Price, Richard
Colgate
zu holen. Strike sah zu, wie er da draußen herumplatschte, bemerkte, dass der
Junge nicht einmal seine Sweatshirtkapuze übergezogen hatte, und fragte sich
erneut, was zum Teufel er mit diesem Jungen vorhatte.
Strikes Pager ging los, und Rodneys Telefonnummer
erschien auf der Anzeige. Strike, der immer noch über Tyrone nachdachte, warf
einen Blick zu den Münztelefonen und sah den Regen auf den Aluminiummuscheln
hüpfen. Gerade als er beschloss, aus der Ampullenwohnung anzurufen, und sich
der Treppe zuwandte, sah er aus dem Augenwinkel einen braunorangefarbenen
Blitz, eine Gestalt, die den ganzen Weg von der Dumont durch den Regen sprang,
und plötzlich sprintete Strike wie in einem Traum los, rannte an Tyrone
vorbei, wirbelte auf seinem Weg durch die Siedlung Regentropfen auf und kam
schließlich direkt vor seinem Bruder Victor zum
Stehen, gerade als der sich vorbeugte, um seinen Wagen aufzusperren.
Victor
schreckte hoch, drückte eine Sporttasche an seine Brust und platzte heraus: »Herrgott
nochmal!«
Strike
dachte, dass Victor in seiner durchnässten Uniform ziemlich verrückt aussah -
braune Hose mit Schnallenverschluss, orangefarbenes kurzärmliges Hemd, braune
Baseballkappe mit der Aufschrift >Hambone's< auf der Stirn. Alles war dunkel
vor Nässe, und Victor sah ihn aus geweiteten Augen an.
Strike
stellte sich ihm in den Weg, wusste nicht genau, was er jetzt sagen sollte und
wie, und beide standen sie im Regen, als könnten sie sich nicht bewegen.
»Wieso
hast du keinen Regenschirm?«, fragte Strike.
»Ist doch
kein Weg zum Wagen.« Victor hob sein Kinn und zitterte.
»Was ist
letzte Nacht passiert?«
»Ich weiß
nicht.«
»Nun, mit
wem hast du geredet?«
»Mit
niemandem. Ich weiß nicht. Jemand anderem. Ich muss gehen, es ist nass, Mann, ich
bin spät dran.« Ein Schauer durchfuhr ihn, sein Unterkiefer zitterte, und sein
Blick schweifte überall umher. »Ich bin spät dran, verdammt spät dran.«
»Ist alles
in Ordnung mit denen?« Denen: Strike konnte nicht mal >ihm< sagen,
geschweige denn >My Man<. Sein Pager schlug wieder an. »Wie bist du
verblieben?«
»Mach dir
keine Gedanken deswegen.« Victor glitt an Strike vorbei und fummelte mit seinen
Schlüsseln an der Fahrerseite herum. »Das ist nicht dein Spiel, das ist alles,
was du wissen musst.«
»Was hast
du ausgemacht, das ist alles, was ich wissen will.« Strike suchte nach den
richtigen Worten.
»Nicht
dein Spiel«, murmelte Victor wieder mit gesenktem Kopf und öffnete die
Wagentür.
»Bring
mich zur Weehawken zurück.« Strike zitterte, zog an der verschlossenen
Beifahrertür und versuchte, noch ein paar Minuten herauszuschinden.
Victor
warf Strike einen kurzen leeren Blick über das Wagendach zu und glitt dann
hinter das Steuer. Er ignorierte Strikes Hand an der verschlossenen Tür, fuhr
die Dumont hinunter und verschwand mit quietschenden Reifen auf dem JFK. Strike
stand da, zitternd, tropfnass, alles tat ihm weh, und er war sich sicher, dass
er krank werden würde. Er kannte die Anzeichen.
***
Samstagnachmittag
fuhr Rocco unter einem drohenden Himmel auf den Parkplatz des Staatsanwalts und
parkte neben einer drei Jahre alten schwarzen Corvette, die nur aus Motorhaube
bestand und wie eine Handfeuerwaffe mit langem Lauf aussah. Einen Augenblick
lang fragte er sich, ob der Wagen wohl dem Schauspieler gehörte, aber er war zu
dreckig. Drogenfahndung, entschied er mit einem leisen Anflug von Enttäuschung.
Rocco
fühlte sich entnervt und deprimiert, es verlangte ihn nach irgendeiner Art
Aufmunterung. Der Marathon letzte Nacht war schon schlimm genug gewesen, und
dann etwas früher am Morgen, bevor er endgültig zusammengeklappt war, hatte er
Erin und ihren Babysitter zur Kinderkrippe gefahren, und ganz gleich, wie sehr
er bettelte, schmeichelte und schmollte, er hatte es nicht fertiggebracht,
seine Tochter dazu zu bringen, auch nur auf Wiedersehen zu winken. Sie war
einfach aus dem Wagen gestiegen, als sei er ein Chauffeur, hatte die Hand der
Babysitterin genommen und war im Hauseingang verschwunden. Rocco war in einen
häufig unterbrochenen Schlaf versunken, fühlte sich angespannt und emotional
ausgehungert, und seine Stimmung hatte sich seit dem Aufwachen nicht gebessert.
Als Rocco
das Büro des Morddezernats betrat, sprach Vy leise ins Telefon und sog an einer
mit Lippenstift verschmierten Merit. »Ist er da?«
Vy legte eine
Hand über die Sprechmuschel und machte ein fragendes Gesicht.
»Du weißt
schon, wie
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