Pretty Little Liars - Mörderisch: Band 6
eindringlich, und Aria fragte sich, ob es ein Fehler gewesen war, Ali zu erwähnen. Aber dann sagte er: »Vielleicht ist es ja ganz gut, wenn wir mal über sie reden. Ich meine, im Moment ist Alison ein riesiges Tabuthema, das mir gegenüber niemand ansprechen
will. Meine Eltern reden nie über sie. Und meine Freunde sowieso nicht. Ich weiß, dass man über sie spricht, aber sobald ich dazu stoße, halten alle den Mund. Meine Schwester war nicht perfekt, das weiß ich. Manche Leute mochten sie nicht. Es gab sogar einige, die sie…« Er murmelte noch etwas, verstummte dann aber und presste die Lippen zusammen.
»Wie bitte?«, fragte Aria und beugte sich nach vorne.
Jason winkte ab, als sei das, was er gerade gesagt hatte, unwichtig. »Ich fände es gut, mit dir über Ali zu reden.«
Aria lächelte beruhigt. Mit Jason über seine Schwester zu sprechen, würde ihr eine ganz neue Sichtweise auf die wahre Ali eröffnen. Ob sie Jason sagen sollte, dass Ali Jenna Cavanaugh gegenüber gemeine Andeutungen gemacht hatte – die diese dann Aria weitererzählte? Vielleicht sollte sie ihm auch sagen, dass Ian sich per Chat gemeldet und beteuert hatte, jemand habe ihn gezwungen zu flüchten. Ihr wurde plötzlich klar, warum A. ihr einreden wollte, dass Jason etwas zu verbergen hatte: A. wollte Aria paranoid machen, damit sie Abstand zu Jason hielt. Wenn Aria eine Beziehung mit Jason begann, würde sie ihm wahrscheinlich sowohl von A.s Botschaften als auch davon erzählen, dass A. mit Ian unter einer Decke steckte. Die Polizei mochte ja daran zweifeln, dass es diese A. wirklich gab, aber Jason würde ihr sicher glauben. Hier ging es schließlich um den Mord an seiner Schwester.
Aria krallte die Zehen in ihre Schuhe. Es machte sie ungeheuer wütend, dass schon wieder jemand versuchte, sie zu manipulieren. Wahrscheinlich hatte Ian den Mord doch begangen und spielte jetzt mit ihnen allen ein abgekartetes Spiel. Sie sah Jason an. Sie würde ihm alles sagen.
»Klettert ihr hier?«, unterbrach sie ein halbwüchsiger Junge
und Aria zuckte zusammen. Er deutete auf den Teil der Wand, an den Aria sich gerade lehnte. Sie schüttelte den Kopf und trat ein paar Schritte beiseite. Drei Mädchen schlenderten vorbei und sahen Jason und Aria neugierig an, als hätten sie sie aus den Nachrichten erkannt. Sogar die Musik war plötzlich leiser geworden, als sei allen bewusst, dass hier ein wichtiges Gespräch stattfand.
Aria hielt den Mund. Dies war offensichtlich nicht der richtige Ort, um über Ali und Ian zu reden. Vielleicht konnte sie es Jason auf der Heimfahrt erzählen, wenn sie beide allein im Auto waren.
Dann erinnerte sie sich an die Einladung, die vorne in ihrer Yakfelltasche steckte. Sie hatte die Tasche bei ihren Jacken am Rand der Kletterwand stehen gelassen. Immer noch angeseilt ging sie zu ihrer Tasche und zog sie heraus.
»Hast du morgen schon was vor?«, fragte sie Jason.
»Ich glaube nicht. Warum?«
»Ein Gemälde meiner Mom wird in der Lobby dieses neuen Hotels hängen.« Sie reichte ihm die Einladung. »Morgen gibt es eine exklusive Eröffnungsparty. Meine Mom wird mit ihrem neuen Freund dort sein, und den mag ich nicht. Du wärest eine wunderbare Ablenkung.« Sie legte kokett den Kopf schief.
Jason lächelte zurück. »Ich war schon seit einer Ewigkeit nicht mehr auf einer schicken Party.« Er nahm die Einladung und las sie. Sein Gesicht verdüsterte sich und sein Adamsapfel bewegte sich heftig auf und ab.
»Was ist los?«, fragte Aria.
»Soll das eine Art Witz sein?«, fragte Jason mit heiserer Stimme.
Aria blinzelte. »W-wie bitte?«
»Ich finde ihn nämlich nicht lustig«, sagte Jason mit weit aufgerissenen Augen. Er sah nicht wütend aus, sondern eher … verängstigt.
»Was ist denn?«, rief Aria. »Ich kapiere gar nichts.«
Jason starrte sie noch einen Augenblick länger an. Seine Miene veränderte sich, wurde gehetzt und sogar angeekelt, als wäre Aria von Kopf bis Fuß mit Blutegeln bedeckt. Dann löste er zu ihrem Entsetzen die Seile von seinem Geschirr, zog es aus, marschierte zu ihren Sachen und zog seine Jacke an. »I-ich muss los.«
»Was?« Aria wollte ihn am Arm fassen und aufhalten, aber sie war immer noch angeseilt und schaffte es nicht, sich aus dem Geschirr zu befreien. Jason schaute sie nicht einmal mehr an. Er hatte die Hände in die Jackentaschen gestopft, rannte an der Rezeption vorbei und stieß beinahe mit ein paar Teenagern zusammen, die gerade hereinkamen.
Ein paar Sekunden später
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