Pretty Little Liars- Unschuldig
Kragen am Hals einfach nicht ordentlich sitzen wollte. Ihre Hände berührten sich, wenn sie die Arme schwangen.
»Es ist so anders hier«, sagte Maya und schnupperte. »Es riecht nach Fichtennadelschaumbad!« Sie zog ihre Jeansjacke aus und krempelte die Ärmel ihres Hemdes hoch.
Emily zupfte an ihren Haaren und wünschte, sie wären so dunkel und lockig wie Mayas, statt vom Chlor angegriffen und von leicht grünlich verfärbtem Rotblond. Emily fühlte sich auch unsicher wegen ihres Körpers, der stark und muskulös war, nicht mehr so feingliedrig wie früher. Für gewöhnlich war sie sich ihres Körpers nicht so bewusst, selbst wenn sie einen Badeanzug trug, womit man praktisch nackt war.
»Alle hier hängen sich richtig in ihre Hobbys rein«, fuhr Maya fort. »Zum Beispiel Sarah, dieses Mädchen in meinem Physikkurs. Sie versucht, eine Band zu gründen, und hat mich gefragt, ob ich mitmachen will!«
»Ehrlich? Was spielst du?«
»Gitarre«, sagte Maya. »Mein Dad hat es mir bei gebracht. Mein Bruder spielt eigentlich viel besser, aber das ist ja egal.«
»Wow«, sagte Emily. »Das ist cool.«
»Oh mein Gott!« Maya griff nach Emilys Arm. Zuerst erschrak Emily, dann entspannte sie sich. »Du solltest auch mitmachen! Das wäre irre. Sarah sagt, wir würden drei Tage in der Woche nach der Schule proben. Sie spielt Bass.«
»Aber ich spiele nur Querflöte«, entgegnete Emily, die sich sehr altbacken vorkam.
»Querflöte wäre fantastisch!« Maya klatschte in die Hände. »Und Schlagzeug!«
Emily seufzte. »Ich würde ja gern. Aber ich muss so ungefähr jeden Tag nach der Schule zum Schwimm training.«
»Hmm«, brummte Maya. »Kannst du nicht einen Tag ausfallen lassen? Ich wette, du wärst gut am Schlagzeug.«
»Meine Eltern würden mich killen.« Emily legte den Kopf in den Nacken und starrte zu der alten Eisenbahnbrücke hinauf, die sich über ihnen wölbte. Züge fuhren hier schon lange nicht mehr entlang, also war es der ideale Ort für Kids, die sich ohne das Wissen ihrer Eltern besaufen wollten.
»Wieso?«, fragte Maya. »Was ist denn so wichtig daran?«
Emily zögerte. Was sollte sie darauf antworten? Dass ihre Eltern von ihr erwarteten, dass sie schwamm, weil Talentsucher aus Stanford bereits auf Carolyn aufmerksam geworden waren und ihr älterer Bruder Jake und ihre älteste Schwester Beth mit einem vollen Sportstipendium an der Universität von Arizona studierten? Dass sie auch ein solches Stipendium an einer Spitzenuniversität bekommen musste, um nicht als Schande für die Familie zu gelten? Maya traute sich sogar zu kiffen, wenn ihre Eltern beim Einkaufen waren. Im Gegensatz dazu wirkten Emilys Eltern wie alte, konservative, kontrollverrückte Vorstädter von der Ostküste. Was sie auch waren, aber trotzdem.
»Das ist eine Abkürzung zu dir nach Hause.« Emily deutete auf die andere Straßenseite zu dem Rasen der großen Kolonialvilla, den sie und ihre Freundinnen an Winter tagen immer durchquert hatten, weil man so schneller zu Alis Haus kam.
Sie liefen durch das Gras und wichen dem Rasensprenger aus, der die Hortensien bewässerte. Als sie sich einen
Weg durch die struppigen Zweige der niedrigen Bäume bahnten, die am Rand von Mayas Hintergarten wuchsen, blieb Emily wie angewurzelt stehen. Ein leiser, kehliger Laut entschlüpfte ihr.
Sie war seit Ewigkeiten nicht mehr in diesem Garten - Alis Garten - gewesen. Gegenüber lag die Teakholzterrasse, wo sie mit Ali unzählige Kartenspiele gespielt hatte. An einer Stelle wuchs der Rasen spärlicher. Dort hatten sie Alis iPod oft an Boxen angeschlossen und wie wild getanzt. Links stand die alte, knotige Eiche, die Emily so gut kannte. Das Baumhaus war verschwunden, aber in die Rinde waren immer noch die Initialen EF + AD geritzt. Emily Fields und Ali DiLaurentis. Emily stieg das Blut in die Wangen. Damals war ihr nicht klar gewesen, warum sie die Namen in die Rinde geritzt hatte. Sie hatte Ali nur zeigen wollen, wie glücklich sie über ihre Freundschaft war. Maya, die weitergelaufen war, sah sich nach ihr um. »Alles okay?«
Emily schob die Hände in die Jackentaschen. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie Maya von Ali erzählen sollte. Aber dann verließ sie doch der Mut. »Mir geht’s gut«, sagte sie.
»Willst du mit reinkommen?«, fragte Maya.
»Nein … ich muss zurück zur Schule«, antwortete Emily. »Zum Schwimmen.«
»Oh.« Maya kniff die Augen zusammen. »Dann hättest du mich doch nicht nach Hause begleiten
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