Price, Richard
Ironie
dabei ist, ich eröffnete den Gottesdienst mit einer Rede über den Jungen, der
getötet worden war, diesen Adams.«
»Ja? Was sagten Sie, erinnern Sie sich daran?«
»Nun, er war gerade an diesem Wochenende ermordet
worden, also fragte ich die Leute: >Glaubt ihr, der Junge hat gewusst, dass
Freitag der letzte Tag seines Lebens sein würde?< Wahrscheinlich fühlte er
sich so wie immer: jung, stark, gesund. Aber man kann nie wissen, wann es zu
spät ist. Man kann nie wissen, also seid bereit, denn die Nacht kommt, die
Nacht kommt für uns alle ...«
Er ertappte sich selbst dabei, wie er in den
Kanzelrhythmus verfiel, und lächelte Rocco an.
»Sehen Sie, vielleicht sind Sie nicht in dieser
Situation, aber vielleicht kommen Sie in eine solche Situation.«
Rocco nickte. »Wie hat er darauf reagiert?«
»Ich weiß nicht, aber später, nun, in der Predigt ging
es an diesem Tag um Kaleb.«
Der Reverend sah Rocco prüfend an, und Rocco nickte in
der Hoffnung, dass seine Unwissenheit nicht allzu offensichtlich war.
»Sehen Sie, Kaleb war einer der Kundschafter Moses',
die nach Kanaan zogen, um das Gelobte Land zu erkunden. Im ersten Jahr in der
Wüste kamen sie nach Kanaan, und Moses sandte zwölf Kundschafter, und zehn von
ihnen kehrten zurück, sagten, vergesst es, wir können das Land nicht erobern.
Sie hatten riesige Weintrauben mitgebracht, Trauben, so groß, dass sie von
zwei Mann auf einem Stecken getragen werden mussten, und sie sprachen von den
Völkern, die dort lebten«, der Reverend zählte sie an den Fingern ab, »von den
Amalekitern, den Hethitern, den Jebusitern, den Kanaanitern, den Amoritern und
den Enakitern, und die Enakiter waren Riesen von dreieinhalb, vier Metern
Größe. Und zehn der zwölf Kundschafter traten vor und sprachen«, und der
Reverend richtete sich für das Zitat auf: »Wir kamen uns selbst klein wie
Heuschrecken vor, und auch ihnen erschienen wir so.«
Rocco rutschte auf seinem Stuhl hin und her; biblische
Geschichten machten ihn nervös.
»Zehn von zwölfen traten vor und sprachen: >Wir
vermögen nicht, hinaufzuziehen gegen das Volk<, kamen und sprachen: >Das
Land, dadurch wir gegangen sind, es zu erkunden, frisst seine Einwohner<,
aber die übrigen zwei Kundschafter, Josua und Kaleb, fegten den Unsinn vom Tisch, und
Kaleb sprach: >Lasst uns hinaufziehen und das Land einnehmen, denn wir
können es überwältigen<, weil Kaleb an seinem Glauben an Gottes Versprechen
festhielt, dass er sie nicht nur aus Ägypten führen, sondern ihnen auch das
Gelobte Land zuteilwerden lassen würde. Sehen Sie, Erwählung und Hinfuhrung.«
Der Reverend blinzelte Rocco an und fuhr dann fort.
»Nun, die Kinder Israels kehrten Kanaan den Rücken. Sie ignorierten Kaleb und
zweifelten an Gott. Sie wollten sogar nach Ägypten zurückkehren, und Gott war
darüber sehr erzürnt, über diese zehn anderen Kundschafter, die glaubten, dass
Kanaan nicht erobert werden könnte, dass er sie für vierzig weitere Jahre in
die Wüste schickte. Gott sprach: >Eure Leiber sollen aufgerieben werden in
der Wüste<, aber er verschonte Kaleb und sprach: >Darum, dass ein anderer
Geist mit ihm ist und er mir treulich nachgefolgt ist, den will ich in das Land
bringen, darein er gekommen ist, und sein Same soll es einnehmen.< Und als
Josua das Land eroberte, wie Gott versprochen hatte, war der seinem Glauben
treu gebliebene Kaleb fünfundachtzig Jahre alt, und als Josuas Krieger das
eroberte Land aufteilten, wandten sie sich an Kaleb und fragten ihn: >Alter
Mann, was willst du, ein gutes, fruchtbares Tal?< Kaleb sprach: >Gebt mir
jenes Gebirge dort, Hebron<, und all die Jungen wandten sich an ihn und
sprachen: >Warum willst du dieses Gebirge, da hast du nur Schwierigkeiten,
da gibt es immer noch kämpfende Amalekiter und Enakiter, da gibt es Riesen.
Warum nimmst du dir nicht ein nettes, fruchtbares Stück Land, alter Mann, du
hast es dir verdient.< Doch Kaleb wollte nichts anderes als dieses Gebirge,
er wollte die Gegend befrieden. Sehen Sie, so alt Kaleb auch war, er war immer
noch bereit zu kämpfen, die Ärmel hochzukrempeln und Gottes Werk zu
vollbringen, genau wie er es vierzig Jahre zuvor gewesen war. >Wir kamen uns
selbst klein wie Heuschrecken vor, und auch ihnen erschienen wir so ...<«
Der Reverend legte eine Kunstpause ein und sah Rocco
an. »Und dann erzähle ich meiner Gemeinde von Kalebs Hingabe, seiner ungebrochenen
Bereitschaft, mit den Riesen zu kämpfen, ein fünfundachtzigjähriger Bürger, und
ich
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