zum Schlechteren. Zwar konnte die Autofähre in Dún Laoghaire ab-, aber in Holyhead nicht anlegen, sodass die Passagiere, unter ihnen auch meine Schwiegereltern, vierundzwanzig Stunden auf hoher See gefangen waren. Als sie schließlich an Land durften, stiegen meine völlig erschöpften Schwiegereltern in ihr Auto und machten sich auf den Heimweg. Doch keine Meile vor ihrem Heimatdorf gerieten sie auf einem Stück Glatteis ins Schleudern, landeten in einem Straßengraben und konnten von Glück sagen, dass sie überlebten.
Das nächste Mal entscheide ich mich für eine Hochzeit im Juni, ganz sicher.
Erstmals veröffentlicht im Brides Magazine , Dezember 2004.
Das F-Wort
Das F-Wort. Das schlimme F-Wort. Ich meine nicht »Furz«. Auch nicht »Fuck«. Nein, ich meine »Feminismus«.
Ich entwuchs den Kinderschuhen direkt nach der so genannten sexuellen Revolution, und die Botschaft, die bei mir ankam, lautete, dass die Schwerarbeit erledigt und jetzt alles in Butter war. Die Welt gehörte den Frauen. Die Männer waren unsere Lakaien, lieferten auf Verlangen spontanen Sex, und wir Frauen stolzierten in unseren Nylonstrumpfhosen und mit knallrot geschminkten Lippen durch die Vorstandszimmer des ganzen Landes. (Na ja, genau genommen, dachte ich nie, dass ich so was könnte, aber ich dachte, andere Frauen wären dazu in der Lage, wenn sie es nur wollten.)
Aber seltsamerweise war das Letzte, was ich sein wollte, eine Feministin. Feministinnen waren aufdringliche Drachen mit behaarten Beinen, die keinen Freund fanden. Und außerdem fiese Spielverderber. Wenn ich hohe Schuhe trug, hatte ich sofort ein schlechtes Gewissen – auf meiner Schulter saß eine winzige unsichtbare Feministin und höhnte: »Schau dich an, wie du dich bei den Männern einschmeichelst! Siehst du, wie du auf deinen hohen Absätzen mit dem Hintern wackeln musst« –, obwohl ich die hohen Schuhe doch eigentlich nur deshalb anzog, weil ich einszweiundfünfzig klein war und wenigstens über die Köpfe anderer Menschen hinweg die Nummer auf dem Bus sehen wollte.
Meine Beziehung zu Männern war selbst in den besten Zeiten
schwierig und wurde immer schwieriger, weil ich ständig halb erwartete, verhört zu werden, ob ich meinem derzeitigen Freund gegenüber auch wirklich genügend Selbstachtung an den Tag legte. Jedes Mal, wenn ich mal wieder wegen eines Mannes an gebrochenem Herzen litt, musste ich mich dazu auch noch gegen die böse feministische Hexe des Westens wehren, die in ihren Latzhosen und ihren Doc Martens in mein von Tränen überschwemmtes Schlafzimmer stürmte und rief: »Ha! Das ist der Lohn, den man kriegt, wenn man mit Männern rumhängt. Wenn du dich dem Frauenkollektiv angeschlossen hättest, wäre dir das nicht passiert. Du hast es dir einzig und allein selbst zuzuschreiben, Girlie !«
Der Feind war neu konfiguriert worden – es waren nicht mehr die Männer, sondern jene Frauen, die für uns gekämpft hatten. Augenfälligerweise zieht jede Revolution ein gewisses Maß an Revisionismus nach sich, aber wie konnte ich nur so naiv sein? Der einzige Grund, weshalb ich nicht vor Scham sterbe, ist, dass ich nicht die einzige Frau bin, die schon mal gesagt hat: »Natürlich glaube ich an die Gleichberechtigung der Frau, aber irgendwie würde ich mich trotzdem nicht als Feministin bezeichnen.«
Es dauerte quälend lange, bis mir dämmerte, dass eben doch nicht die ganze Schwerarbeit erledigt und alles in Butter war. Nicht mal annähernd. Es passierte an einem Nachmittag, als ich mich durch eine Flut grauer Anzüge in der Business Class eines Flugzeugs drängte. Auf einmal fragte ich mich: Wo sind denn all die Frauen mit dem roten Lippenstift und den Nylonstrumpfhosen? Keine Spur von ihnen. (Weil sie
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