Pretty Little Liars - Mörderisch: Band 6
Schülerinnen, die rot wurden, wenn der Lehrer sie im Unterricht aufrief. Hanna, die jetzt am Bund ihrer ein bisschen zu engen schwarzen Paper-Denim-Jeans zerrte, schien
sich in ihrer Haut nie richtig wohlzufühlen. Und Aria – nun ja, offenbar trug Aria heute ein Paar Krachlederne. Spencer war ziemlich sicher, dass sie nur imaginäre Freunde hatte.
»Nichts, wieso?«, schoss Hanna zurück.
»Genau. Nichts«, wiederholte Aria und sah die anderen misstrauisch an. Emily zog nur die Schultern hoch.
»Und was machst du hier?«, fragte Hanna Spencer.
Spencer seufzte. Es war offensichtlich, dass sie alle aus demselben Grund hier waren. Vor zwei Tagen hatte Rosewood Day, die Eliteschule, die sie alle besuchten, den Beginn der lang erwarteten Jagd auf die Zeitkapsel-Flagge verkündet. Jedes Jahr zerschnitt Rektor Appleton eine leuchtend blaue Rosewood-Day-Flagge in viele Stücke, die von den Oberstufenschülern versteckt wurden. Die Lehrer hängten wie bei einer Schnitzeljagd Hinweise darauf, wo die einzelnen Stücke versteckt waren, in den Schulfluren auf. Wer ein Stück fand, durfte es verzieren, und wenn alle Stücke gefunden waren, nähten die Lehrer die Flagge wieder zusammen, ehrten die Sieger bei einer großen Schulversammlung und vergruben die Flagge in einer Zeitkapsel hinter den Fußballplätzen. Schüler, die ein Stück der Zeitkapsel-Flagge fanden, wurden zu Legenden – man sprach noch ewig von ihnen.
Es war schwierig, sich in einer Schule wie Rosewood Day auszuzeichnen, und es war noch schwieriger, ein Stück der Zeitkapsel-Flagge zu finden. Aber es gab ein Schlupfloch, das allen Hoffnung gab: Die Diebstahlsklausel. Sie besagte, dass es erlaubt war, einem glücklichen Finder sein Stück zu stehlen. Vor zwei Tagen hatte eine gewisse schöne junge Dame damit geprahlt, sie habe ein Stück bereits so gut wie sicher.
Und jetzt hofften vier Nobodys darauf, die Diebstahlsklausel auszunutzen, um ihr ihre Beute wieder abzuluchsen.
Die Vorstellung, Alisons Flaggenstück zu stehlen, berauschte sie alle. Erstens, weil sie so in ihre Nähe gelangen konnten. Und zweitens, weil sie die Chance hatten, dem hübschesten Mädchen an der Rosewood Day zu zeigen, dass nicht einmal sie immer gewinnen durfte. Alison DiLaurentis würde es guttun, einmal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt zu werden.
Spencer starrte die drei anderen wütend an. »Ich war zuerst hier. Die Flagge gehört mir.«
»Ich war vor dir hier«, flüsterte Hanna. »Vor ein paar Minuten habe ich dich aus dem Haus kommen sehen.«
Aria stampfte mit ihrem Fuß auf, der in einem violetten Wildlederstiefel steckte, und starrte Hanna an. »Du bist auch gerade erst gekommen. Da war ich schon lange hier.«
Hanna straffte die Schultern und blickte auf Arias zerzauste Zöpfe und ihre vielen dicken Halsketten. »Und wer soll dir das glauben?«
»Mädels.« Emily deutete mit ihrem spitzen Kinn auf das Haus der DiLaurentis und legte den Finger an die Lippen. Aus der Küche drangen Stimmen.
»Lass das.« Das klang nach Ali. Die Mädchen erstarrten.
»Lass das« , äffte eine zweite hohe Stimme die erste nach.
»Hör auf damit!«, kreischte Ali.
»Hör auf damit!« , wiederholte die zweite Stimme.
Emily verzog das Gesicht. Ihre ältere Schwester Carolyn hatte früher Emilys Stimme genauso quäkend imitiert, was Emily überhaupt nicht ausstehen konnte. Sie fragte sich, ob die zweite Stimme wohl Alis Bruder Jason gehörte, einem Elftklässler an der Rosewood Day.
»Schluss jetzt!«, brüllte eine tiefere Stimme. Es gab einen lauten Knall, bei dem die Wände wackelten. Man hörte Glas zerbersten.
Einen Augenblick später wurde die Verandatür aufgerissen und Jason stürmte heraus. Seine Sweatjacke stand offen, seine Schuhe waren nicht zugebunden. Er hatte rote Wangen.
»Scheiße«, flüsterte Spencer. Die Mädchen versteckten sich eilig im Gebüsch. Jason ging schräg über den Rasen in Richtung Wald und blieb stehen, als ihm zu seiner Linken etwas auffiel. Ein wütender Ausdruck breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Die Mädchen folgten seinem Blick. Jason schaute in Spencers Hintergarten. Spencers Schwester Melissa und ihr neuer Freund Ian Thomas saßen am Rand des Whirlpools. Als Ian und Melissa bemerkten, dass Jason sie anstarrte, lösten sich ihre Hände voneinander. Ein paar bedeutungsschwangere Sekunden vergingen. Zwei Tage zuvor hatten sich Ian und Jason kurz nach Alis Prahlerei über das Flaggenstück, das sie angeblich so gut wie sicher hatte,
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