Pretty - Erkenne dein Gesicht
zwischen ihnen gewesen war.
Und was noch wichtiger war: Sie hatte jetzt jemand anderen. Wie unfair es auch sein mochte, dass ihre Erinnerungen an David gelöscht worden waren, so hatte Tally sich doch einen ganzen neuen Schatz an Erinnerungen zugelegt und den konnte sie nicht einfach gegen die alten eintauschen. Zane und sie hatten einander geholfen prickelnd zu werden, sie waren zusammen durch die Manschetten festgehalten worden und zusammen aus der Stadt geflohen. Sie konnte ihn jetzt nicht verlassen, nur weil ihm ein Teil seines Gehirns gestohlen worden war.
Tally wusste nur zu gut, wie es war, der Stadt ganz allein ausgeliefert zu sein.
Zane war der eine Mensch in ihrem Leben, den sie nie verraten hatte, und sie würde jetzt nicht damit anfangen. Sie nahm seine Hand. "Ich verlasse ihn nicht."
"Denk logisch, Tally." David sprach langsam, wie mit einem Winzling. "Du kannst Zane nicht helfen, wenn du hierbleibst. Dann werdet ihr beide gefangen."
"Deine Mutter hat Recht. Sie werden mein Gehirn in Ruhe lassen und in der Stadt kann ich ihm helfen."
"Wir können das Hilfsmittel zu Zane in die Stadt schmug geln, wie wir das für dich gemacht haben."
"Ich habe das Heilmittel aber nicht gebraucht, David. Vielleicht braucht Zane es auch nicht. Ich werde dafür sorgen, dass er prickelnd bleibt. Ich kann ihm dabei helfen, sein Gehirn wieder richtig zu verknüpfen. Aber ohne mich hat er keine Chance."
David wollte etwas sagen, hielt aber inne. Dann veränderte sich seine Stimme und seine Augen wurden schmal. "Du bleibst nur bei ihm, weil er ein Pretty ist."
Tally riss ihre Augen auf. "Was?"
"Siehst du das nicht? Es ist genau so, wie du immer gesagt hast: Das ist die Evolution. Als deine Krimfreunde hergekommen sind, hat Mom mir erklärt, wie das mit der Schönheit funktioniert." Er zeigte auf Zane. "Er hat diese großen, verletzlichen Augen, diese kindliche, perfekte Haut. Für dich sieht er aus wie ein Baby, ein schutzloses Kind, und deshalb willst du ihm helfen. Du denkst nicht rational. Du willst dich ergeben, nur weil er so aussieht."
Tally starrte David ungläubig an. Wie konnte er wagen, so etwas zu ihr zu sagen? Die bloße Tatsache, dass sie hier stand, bewies doch, dass Tally selber denken konnte.
Dann ging ihr auf, was hier ablief: David wiederholte einfach, was Maddy gesagt hatte. Sicher hatte sie ihm eingeschärft, seinen Gefühlen zu misstrauen, wenn er die neue Tally sah. Maddy wollte nicht, dass ihr Sohn sich in einen ehrfürchtigen Ugly verwandelte, der den Boden unter Tallys Füßen anbetete. Und deshalb glaubte David jetzt, dass Tally nur Zanes hübsches Gesicht sah.
David hielt sie noch immer für ein typisches Stadtkind. Vielleicht glaubte er nicht einmal wirklich, dass sie geheilt war. Vielleicht hatte er ihr nie wirklich verziehen.
"Es liegt nicht an Zanes Aussehen, David", sagte sie und ihre Stimme zitterte vor Zorn. "Sondern daran, dass er mich prickelnd macht und dass wir zusammen sehr viel aufs Spiet gesetzt haben. Genauso gut könnte ich hier liegen, und dann würde er auf jeden Fall bei mir bleiben."
"Das ist alles nur vorprogrammiert."
"Nein. Ich liebe ihn."
David wollte wieder etwas sagen, aber seine Stimme brach.
Tally seufzte. "Geh jetzt, David. Was immer deine Mutter da eben gesagt hat, ohne dich wird sie nicht aufbrechen. Also sind alle in Gefahr, wenn du dich jetzt nicht in Bewegung setzt."
"Tally …"
"Geh!", rief sie. David musste jetzt weg oder New Smoke würde sterben und alles wäre dann wieder Tallys Schuld.
"Aber du kannst..."
"Beweg dein hässliches Gesicht endlich hier raus!", kreischte Tally.
Ihr Schrei hallte von den Wänden des Observatoriums wider und Tally riss ihren Blick von David los. Sie legte ihre Hand an Zanes Wange und küsste ihn. Die gebrüllte Beleidigung hatte die gewünschte Wirkung, aber Tally brachte es nicht über sich, aufzuschauen, als sie hörte, wie Davids Schritte in der Dunkelheit verschwanden, erst langsam, dann immer schneller.
Sie sah am Rand ihres Blickfeldes etwas pulsieren. Das waren nicht die Schatten des flackernden Feuers, es war ihr wild hämmerndes Herz. Sie konnte sehen, wie das aufgepeitschte Blut gegen ihre Augen pochte, wie etwas, das entkommen will.
Sie hatte David hässlich genannt. Er würde das niemals vergessen und sie auch nicht.
Aber sie hatte es sagen müssen, schärfte Tally sich ein. Hier zählte jede Sekunde und nichts anderes hätte ihn dermaßen zuverlässig vertrieben. Sie hatte ihre Wahl getroffen.
"Ich
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