Pretty - Erkenne dein Gesicht
dann."
Tally ließ ihren Kopf wieder auf das Kissen sinken. Das Bett wirbelte jetzt herum wie ein Hubbrett. Der Tag fing gerade erst an und ging doch schon zur Neige.
Sie schob den Interface-Ring auf ihren Finger und hörte ärgerlich zu, wie das Ping ihr mitteilte, dass an diesem Abend nur Leute mit richtig prickelnden Kostümen zugelassen würden. Drei Stunden, um sich etwas Brauchbares zu überlegen, und alle anderen hatten schon einen Riesenvorsprung, Manchmal hatte sie das Gefühl, es wäre viel, viel leichter, eine echte Kriminelle zu sein.
***
Shay brachte Frühstück: Hummeromelettes, Toast, Kartoffelpuffer, Maispfannkuchen, Trauben, Schokomuffins und Bloodies - mehr Essen, als eine ganze Packung Kalorienfresser vertilgen konnte. Das überladene Tablett wackelte in der Luft, die Hubvorrichtungen zitterten wie Winzlinge an ihrem allerersten Schultag.
"Ähem, Shay, gehen wir als Fettklöße, oder was?"
Shay kicherte. "Nein, aber so elend, wie du dich angehört hast... Und heute Nacht musst du prickelnd sein. Damit alle Krims für dich stimmen."
"Klasse, prickelnd." Tally seufzte und befreite das Tablett von einer Bloody Mary. Sie runzelte beim ersten Schluck die Stirn. "Nicht salzig genug."
"Kein Problem", sagte Shay, kratzte die Kaviardekoration von einem Omelette und rührte sie ins Glas.
"Uäääh, Fischgeschmack!"
"Kaviar ist in jeder Kombination gut." Shay nahm noch einen Löffel voll und schob ihn sich in den Mund, dann schloss sie die Augen, während sie die kleinen Fischeier zerkaute. Sie drehte ihren Ring, um Musik laufen zu lassen.
Tally schluckte und trank mehr Bloody, was wenigstens das Zimmer vom Drehen abhielt. Die Schokomuffins rochen langsam richtig gut. Danach würde sie sich an die Kartoffelpuffer machen. Und dann der Pfannkuchen. Vielleicht würde sie sogar den Kaviar probieren, Frühstück war die Mahlzeit, bei der Tally am stärksten das Gefühl hatte, ihre in der Wildnis verlorene Zeit aufholen zu müssen. Wenn sie beim Frühstück richtig zulangte, glaubte sie fast, alles im Griff zu haben, so als könne ein Sturm von in der Stadt entwickelten Geschmäckern die Monate voller Eintopf und SpagBol aufheben.
Die Musik war neu und ließ ihr Herz schneller schlagen. "Danke, Shay-la. Du hast mir das Leben gerettet."
"Kein Problem, Tally-wa."
"Übrigens, wo warst du eigentlich gestern Abend?"
Shay lächelte nur, als ob sie etwas Verbotenes angestellt hätte.
"Was? Neuer Typ?"
Shay schüttelte den Kopf. Plinkerte mit den Augen.
"Du hattest doch nicht etwa schon wieder eine Opi?", fragte Tally und Shay kicherte. "Also doch. Du darfst das doch nur einmal pro Woche. Fehlt dir denn überhaupt noch was?"
"Ist schon gut, Tally-wa. War nur lokal."
"Wo?" Shays Gesicht hatte sich überhaupt nicht verändert. Hatte sie das Ergebnis der Operation unter ihrem Schlafanzug versteckt?
"Sieh mal genau hin!" Wieder flatterten Shays lange Wimpern.
Tally beugte sich vor und starrte in die perfekten kupferfarbenen Augen, die groß und mit Juwelenstaub besprenkelt waren, und ihr Herz schlug schneller. Auch nach einem Monat in New Pretty Town war Tally noch immer wie hypnotisiert von den Augen der anderen Pretties. Sie waren so groß und freundlich, sie leuchteten vor Interesse an ihrem Gegenüber. Shays wunderschöne Pupillen schienen zu murmeln: Ich hör dir zu, du faszinierst mich. Sie verengten die Welt auf Tally allein, ließen sie im Glanz von Shays Bewunderung baden.
Bei Shay war das besonders verwirrend, denn Tally hatte sie noch zu Ugly-Zeiten gekannt, ehe die Operation ihr dieses Aussehen gegeben hatte.
"Noch genauer."
Tally holte Atem, um sich zu beruhigen, das Zimmer drehte sich wieder, jetzt aber auf angenehme Weise. Sie winkte den Fenstern, damit die ein wenig durchlässiger wurden, und im Sonnenlicht sah sie die Neuerwerbungen. "Oooh, klasse Pretty-Faktor."
Gewagter als der andere implantierte Glitzerkram umringten zwölf winzige Rubine jede von Shays Pupillen und funkelten in sanftem Rot vor der smaragdgrünen Iris.
"Prickelnd, was?"
"Ja. Aber Moment mal ... sind die links unten anders?" Tally kniff die Augen noch fester zusammen. Ein Juwel in jedem Auge schien zu flackern, eine winzige weiße Kerze in der kupferroten Tiefe.
"Es ist fünf Uhr", sagte Shay. "Kapiert?"
Tally brauchte eine Sekunde, um sich daran zu erinnern, wie der große Glockenturm in der Stadtmitte abgelesen wurde. "Schon, aber das ist sieben. Wäre fünf Uhr nicht rechts unten?"
Shay schnaubte. "Die
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