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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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einem Bowiemesser einen Schnitt bis an die Kupferstränge setzte,
sich das Kabel ums Handgelenk wickelte und wie in einem Ein-Mann-Tauziehen
kräftig daran riss, so dass bei jedem Zug die Gummischicht zurückglitt und ein
weiteres Stück des kostbaren Metalls entblößte.
    Eddie
Dolan trat zu dem Burschen. »Was gibt's, Mann.«
    Der Junkie
hörte auf, mit dem Kabel zu ringen, richtete sich auf und warf Dolan einen
Blick voller geduldiger Verärgerung zu.
    »Wie
geht's?« Dolan warf einen Blick auf das Bowiemesser.
    Der Kerl
sagte nichts und wartete auf eine wirkliche Frage.
    »Wo ist
Almighty?«
    »Warum
sollte ich's euch sagen?«
    »Deshalb.«
Dolan nahm ihm das Kabel aus der Hand, wickelte es um seine eigene übergroße
Faust und riss daran. Das Kabel gab kein bisschen nach, und Dolan bot es Rocco
an.
    Rocco zog
seine Sportjacke aus, tauschte sie gegen das Kabel und grub seine Absätze in
den Boden, dann steckte er alles, was er hatte, in einen heftigen Zug und
verstauchte sich den Rücken. Der Junkie starrte ihn keineswegs amüsiert an.
    »Du musst das
verdammte Ding ja nicht abziehen«, meinte Willy Harris, der andere Cop. »Wenn
du musst, geht's«
    »Also, wo ist
er?« Dolan reichte Rocco seine Jacke zurück.
    »Frag am
Tisch.« Der Junkie wies auf den Schuppen unter dem Baum. »Er ist hier irgendwo,
das weiß ich.«
    Unter dem
Baum, von der Straße aus nicht zu sehen, standen ein altmodisches Lehrerpult
und ein Stuhl, die irgendjemand aus dem Keller einer Highschool befreit hatte.
Die Möbel waren nie dafür bestimmt gewesen, im Freien benutzt zu werden, aber
die Eiche war unzerstörbar und die Tischoberfläche nur vom Vogeldreck angegriffen.
Die Schubladen, die einst mit Schulbüchern und Anwesenheitslisten gefüllt
gewesen waren, wurden nun dazu verwendet, gemeinschaftlich genutzte Werkzeuge
zu lagern, und Stuhl und Tisch standen entgegengesetzt auf dem felsigen
Untergrund.
    Der dürre
Bursche mit dem nackten Oberkörper am Tisch war anderweitig beschäftigt, Rocco
und die Streifenpolizisten standen zwei höfliche Schritte entfernt, und Rocco
gab ein Wimmern von sich, als der Kerl sich was zwischen die Knöchel seiner
linken Faust spritzte und dann die Nadel in einem mit Wasser gefüllten Marmeladenglas
auf dem Tisch versenkte. Er fuhr sich mit der Hand über den Mund, starrte in
Richtung Krankenhaus und sah teilnahmslos erstaunt drein, als ob er eine
Klasse unterrichtet hätte und nach einer plötzlichen Atomisierung von Schule,
Klassenzimmern und Schülern allein in der Mitte von nirgendwo übriggeblieben
wäre.
    Er
kippelte mit dem Stuhl und wandte sich zu den Cops, die hinter ihm standen. »Habt ihr noch nie was von
Privatsphäre gehört?«
    »Ich kann nichts daran ändern. Wenn ich die Nadel
reinstechen sehe, krieg ich 'n Steifen.« Dolan zog im Schritt an seiner Hose.
    »Nun, dann bist du echt pervers, Dolan«, sagte der
Junkie.
    »He ...« Rocco blinzelte ihn an. »He, ich kenn dich.«
    Der Kerl saß regungslos und mit schweren Lidern da.
    »Robert Johnson, richtig?«
    Der Kerl zwinkerte mit den Augen und schniefte.
    Rocco lächelte. »Bist du nicht gestorben?«
    »Irgendwer ist hier«, sagte der Junkie grinsend.
    »Ja, Robert Johnson, ich hab dich 1978 verhaftet, wie
du aus dem Dinardo-Schnapsladen gekommen bist, mit der Schrotflinte am Hosenbein.
Erkennst du mich nicht?«
    »Nein.«
    »Und, wie ist es dir ergangen?«, fragte Rocco ohne
jeden Sarkasmus.
    Johnson starrte auf den Acker hinaus. »Hab an meiner
Sonnenbräune gearbeitet.«
    »Ich hätte schwören können, du wärst vor zwei, drei
Jahren gestorben.«
    »Wo treibt sich Almighty rum?«, fragte Dolan.
    Johnson reckte sein Kinn zu dem gigantischen
Krankenhauskomplex jenseits des Ackers, dessen gotische Bogen in dem Zwielicht
so riesig waren, dass das Gebäude in der Luft zu schweben schien.
    Während sie über den Acker auf das Krankenhaus
zugingen, sah Rocco zu Dolan hinüber. »Hast du jemals >Krieg der Weiten<
gesehen? Wo keiner die Außerirdischen aufhalten kann und sie allen die Scheiße
aus dem Leib pusten? Erinnerst du dich dran, was sie schließlich umgebracht
hat?«
    »Der Virus?«
    »So ähnlich, ja, irgendeine Mikrobe, mit der sie nicht
fertig wurden. Und genauso ist das hier. Robert Johnson? Erinnerst du dich an
ihn, Willy? All die üblen Arschlöcher von vor zehn Jahren? Sind alle tot. Haben
sich alle selbst umgebracht. Denk an all die großen Namen, Robert Joy, Darryl
Grover, die Brüder Rodriguez, alle.« Rocco setzte sich eine

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