Price, Richard
Sie die Hintergrundgeschichte zu der Sache wissen?«
Hintergrundgeschichte: Himmelherrgott, der Typ sollte ihm zuhören.
Touhey
machte eine vage Geste und sah Rocco mit erwartungsvoll geöffnetem Mund an.
»War vor
etwa einem Monat. Ein gewisser Frank Henderson, dem ein Haus auf der Dover
Street gehörte, hatte gerade bei seinem Hausverwalter die Mieteinnahmen
kassiert, und als er sich wieder auf den Weg nach Hause machte, fuhr er ein
vierjähriges puertoricanisches Kind an, das einem Ball hinterherlief.« Rocco
sah Touhey ins Gesicht, geschmeichelt, dass es dem seinen so nah war, dieses
riesige Leinwandgesicht in diesem heruntergekommenen Flur.
»Die Leute
auf der Straße flippten völlig aus. Sie hielten seinen Wagen an, zerrten ihn
raus, diese beiden Arschlöcher kamen herbei, der eine schnappte ihn sich, der
andere ...« Rocco tippte sanft mit einer Fingerspitze an Touheys blondes Haar,
flüsterte »bäng« und sah, wie er zusammenzuckte. »Gemeinschaftsaktion.«
»O Gott«,
wimmerte Touhey fasziniert.
»Die
Schützen haben wir, aber alle sagen, dass das der Bursche ist, der die Waffe
besorgt und sie hinterher wieder versteckt hat.«
»Wie
nennen Sie so was?«
Rocco zögerte,
verstand die Frage nicht.
»Ist er
Komplize?«
»Es ist
seine Waffe, er hat sie beschafft. Er ist ein verdammter Mörder.«
»Hat der
Typ versucht wegzufahren, nachdem er das Kind angefahren hatte?«
»Das wird
zumindest behauptet - er hatte wahrscheinlich eine Heidenangst. Weiße fahren in
farbigen Gegenden zu schnell. Sie wollen da raus, verstehen Sie?«
»Wenn er
versucht hat wegzufahren, dann hat er gekriegt, was er verdient hat.«
Rocco
spürte, wie ihm das Herz vor Enttäuschung brach: noch so ein Hohlkopf. Aber er
zuckte nur mit den Schultern und behielt seinen freundlichen Ton bei. »Ja,
nun, das Kind hatte nur ein gebrochenes Bein.«
Als er
sich erhob, hörte Rocco ein lautes Knacken in seinem Knie. »Noch was. Der Typ
hatte einen Geldgürtel um, und als wir dort ankamen, war er leer. Verstehen
Sie, was ich meine?«
»Nein, was
meinen Sie?« Der Schauspieler klang plötzlich sauer, herausfordernd, und
siedendheiß kam es über Rocco, dass der Typ ihn jetzt wahrscheinlich für einen
Nazi hielt.
»Wollen
Sie die Akte sehen? Wir haben ein paar gute Fotos.«
»Fotos?«
Der Schauspieler reckte den Kopf, und brennende Neugier stieg ihm in die
Augen.
Rocco ging
den Flur entlang zu dem Büro mit den zwölf Schreibtischen, das, abgesehen von
Rockets Cronin, einem der Kriminalbeamten der Nachtschicht, und einem
silberhaarigen Puerto-Ricaner mittleren Alters in kurzer Hose, schwarzen Socken
und weißen Sportschuhen, leer war. Der Puerto-Ricaner hatte einen ziemlichen
Bauch unter einem roten Pullunder, und Rocco meinte, einen Anflug von Scotch
riechen zu können.
Rocco
ignorierte Rockets, der an seinem Eckschreibtisch saß und sich durch die fünf
Zeitungen arbeitete, die er während jeder Acht-Stunden-Schicht von vorn bis
hinten durchlas. Rocco wandte sich lächelnd an den Puerto-Ricaner. »Was gibt's
denn?«
Der Mann
nickte ernst und deutete auf den Gang hinaus. »Mein Sohn.«
»Ach ja?«
»Ich hab
ihn hergebracht. Detective Mazilli ist zu mir in meinen Laden gekommen, wo denn
der Junge ist. Okay, kein Problem. Okay? Kein Problem.« Er wischte die Vision
seines Sohnes mit beiden Händen fort.
»Gut, gut,
das war das Beste, was Sie für ihn tun konnten«, sagte Rocco und dachte: >abgesehen
davon, ihm zur Flucht zu verhelfen<. Rocco nahm an, dass bei dem Typ wohl
Bolida gespielt wurde, so eine Art puertoricanisches Lotto, und Mazilli hatte
wahrscheinlich den ganzen Tag in seiner Bodega gesessen und das Spiel unterbunden,
bis der Typ den Burschen ausspuckte.
Mazilli
war in geschlossenen Räumen nicht besonders gut, aber auf den Straßen war er
auf eine Weise herausragend, die Rocco nie interessiert hatte. Mazilli hatte im
übelsten Block in den Heights einen Schnapsladen; er verstand sich mit der
Bevölkerung, spielte den Mittelsmann zwischen seinen Kunden und dem Büro des
Sheriffs, hielt die Leute aus dem Knast und hatte mehr Informationen in der
Hinterhand als jeder andere Cop.
»Das
Beste«, wiederholte Rocco. »Stimmt's, Rockets?«
»Was?«
Rockets, ein totaler Penner in Roccos Augen, aber mit genügend politischen
Verbindungen, um beim Morddezernat zu arbeiten und eine Waffe am Fußgelenk zu
tragen, blinzelte ihn an.
Rocco zog
die Henderson-Akte aus einer Reihe grüner Metallaktenschränke und machte sich
auf den
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