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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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Leihwagen-Nummernschildern.
In dem Wagen war niemand, doch Strike sah drei Latinos, die auf der Steinmauer
saßen und einer spanischen Radiostation aus einem Ghettoblaster lauschten.
    »Lass das
Geld im Wagen.« Rodney stieg stöhnend aus dem Lieferwagen. Strike tat wie
geheißen, glitt dann auf den Gehsteig hinaus und kam sich nervös und
ungeschützt vor. Strike wusste nicht, was geschah, und hätte sich besser
gefühlt, wenn sich alles hinter verschlossenen Türen abgespielt hätte.
    Die
Latinos glitten von der Mauer, und der Größte von ihnen schüttelte Rodney die
Hand, während Rodney ihn mit »Papi, mein Mann, Papi« begrüßte. Keiner sah zu
Strike hinüber, weder Papi noch die beiden anderen, die trotz des warmen
Wetters Jacken trugen, um ihre Waffen zu verbergen.
    »Wo bist
du gewesen, Bruder? Ich hab dich dreimal angepiepst, Mann!« Papi kicherte und
tanzte nervös von einem Fuß auf den anderen, als hätte er Druck auf der Blase.
Er war riesig, einen Meter neunzig, hundertzehn Kilo, und trug ein
orangefarbenes Milwaukee-Brewers-T-Shirt über ausgebeulten, khakifarbenen
Hosen. »Ich dachte schon, mein Mann Rodney hat sich um ein paar große Geschäfte
zu kümmern. Ist dein Pager im Eimer, Mann? Ich dachte, du hättest die Nummer
nicht erkannt, weil ich doch von einem Münztelefon angerufen habe.«
    »Doch, ich
wusste, dass du es bist.« Rodneys Stimme war ein hoher Singsang. »Jedes Mal,
wenn ich die Nummer nicht kenne, die bei mir reinkommt, weiß ich, dass es Papi
ist.«
    Papi brach
wieder in Kichern aus und warf seinen Kopf zurück wie ein Pferd. »Rodney,
verdammter Rodney, Mann.«
    In den
Schatten jenseits der Parkmauer sah Strike Grabsteine und Granitengel. Er
schaute wieder auf den Wagen der Latinos, und die New Yorker Nummernschilder
ließen seinen Magen rumoren: Rodney ließ sich da vielleicht auf etwas ein, das
weit außerhalb seiner Grenzen lag.
    »Weil, wir
warten hier schon bald 'ne Stunde«, sagte Papi und drängelte. »Ich hab verdammt
nochmal Leute in der Warteschleife wie Flugzeuge, klar? Also, was ist los, hast
du nichts gehört, als die Nummer reinkam?« Papi lächelte und wartete auf eine
Erklärung.
    Strike
bemerkte, dass einer der Latinos ihn musterte. Es handelte sich um einen
schlanken, babygesichtigen Teenager. Die schwarze Mütze, die er sich über die
Haare gezogen hatte, ließ seine schwarzen Augen riesig erscheinen. Der Typ sah
weg und spuckte eine Rotzperle über die Mauer auf den Friedhof.
    Rodney
versuchte, Papi zu beschwichtigen. »Nein, Mann, ich hab's gehört. Ich hab's
jedes Mal gehört. Wie du gesagt hast, ich musste mich ums Geschäft kümmern.«
    Papi
lächelte, sah Rodney einen Herzschlag lang verträumt an, als fragte er sich,
was er davon halten sollte. Dann griff er plötzlich hinter sich, und durch
Strikes Magen schoss ein glühender Strom: Waffe.
    Doch Papi
zog nur einen Pager hervor. Er drückte auf einen Knopf, und das Gerät begann zu
vibrieren. Papi streckte es auf seiner Handfläche Rodney entgegen.
    Rodney
nahm den Pager, drehte ihn hin und her.
    »Verdammt,
Mann, was 'n das für 'n Scheiß?«
    Strike
sah, wie der schwarzäugige Schläger um den Lieferwagen herumging und hinter ihm
verschwand.
    »Manchmal
kann man dieses Pagergeräusch nicht mehr hören, dieses Biep-biep, oder?« Papi
strahlte.
    »Verdammt,
wenn ich das 'ner Perle in die Pussy einführe? Dann kriegt die 'ne Nachricht
und kommt gleichzeitig, das ist vielleicht 'n Ding.«
    Der Junge
schloss sich wieder der Gruppe an und verbarg etwas zwischen den Rippen und
Ellbogen unter der Jacke, das nicht zu erkennen war. Papi brüllte über Rodneys
Bemerkung, stolperte, als hätte man ihm in den Bauch geschossen, brach fast in
Tränen aus, und die anderen taten so, als ob sie kein Englisch verstünden.
Rodney reichte Strike den vibrierenden Pager. Strike machte einen schnellen
Versuch, so auszusehen, als sei er wirklich fasziniert, wusste dann aber nicht,
an wen er das Ding weiterreichen sollte. Es hatte einen kräftigen, beharrlichen
Pulsschlag, der es lebendig wirken ließ.
    Plötzlich
wurden die beiden anderen Knaben unerwartet aufmerksam, drehten sich
gleichzeitig um und beugten sich zurück, um den dunklen Seitenstreifen entlang
eine einsame Gestalt zu beobachten, die etwa neunzig Meter entfernt aus dem
Schatten auftauchte und auf die Gruppe zukam. Papi bemerkte ihn ebenfalls, und
sein Lachen versickerte in fetten Seufzern. Rodney zwinkerte Strike zu, Strike
dachte, >so eine Scheiße, was jetzt<,

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