Pretty Little Liars - Mörderisch: Band 6
vor der gesamten sechsten Klasse in die Haare gekriegt. Vielleicht war der Streit doch noch nicht wieder beigelegt.
Jason drehte sich stocksteif auf dem Absatz um und marschierte in den Wald. Die Verandatür flog wieder knallend auf, und die Mädchen duckten sich. Ali stand auf der Terrasse und sah sich um. Ihr langes blondes Haar fiel ihr über die Schultern, und ihr tiefrosa T-Shirt ließ ihre Haut besonders frisch und strahlend wirken.
»Ihr könnt rauskommen«, schrie Ali.
Emily riss ihre braunen Augen auf. Aria duckte sich noch tiefer. Spencer und Hanna pressten die Lippen zusammen.
»Ehrlich.« Ali ging die Verandatreppe hinunter und balancierte mühelos auf ihren Keilabsätzen. Sie war die einzige Sechstklässlerin, die sich traute, in hohen Absätzen zur Schule zu gehen – in der Rosewood Day war das eigentlich erst ab der
Neunten erlaubt. »Ich weiß, dass ihr euch dort versteckt. Aber wenn ihr wegen meiner Flagge hier seid, habt ihr Pech gehabt. Die hat schon jemand anders geklaut.«
Spencer drängte sich durch die Büsche. Ihre Neugier war einfach zu groß. »Was? Wer?«
Aria tauchte als nächste auf, dann Emily und Hanna. Jemand anderes hatte Ali noch vor ihnen beklaut?
Seufzend ließ sich Ali auf die Steinbank neben dem kleinen Koi-Teich der Familie sinken. Die Mädchen zögerten, aber Ali winkte sie zu sich. Aus der Nähe roch sie nach Vanilleseife und hatte die längsten Wimpern, die sie jemals gesehen hatten. Ali schlüpfte aus ihren Sandalen und vergrub ihre zarten Füße im Gras. Ihre Zehennägel waren leuchtend rot lackiert.
»Keine Ahnung, wer«, antwortete Ali. »Das Stück lag in meiner Tasche, und dann war es auf einmal weg. Ich hatte es schon verziert. Mit einem richtig coolen Manga-Frosch, dem Chanel-Logo und einer Feldhockeyspielerin. Ich habe ewig an dem Louis-Vuitton-Logo gearbeitet und es direkt von der Handtasche meiner Mom abgemalt. Es war perfekt.« Sie machte einen Schmollmund. Ihre saphirblauen Augen waren groß und rund. »Der Loser, der es mir geklaut hat, wird es ruinieren. Davon bin ich überzeugt.«
Murmelnd brachten die Mädchen ihr Mitgefühl zum Ausdruck, und jede war plötzlich froh, dass nicht sie diejenige gewesen war, die Alis Flagge gestohlen hatte – dann wäre nämlich sie der Loser gewesen, über den Ali sich gerade mokierte.
»Ali?«
Alle wirbelten herum. Mrs DiLaurentis betrat die Veranda. In ihrem grauen Diane-von-Fürstenberg-Wickelkleid und den hochhackigen Schuhen hätte sie zu einem schicken Brunch gehen
können. Ihr Blick verharrte einen Augenblick lang verwirrt auf den Besucherinnen. Schließlich waren sie zum ersten Mal in Alis Hintergarten. »Wir gehen jetzt, okay?«
»Okay«, sagte Ali, lächelte strahlend und winkte. »Tschüs!«
Mrs DiLaurentis zögerte, als wolle sie noch etwas sagen, aber Ali ignorierte sie und drehte sich wieder um. Sie deutete auf Spencer. »Du bist Spencer, stimmt’s?«
Spencer nickte verlegen. Ali schaute die anderen forschend an. »Aria«, erinnerte Aria sie. Hanna und Emily stellten sich ebenfalls vor, und Ali nickte desinteressiert. Das war ein typisches Manöver – natürlich kannte sie ihre Namen, gab ihnen aber durch die Blume zu verstehen, dass sie in der Hierarchie der sechsten Klasse der Rosewood Day völlig bedeutungslos waren. Sie wussten nicht, ob sie gedemütigt oder geschmeichelt sein sollten. Immerhin erkundigte sich Ali ja jetzt danach, wer sie waren.
»Wo wurde dir denn die Flagge geklaut?«, fragte Spencer, die fieberhaft nach einem Thema suchte, das Alis Aufmerksamkeit noch eine Weile fesseln würde.
Ali blinzelte benommen. »Äh, im Einkaufszentrum.« Sie steckte ihren kleinen Finger in den Mund und begann, auf ihm herumzukauen.
»In welcher Boutique?«, bohrte Hanna weiter. »Tiffany? Sephora?« Vielleicht würde es Ali ja beeindrucken, dass Hanna die Namen der Edelboutiquen des Einkaufszentrums kannte.
»Kann sein«, murmelte Ali. Ihr Blick wanderte in Richtung Wald, als suche sie dort etwas – oder jemanden. Hinter ihnen schlug die Verandatür zu. Mrs DiLaurentis war wieder ins Haus gegangen.
»Ich finde, diese Diebstahlsklausel sollte abgeschafft werden«,
sagte Aria und verdrehte die Augen. »Die ist nur … gemein. «
Achselzuckend schob sich Ali das Haar hinter die Ohren. Im oberen Stockwerk des Hauses wurde ein Fenster geschlossen.
»Wo hatte Jason sein Stück denn versteckt?«, versuchte es Emily.
Ali erwachte aus ihrer Trance und erstarrte. »Was?«
Emily zog den Kopf ein.
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