Pretty - Erkenne dein Gesicht
den Sucher auf irgendeine Weise loswerden. Sie konnte ihn ja schlecht mit einem Stein zertrümmern ... Tally suchte das Observatorium nach irgendeinem Werkzeug ab, aber die New Smokies hatten alles Brauchbare nach draußen zum Scannen gebracht.
Aus der Dunkelheit kamen Stimmen, es waren Maddy, David und Croy. Tally sah, dass Maddy eine Art Zange in der Hand hielt, und ihr Herz machte einen Sprung.
Maddy kniete neben Zane nieder und öffnete ihm den Mund. Er wimmerte wieder vor Schmerz, als das Metallgerät seine Zähne abklopfte.
"Vorsichtig", bat Tally leise.
"Halt die hier." Maddy reichte ihr eine Taschenlampe. Als Tally damit in Zanes Mund leuchtete, war der verfärbte Zahn nicht zu übersehen.
Gleich darauf sagte Maddy: "Das geht nicht." Sie ließ Zanes Kopf los und er sank stöhnend auf die Decken und schloss die Augen.
"Hol ihn einfach raus."
"Sie haben ihn im Knochen verankert." Maddy drehte sich zu Croy um. "Mach weiter mit Packen. Wir müssen los."
"Tu doch irgendwas für ihn!", schrie Tally.
Maddy nahm ihr die Taschenlampe ab. "Tally, der Sender hängt am Knochen fest. Ich müsste den Kiefer zertrümmern, um ihn zu entfernen."
"Dann lass ihn drin, aber sorg dafür, dass er nicht mehr sendet! Schlag den Zahn kaputt. Zane kann das ertragen." Maddy schüttelte den Kopf. "Pretty-Zähne sind aus demselben Material wie Flugzeuge. Du kannst sie nicht einfach zerschlagen. Ich brauchte ganz spezielle Dental-Nanos, um den Zahn zu zersetzen." Sie richtete die Taschenlampe auf Tally und streckte die Hand nach ihrem Mund aus.
Tally fuhr zurück. "Was soll das denn?"
"Nur sicherheitshalber."
"Aber ich war doch nicht im Kr...", begann Tally, doch Maddy riss ihr den Mund auf.
Tally knurrte, ließ die Frau jedoch in ihrem Mund herumstochern, das ging schneller als eine Auseinandersetzung. Als Maddy grunzte und sie losließ, fragte Tally: "Zufrieden?"
"Für den Moment ja. Aber wir müssen Zane hierlassen."
„Das kannst du vergessen!", brüllte Tally.
"Sie werden in etwa zehn Minuten hier sein", sagte David.
"Früher." Maddy richtete sich auf.
Vor Tallys Augen tanzten die von der Taschenlampe hervorgerufenen Lichtflecke. Sie konnte im Feuerschein die Gesichter der anderen kaum erkennen. Begriffen sie denn nicht, was Zane durchgemacht hatte, um herzukommen, was er für das Heilmittel geopfert hatte? "Ich lasse ihn nicht allein."
"Tally...", sagte David.
"Das spielt keine Rolle", fiel Maddy ihm ins Wort. "Technisch gesehen hat sie noch immer ein Pretty-Gehirn."
"Hab ich nicht!"
"Du hast nicht mal die richtige Pille genommen." Maddy legte David eine Hand auf die Schulter. "Tally hat die Läsionen noch. Wenn sie ihr Gehirn erst untersucht haben, wird sie gar nicht erst unters Messer kommen. Sie werden glauben, sie sei nur zum Spaß mitgegangen."
"Mom!", rief David. "Wir lassen sie nicht zurück!"
"Und ich komme nicht mit", sagte Tally.
Maddy schüttelte den Kopf. "Vielleicht sind die Läsionen nicht so wichtig, wie wir geglaubt haben. Dein Vater hat im mer den Verdacht gehabt, dass das Pretty-Denken für die meisten Leute der natürliche Zustand ist. Sie wollen dumpf und träge und eitel sein ..." Maddy warf einen Blick auf Tally. "Und selbstsüchtig. Es braucht nicht viel, das in ihren Persönlichkeiten fest zu verankern. Und er hat immer geglaubt, dass manche Leute sich aus diesem Zustand einfach herausdenken können."
"Da hat Az Recht gehabt", sagte Tally leise. "Ich bin jetzt geheilt."
David stöhnte gequält. "Geheilt oder nicht, Tally, du kannst nicht hierbleiben. Ich will dich nicht noch einmal verlieren Mom! Tu was!"
"Du willst dich mit ihr streiten? Nur zu." Maddy drehte sich auf dem Absatz um und steuerte den Ausgang an. "Wir brechen in zwei Minuten auf", sagte sie, ohne sich umzusehen. "Mit oder ohne euch."
***
David und Tally schwiegen einen Moment lang. Es war wie bei ihrem Wiedersehen in den Ruinen, sie wussten beide nicht, was sie sagen sollten. Obwohl Tally, wie sie jetzt merkte, von Davids Gesicht nicht mehr geschockt war. Vielleicht hatten die Panik angesichts ihrer Lage oder das eiskalte Bad sie von ihren restlichen Pretty-Gedanken befreit. Oder vielleicht hatte sie einfach einige Stunden gebraucht, um ihre Erinnerungen und ihre Träume mit der Wirklichkeit abzugleichen ...
David war kein Prinz - kein schöner und auch sonst keiner. Er war der erste Junge, in den sie sich verliebt hatte, aber nicht der letzte. Die Trennung und unterschiedliche Erfahrungen hatten verändert, was
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