Pretty Little Liars - Mörderisch: Band 6
sie nach draußen und kauerte sich in den Dreck. Tatsächlich, der Boden war weich und locker. Sie tastete einen Moment lang die Stelle ab. Sie berührte nur Steine und Äste, aber der Boden fühlte sich immer noch warm an, als hätten ihn andere Hände vor Kurzem durchwühlt. Als Spencer aufsah, hörte sie ein leises Geräusch tief im Wald. Gänsehaut überzog ihre Arme. Es klang fast wie ein Kichern.
Spencer spitzte die Ohren, doch das Kichern war schon wieder verklungen. Vielleicht war es ja doch nur der Wind gewesen.
Kapitel 20
ARIAS FREIER FALL
Am selben Nachmittag trafen sich Aria und Jason vor dem Rocks and Ropes, einer Kletterhalle ein paar Meilen vor Rosewood. »Nach Ihnen«, grinste Jason und hielt ihr die Eingangstür auf. »Danke«, hauchte Aria. Sie zog die ein bisschen zu große elastische Yogahose hoch, die sie aus Merediths Schrank geklaut hatte. Hoffentlich fiel Jason nicht auf, wie sehr sie ihr um den Hintern schlackerte. Jason hingegen wirkte lässig und sexy. Er trug ein langärmliges graues T-Shirt und Nike-Trainingshosen, als klettere er jeden Tag Felswände hoch. Vielleicht tat er das ja auch.
Drinnen war alles von grellen Neonröhren ausgeleuchtet. Aggressive Gitarrenmusik dröhnte durch die Lautsprecher, und die Wände des nach Gummi riechenden Raums mit der hohen Decke waren mit unzähligen bunten, nach Plastik aussehenden Vorsprüngen ausgestattet. Jason hatte Aria heute Morgen eine SMS geschickt und gefragt, ob sie mit ihm ins Rocks and Ropes gehen wollte. Er sei nicht der Typ für Abendessen und Kino, erklärte er. Ehrlich gesagt hätte Aria mit ihm auch in der Führerscheinprüfstelle Schlange gestanden, wenn das seine Vorstellung von einem Date gewesen wäre.
Sie trugen sich in das Besucherbuch am Eingang ein, gingen zu der höchsten Wand und sahen sich um. Aria bestaunte ein paar Mädchen, die mit eng geschnallten Klettergeschirren die
Wand hochkraxelten. Wie hielten sie diese Höhe nur aus? Aria bekam schon Höhenangst, wenn sie nur den Kopf in den Nacken legte. Sie schauderte.
»Hast du Angst?«, fragte Jason.
Aria kicherte nervös. »Ich bin ziemlich unsportlich.«
Jason nahm lächelnd ihre Hand. »Es macht Spaß. Versprochen.«
Aria errötete vor Freude. Jason hatte sie berührt! Sie musste sich immer noch regelmäßig kneifen, um sich zu versichern, dass sie nicht träumte.
Ein dunkelhaariger Trainer mit Zauselbart brachte ihnen ihre Ausrüstung, die aus Geschirren, Helmen und speziellen Kletterhandschuhen bestand. Jason zeigte auf Aria. »Ladys first.«
»Ein echter Gentleman«, neckte sie.
»Meine Mom hat mich gut erzogen«, erwiderte Jason.
Der Trainer schnallte Aria das Geschirr um den Oberkörper. Als er noch einen Karabiner holen ging, wendete sich Aria Jason zu. »Wie geht es denn deiner Familie?«, fragte sie so beiläufig wie möglich. »Sind sie … okay?«
Jason starrte lange auf die vereinzelten Kletterer am andern Ende der Halle. »Sie sind total am Ende«, sagte er schließlich. Er richtete seine blauen Augen auf sie und lächelte traurig. »Das sind wir alle. Aber was soll man machen?«
Aria nickte, denn sie hatte keine Ahnung, was sie darauf sagen sollte. A.s SMS von gestern kam ihr in den Kopf: Big Brother verbirgt etwas vor dir. Und vertrau mir: Du willst gar nicht wissen, was. Aria hatte die SMS nicht an ihre Freundinnen weitergeleitet, weil sie fürchtete, diese würden ihre Beziehung zu Jason missverstehen. A. wollte sie schließlich verrückt machen – in dieser Hinsicht glichen sich die alte und die neue A. wie ein Ei dem anderen.
Aria nahm an, dass A. auf jenes Geheimnis anspielte, das mit Ali und Jasons »geschwisterlichen Problemen« zusammenhing, wie Jenna es ausgedrückt hatte. Aber sie glaubte keine Sekunde daran. Ali und Jason waren auf jeden Fall liebevolle Geschwister zueinander gewesen, sonst nichts. Aria hatte versucht, sich an Gelegenheiten zu erinnern, an denen Jason zu Ali gemein gewesen war, aber sie hatte kein einziges Beispiel vor Augen. Jason sah sich als Beschützer seiner Schwester. Nicht lange, nachdem sie Freundinnen geworden waren, hatten Aria und die anderen bei Ali übernachtet. Sie wollten sich gegenseitig schminken und alle hatten ihre Make-up-Täschchen mitgebracht – bis auf Emily, die noch kein Make-up tragen durfte. Als sie gerade Hannas Dior-Lidschatten bewunderten, kam Mrs DiLaurentis ins Zimmer. Sie sah angespannt aus.
»Ali, hast du der Katze eine ganze Dose Fleischfutter gegeben? «, fragte sie. Ali sah
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