Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
Vom Netzwerk:
der noch das Eis klebte.
Rocco erinnerte sich nicht einmal daran, die letzte getrunken zu haben.
    »War er aufgeregt? Wütend?« Rocco ließ seinen Blick
über die Gesichter schweifen, die in seine Richtung blickten. Ein oder zwei
Leute zuckten mit den Schultern. »War er irgendwie verändert«, sagte er wieder
an den Wachmann gerichtet, »nachdem er mit diesem anderen Typ gesprochen
hatte?«
    »Ich erinnere mich wirklich nicht. Ich glaube, dass sie
miteinander gesprochen haben, aber beschwören kann ich's nicht.«
    »Und als er nach hinten ging, bevor der Barkeeper ihn
hier wegen dem Fernseher gefragt hat, was hat er da gemacht, seine Dienstkleidung
gewechselt?«
    »Nein, die Klamotten hat er schon vorher gewechselt.«
Der Wachmann winkte zur Tür hinüber. »Ich glaube, er war am Telefon.«
    »Also telefonierte er?«
    »Ich bin nicht sicher. Ich glaube ...«
    »Haben Sie irgendeine Idee, wen er angerufen haben
könnte?«
    »Mmh-mmh, ich weiß nicht. Vielleicht war er nur auf dem
Klo, vielleicht hab ich mich getäuscht, dass ich ihn am Telefon gesehen habe.«
    Rocco nickte und dachte, dass er daran denken musste,
eine Anrufliste der von dem Telefon aus gewählten Nummern zu beantragen.
»Also, ich will Sie mal was fragen. Hatte er die Angewohnheit, von hier zu
telefonieren?«
    »Eigentlich nicht. Ich kann nicht mal sagen, ob ich ihn
jemals telefonieren gesehen hab. Oder dass er mit irgendwem an der Bar
gesprochen hat.«
    »Er redet eben mit keinem«, sagte eine vollbusige fette
Lady, während sie sich eine Newport anzündete.
    »Okay«, sagte Rocco sanft. »Gibt es noch irgendwas
anderes, das Sie mir über diesen Typen erzählen können, ganz allgemein?«
    »Er kritzelt auf die Cocktailservietten.« Der Barkeeper
wischte vor Roccos Bier über den Tresen.
    »Ach ja?«
    »Nach dem ersten Glas fängt er immer an, auf seiner
Serviette rumzukritzeln.«
    »Haben Sie jemals gesehen, was er schreibt?«
    »Ja. Er schreibt Teams auf.«
    »Basketball, Baseball?«, sagte Rocco.
    »Nein, so selbsterfundene Teams, einmal hab ich ihn zum
Beispiel was von New York Destroyers und Texas Tornados schreiben gesehen, 'ne
ganze Liste. Ich kannte keine von den Mannschaften, und als ich ihn danach
gefragt hab, hat er gesagt, das wären Rundumball-Teams. Er sagte, das sei ein
Spiel, das er erfunden habe, und er spiele nur so mit Mannschaftsnamen herum,
für den Fall, dass er mal alles organisieren müsste. Ich hab ihn gefragt, was
das denn für ein Spiel war, aber er sagte, es stünde ihm nicht frei, darüber zu
reden, so als ob er immer noch ein paar Regeln austüfteln würde. Ja, er saß
immer hier und kritzelte Teamnamen auf seine Serviette.« Der Barkeeper zuckte
entschuldigend mit den Schultern. »Rundumball.«
    »Rundumball«, wiederholte der Wachmann voller Abscheu,
als würde es ihn frustrieren, nichts mehr hinzufügen zu können.
    »Hat er sonst noch was aufgeschrieben?«, fragte Rocco
den Barkeeper.
    »Nur Teamnamen, ständig andere.«
    »Keine richtigen Namen? Namen von Personen?«
    Der Barkeeper zuckte mit den Schultern.
    »Und Sie können sich nicht daran erinnern, wann er an
jenem Abend ging, nicht mal ungefähr?«
    »Mmh-mmh.«
    Rocco wandte sich an den Wachmann, der hilflos mit den
Schultern zuckte.
    »Also, Sie wissen nicht, ob es vor oder nach dem
Zwischenfall da drüben war?«
    Der Barkeeper schüttelte den Kopf. »Mann, der ist wie
ein Windhauch hereingeschneit und wieder verschwunden. Scheiße, wie lange
kommt er schon hierher? Vielleicht sechs Monate, und ich kenn nicht mal seinen
Namen.«
     
    Sie ließen schweigend die Bar hinter sich, und Rocco
schwirrte noch ein wenig der Kopf von der Verwechslung der Fotografien. Junge,
Junge, in dem Moment war es ihm durch Mark und Bein gefahren.
    Victor: Rocco stellte sich vor, wie der Junge jeden
Abend vom >Hambone's< in die Bar gekommen war, immer noch in Dienstkleidung,
und erst ein paar harte Drinks runterstürzen musste, bevor er wieder so weit
beisammen war, in seine Straßenkleidung zu schlüpfen. Wenn er ein wenig
warmgelaufen war, begann er vor sich hin zu träumen, sah sich selbst als
Erfinder oder Sportorganisator. Und dann ging er mit seinem leichten Rausch
heim, träumte seine Träume, fiel in Schlaf, stand am nächsten Tag auf,
schleppte sich wieder durch die ganze Scheiße, landete am kommenden Abend
wieder vor dieser feuchten Cocktailserviette, dieselbe Zeit, dasselbe Programm.
    »Dieser Bursche ist ein verdammter Irrer.« Mazilli
kaute am Daumengelenk.

Weitere Kostenlose Bücher