Price, Richard
Jungen, von Booker T. Nannte sich >Sag die Wahrheit<.«
»Und was
willst du machen? Die Datei checken?«
»Tut
keinem weh. He, vielleicht ist das ein Zeuge.«
Rocco nahm
das Foto von Erin aus der Tasche und schrieb >One Love< auf die
Rückseite.
»Ich hol
mal Rockets her, der soll hier mal 'ne Probe abkratzen, ein Foto machen.« Als
er sich erhob, warf Rocco einen Blick über den Boden: Kaffeebecher,
Schokoriegelpapier, Zigarettenkippen, eine Koksphiole. »Wir sollten all diesen
Scheiß eintüten, richtig?«
Sie
tauschten zögernde Blicke aus.
»Was
sonst? Wir überprüfen alles«, Rocco wirbelte mit einem Finger herum, um damit
alle Orte in Seh- und Hörweite anzudeuten, »holen die beschissenen Angestellten
wieder hierher, die Familie, ich hab diese verdammte besoffene Zeugin ... was
sonst?« Rocco seufzte und schätzte die Gegend ein. »Wir reden hier vom
Frühstück - wer kommt zur Nachtschicht?«
»Brown und
Honey.«
»Besser
als nichts.«
»He, Roc.«
Mazilli hockte immer noch auf einem Knie und stützte sich mit dem Ellbogen auf
dem Oberschenkel ab.
»Was?«
Rocco wartete, ihm gefiel Mazillis Ton nicht.
Mazillis
Blick schweifte von >One Love< zum Boden und wieder zu Rocco. »Sorg
dafür, dass dieses Arschloch wegkommt.«
»Welches?«
Mazilli
blies ungeduldig einen Luftstrom aus und fixierte Rocco mit humorlosem Blick.
Rocco
grinste. »He, Maz. Mach bloß nicht mit meinem Goldesel rum.« Rocco wurde rot,
kaum dass er das gesagt hatte. Es war ihm einfach herausgerutscht, und er wusste
nicht mal, was er damit meinte.
Mazilli
starrte ihn an und spuckte einen Essensrest zwischen dünnen Lippen aus. »Dein
verdammter Goldesel. Wenn du einen Goldesel suchst,
dann halt dich an mich. Ich hab's dir gesagt.«
»Was, an
dich und deinen Schnapsladen? Machst du Witze? Ich hab zwanzig Jahre meines
Lebens bis zum Hals in dieser Scheiße verbracht, glaubst du, ich will die
nächsten zwanzig Jahre damit verbringen, Schecks vom Sozialamt gegen
Flachmänner Marke Brummschädel zu tauschen?« Dann, als er sich Sorgen machte,
zu weit gegangen zu sein, legte er ein leises Flehen in seine Stimme. »Komm
schon, Maz ...«
Mazilli
starrte ihn weiter an und warf ihm einen bösen Blick zu. Rocco zwang sich, den
Mund zu halten und Mazillis Schweigen durchzustehen.
»Schaff
ihn einfach nur weg.«
Als Rocco
um die Ecke kam, sah er, dass Touhey an der Wand lehnte und die Arme um sich
geschlungen hatte. Die Leiche war im Heck des Krankenwagens verschwunden, und
nur ein paar Schnörkel aus Blut und Roccos verkratzter Koffer wiesen darauf
hin, dass sie überhaupt jemals da gewesen war.
Während
Rocco Touhey zurück über den Parkplatz führte, schien eine ganze Parade in die
andere Richtung unterwegs zu sein: der Krankenwagen des Rettungsdienstes mit
Dachleiste voller Suchscheinwerfer, die beiden Beamten der Mordkommission, die
ihre Nachtschicht antraten, und Vince Kelso, der den Restaurantmanager
begleitete, dem die Ränder seines Schlafanzugs unter den Hosenbeinen
hervorlugten. Er hatte einen Aktenkoffer dabei und sah in Roccos Augen
stocksauer aus.
Als Rocco
sich wieder dem Absperrband am Gehsteig näherte, entdeckte er, dass der Junge
mit der hohen orangefarbenen Frisur immer noch mit seinen beiden Kumpeln dort
herumhing.
»Ich
wollte euch Jungs 'n paar Golden Mobies rausbringen, aber die haben die
Fritteusen abgeschaltet da drin.«
Der Junge
winkte ab. »Ich ess nichts von dem frittierten Scheiß. Mein Körper ist mir
heilig.«
Rocco
verspürte einen flüchtigen Anfall von Neid auf die Jugend des Burschen, auf
seine Leichtfüßigkeit, und fragte sich dann abwesend, wie es sich wohl
anfühlen würde, wenn er diesem merkwürdig frisierten Strategen eine
gummibehandschuhte Kopfhautmassage verpassen würde.
Ein
älterer Junkie in einem >Runnin'-Rebels'<-T-Shirt kam herbeigetrottet,
torkelte beinahe in die drei Burschen und betrachtete Rocco aus
hervorquellenden Augen.
»Was für
'ne Waffe haben Sie?« Seine Stimme überschlug sich, seine Zunge fuhr über seine
Lippen, sein Kopf ruckte hin und her wie bei einem Truthahn, rechts, links,
rechts. Rocco versuchte zu schätzen, wie lange der Typ schon auf der Straße
war. Er hatte immer noch ein paar gute Knastmuskeln an sich, also musste er
wohl gerade entlassen worden sein; wenn sie dann an der Pfeife hingen,
zerschmolzen die Gewichtheber in wenigen Wochen wie Eis in der Sonne.
»Eine
Zwei-Inch-Stupsnase, Kaliber 38«, sagte Rocco freundlich.
Der Typ
drehte sich
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