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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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kleiden,
unauffällig, aber sauber. Ein nettes, frisches Sweatshirt, gebügelte
ausgebleichte Jeans, Schuhe statt Sportlatschen, um anzudeuten, dass man nicht
der Typ sei, der jemals irgendwohin rennen müsse - Strikes ganze Bewährungshelfergarderobe:
sauber, billig, respektabel.
    Der Warteraum war durch Milchglastrennwände und ein
kugel sicheres Empfangsfenster von dem riesigen Raum mit den Vernehmungszimmern
getrennt. Ein halbes Dutzend nach Früchten riechende Deodorantstreifen klebten
an den Wänden, um den Körpergeruch zu mildern, und Strike wusste nicht, ob er
beleidigt oder dankbar sein sollte. Die Auflage, seinen Bewährungshelfer
aufzusuchen, beanspruchte nur fünfzehn Minuten im Monat, aber es war, als
ginge man zum Zahnarzt oder zur Wohnungsverwaltung, und die Besuche erfüllten
ihn mit einer unklaren Furcht, wie er sie seit Kindertagen nicht mehr gespürt
hatte.
    Strike saß
da und hielt sein Bargeld und sein reisepassgroßes Bewährungsbuch vor sich. Er
wünschte sich, er hätte ein Yoo-Hoo dabei, um seinen leeren Magen zu
beruhigen, aber er hatte Angst, dass es seinen Bewährungshelfer an seiner
Einstellung zweifeln lassen könnte, wenn er mit einer Flasche dasaß, selbst
wenn darin nur Yoo-Hoo war. Sie fanden immer eine Möglichkeit, einen büßen zu
lassen.
    Die Tür
vom äußeren Flur öffnete sich, und ein Typ vom IFK, den Strike vom Sehen
kannte, betrat den Wartebereich und setzte sich auf den anderen Plastikstuhl.
    »Was
geht?« Der Typ nickte Strike zu, wusste selber nicht genau, wer Strike war.
Strike dachte, dass der Kerl wie eine Reklametafel für Kleindealerei aussah:
schneeweiße hochschaftige British Knights, ein königsblauer FiLA -Trainingsanzug, der ihn um
zweihundert Dollar ärmer gemacht hatte, eine goldene Hundemarke um den Hals,
zwei Goldringe und ein Armkettchen mit Namensschild. Strike stellte sich vor,
wie der Typ zu seinem Bewährungshelfer sagte: >Tja, ich liefere immer noch
für Shoprite, den Supermarkt, aus, genau wie letzten Monat<. Vielleicht
hatte er die blinde Bewährungshelferin, die Dame mit den Augen, die grün und
blau geschlagen aussahen und die sich nur ein winziges Stück öffneten, die, die
keine Lampe auf ihrem Schreibtisch hatte, keine Poster an den Wänden, die,
deren Zimmer aussah, als sei ein Sturm hindurchgefegt. Strikes Magen
rebellierte allein schon bei dem Gedanken. Verdammt, lassen die einen büßen.
    Schließlich
wurde Strikes Name aufgerufen, und als er den Hauptflur zum Schreibtisch
seines Bewährungshelfers entlangging, kam er an zehn Vorgeladenen links und
rechts vorbei und nickte drei der Typen und einem Mädchen zu, die er kannte.
    Er setzte
sich auf den Stuhl gegenüber von Mr Lynchs Schreibtisch. Lynch, ein Ire mit
breitem Kiefer und welligem weißem Haar, das anfing, gelb zu werden, hatte die
Nase in irgendwelchem Papierkram stecken. Strike besah sich die Wände, und sein
Blick fiel auf ein Poster mit einem Skelett, das auf einem Baseball-Wurfmal
stand und gerade im Begriff war, eine Spritze zu werfen; auf seiner
Baseballmütze stand >Aids< und am Fuße des Bildes in roter Schrift >Lass
dich nicht von ihm auswerfen<. Das einzige andere Poster bestand aus einem
Gedicht mit dem Titel >Invictus<, das quer über das Bild eines Sonnenaufgangs
geschrieben war. Strike kam nun seit sechs Monaten in dieses Zimmer, hatte
stets dieses Gedicht angestarrt, es aber nie zu Ende gelesen. Ihm gefiel
einfach der Titel. Invictus.
    Lynch
räusperte sich, öffnete ein großes grünes Buch mit der Aufschrift Männer, fing
unvermittelt an zu reden, ohne auch nur zu Strike aufzusehen.
    »Du lebst
immer noch bei deiner Mutter?«
    »Ja,
hmm-hmm.« Er war gleich nach seinem ersten Termin beim Bewährungshelfer
ausgezogen, am darauffolgenden Tag eigentlich, aber er wollte nicht, dass Lynch
wusste, dass er genug Geld für eine eigene Wohnung hatte.
    »Dieselbe
Adresse?« Lynchs Stimme klang gedankenverloren und automatisch.
    »Hmm-hmm.«
    »Dieselbe
Arbeit?«
    »>Ro-Rodney's
Place<.« Obwohl er das Stottern hätte kontrollieren können, ließ er es hier
einfach schleifen, wollte ein wenig bedauernswert erscheinen.
    »Immer
noch ...« Lynch linste in seine Akten, »Nachtmanager?«
    »Hmm-hmm.
Ja.«
    »Und, wie
geht's?« Lynch sah nicht auf. »O-okay.«
    »Keine
weiteren Verhaftungen, Verfahren, Drogenmissbrauch, Probleme?«
    »Ich bin
cl-clean.« Strike hatte nie zuvor Drogen genommen, hatte es nur gesagt, als er
verhaftet worden war, damit er sich zu >Second Wind<, der

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