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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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aus der Küche auf und schlüpfte in die Toilette. Strike
sah, dass der weiße Typ die Spiegelung von Darryls Bewegungen heimlich in der
Fensterscheibe beobachtete.
    Achterpack:
Es gab kein >Achterpack< auf der Speisekarte. Ein achtel Kilo meinte er wahrscheinlich.
So müsste es sein, überlegte Strike, weil ein Achter - gerade mal dreieinhalb
Gramm - nicht das Risiko wert war, an einem derart publikumsträchtigen Ort
verkauft zu werden. Angesichts der Tatsache, dass Darryl in zehn Sekunden drin
und wieder draußen war, nahm Strike an, dass sie die Toilette für die Übergabe
Stoff gegen Geld benutzten. Strike beobachtete ihn genauer, fasziniert von der
Vitalität jeder seiner Gesten, der Absolutheit seiner Existenz. Während er die
Silhouette hinter dem Küchenglas verfolgte, redete Strike sich ein, dass
Darryls schlagendes Herz eine Bedrohung seines eigenen Wohlergehens, seiner
Zukunft und seiner Männlichkeit war. Strike versuchte, sich in die
erforderliche Wut hineinzusteigern, rief aber nur einen Schwindel in seinen
Gedärmen hervor: Darryl war so real.
    Der weiße
Typ betrat die Toilette ebenfalls für einen Zehn-Sekunden-Aufenthalt, rein und
raus, schnappte sich auf dem Weg zum Parkplatz seine Fritten, stieg in einen
LeMans mit Pennsylvania-Nummernschild und verschwand hinaus auf den IFK.
    Was sollte
er tun?
    »He,
Strike.«
    Strike
fuhr zusammen, drehte sich um und sah sich diesem vierzehnjährigen Mädchen
gegenüber, Shanette, Sharette, Babyspeck, diejenige, die alles dafür hergeben
würde, ihr Leben durch die Pfeife zu ziehen. Sie versuchte immer noch dasselbe
Spielchen, zeigte ihm immer noch das hungrige, fröhliche Gesicht, diesen
Schimmer benetzter Lippen.
    »Was
machst du denn hier?«, sagte sie und besah sich seine Kleidung. Sie musterte
ihn von oben bis unten, von der Kapuze zu den Turnschuhen. »Du wirst dich ganz
dreckig machen.«
    Strike
wandte ihr den Rücken zu und floh, rannte praktisch zum Accord. Er fuhr mit
heruntergekurbelten Scheiben, so als sei ihm die Luft aus dem >Ahab's<
wie eine Art Höllenhauch bis in den Wagen gefolgt.
    Doch
sobald er sich aus dem siedend heißen Gestank aus Fett und Furcht und von
Darryl Adams gelöst hatte, bemerkte er, dass er wieder eine Art Vorsatz
fasste. Es war eine Schnapsidee, direkt in dem Restaurant irgendwas reißen zu
können. Das würde nur die Aufmerksamkeit auf Darryls Job lenken und die Bullen
auf falsche Gedanken bringen. Aber trotzdem, wie sollte es ablaufen?
    Darryl
wohnte in einem schäbigen Motel drüben in Tunnely, in dem wegen seiner Nähe zum
Lincoln-Tunnel stets eine Menge Betrieb war. Tag und Nacht fuhren an der
Hinterseite des >Royal Motel< Leute auf der Suche nach Stoff oder Sex
vor; ein Ort der Heimlichkeiten und der schnellen Reflexe. Schießereien,
Messerstechereien, Überfälle - die Polizisten von Tunnely verbrachten derart
viel Zeit im Royal, dass das Management einmal darüber gewitzelt hatte, den
Streifenwagen einen markierten Parkplatz zu reservieren.
    Strike
fuhr auf der 1-9 in Richtung Tunnely und fragte sich, warum Darryl dort wohnte,
bis ihm einfiel, dass auch Darryl nicht so gut mit seiner Mutter ausgekommen
war; Strike nahm an, dass er nach einem Streit mitten in der Nacht ausgezogen
war. Und wo verbrachte man die Nacht, wenn es Zoff gegeben hatte? In einem
Motel. Darryl war wahrscheinlich einem Impuls folgend eingezogen, und das Ganze
hatte damit geendet, dass er blieb. Wenn man auf sich selbst gestellt war, war
ein Zimmer einer ganzen Wohnung durchaus vorzuziehen, und manchmal hatte Strike
das Gefühl, als sollte er sein eigenes Apartment aufgeben und sich nur irgendwo
ein nettes, möbliertes Zimmer nehmen.
    Strike
fuhr zur Rückseite des >Royal< und hielt unter der langen Galerie des
ersten Stocks. Eine Gruppe von Dauerbewohnern kauerte über der Reling und
schaute zu, wie die New Yorker Wagen mit der abrupten Regelmäßigkeit von
Supermarktkunden an- und abfuhren.
    Strike
stellte den Motor aus, saß da und wartete darauf, dass Darryls Schicht endete.
Aber was, wenn er nach der Arbeit ausging? Was, wenn er mit einem Mädchen
heimkam? Was, wenn ... Strike dachte an Rodney, der auf die Nachricht lauerte,
der darauf wartete, über seinen Mut zu befinden: Dies ist mein Sohn.
    Dann fiel
Strike ein, dass er irgendwo gehört hatte, dass Darryls Mutter zurück nach
Georgia gezogen war. Irgendjemand hatte ihm das erzählt; ihm fiel nur nicht
ein, wer. Strike begann, über seine eigene Mutter nachzudenken, darüber, dass
sie ihm

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