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Price, Richard

Price, Richard

Titel: Price, Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clockers
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eingeschlagene Rolle Maßband heraus. Er bestimmte
den Lageort der Leiche und der Hülsen durch Dreiecksberechnung und brachte den
Schauspieler dazu, die Entfernungen bis zur Ecke des Gebäudes und zum
Telefonmast abzulesen. Touhey rief die Angaben herüber, als rezitiere er Namen
vom Denkmal für die Gefallenen des Vietnamkriegs.
    Nachdem er
die Hülsen eingetütet hatte, ging Rocco zu dem Koffer zurück und nahm sich
diesmal ein Paar knallgelber Gummihandschuhe. Die anderen Polizisten kamen
herangeschlendert und warteten auf die Zugabe.
    Rocco
federte auf seinen Oberschenkeln über der Leiche, wiegte deren Kopf am Kinn
sanft hin und her und hob dann das verbeulte Lion-of-Judah-Medaillon hoch, das
oben neben dem Ohr des Jungen lag und immer noch an einer Kette um seinen Hals
hing.
    »Sean,
richten Sie mal die Lampe hierher. Sehen Sie.«
    Rocco wies
auf das Medaillon und fuhr dann mit seinem kleinen Finger eine Spur entlang.
Eine Kugel war von dem Löwenkopf abgeglitten, direkt in die weiche Unterseite
der Kehle gefahren und glatt durch den Schädel gedrungen; ein rosafarbenes Blümchen
aus Hirnmasse, das oben aus dem Kopf lugte, zeigte, bis wohin sie gekommen
war.
    »Ein
verdammter Schuss, mmh?« Rocco lächelte blind in den Strahlenkranz der
Stablampe.
    »Ein
Glück, dass er dieses Medaillon umhatte«, lachte jemand. »Der Junge hat Köpfchen.«
    »Ich glaub
ja immer noch, das liegt an dem Essen hier.«
    »Was zum
Teufel isst du denn, Rocco, Hundekuchen?«
    Die
Stimmen, die zu ihm drangen, hatten keine Gesichter. Dann hörte er Touheys
Stimme. »Ich bin okay, ich bin okay.« Sie klang heiser, und Rocco stutzte über
diese lächerliche Ichbezogenheit. Er zuckte mit den Schultern und machte sich
wieder an die Arbeit. Rocco entdeckte ein Einschussloch ein paar Zentimeter
unterhalb der Stelle, wo das Medaillon gewesen wäre, wenn der Junge gestanden
hätte, zog die Jacke hoch, um einen kurzen Blick auf eine saubere, nahezu
blutfreie Wunde zu werfen, wie ein kleiner purpurner Striemen direkt auf dem
Scheitelpunkt des Solarplexus. »Das ist die zweite«, verkündete Rocco. Er
untersuchte die Hände des Jungen und entdeckte eine weitere Einschusswunde
inmitten der rechten Handfläche. »Das ist die dritte.« Die Kugel steckte noch,
ragte am Handrücken unterhalb der Fingerknöchel hervor, durchbrach aber nicht
die Haut. Rocco hielt der Meute die blutige Handfläche entgegen. »Padre Pio,
erinnert ihr euch an den?«
    »Das ist
das mystische Auge.«
    »Wer zum
Teufel ist hier der Schütze, Annie Oakley?«
    Rocco
blickte auf, blinzelte am Licht vorbei und war überrascht, Rockets zu sehen,
der groggy und übellaunig war. In seinem englischen Regenmantel und mit seinem
eigenen Stahlkoffer in der Hand sah er aus wie ein Bürstenverkäufer mit
Pechsträhne. Er musste sich wohl zu Tode gelangweilt haben, um zum Tatort
herauszukommen.
    »Rockets,
alter Junge, wir brauchen Blut, und wir brauchen die Abdrücke von der Tür
dort.« Rocco deutete auf einen bereits braun werdenden Kometenschweif von
Spritzern auf der unteren Scheibe der schmierigen Seitentür.
    Rockets
blickte voller Entsetzen auf die Tür.
    »Willst du
mich verscheißern? Da klebt ja der Niggerschleim der ganzen Stadt dran.«
    Rocco sah
sich schnell um, ob irgendwelche schwarzen Polizisten in Hörweite waren.
Erleichtert darüber, keinen zu sehen, blickte er wieder zur Leiche hinunter,
blockte Rockets ab und dachte: >Vier Hülsen, wo ist bloß die vierte
Kugel<, griff sich den Kopf des Jungen und verabreichte ihm mit allen zehn
Fingern eine grobe, intensive Kopfhautmassage. Er suchte nach einem Loch, und
seine behandschuhten Hände waren blutig, als er sie fortnahm, ohne etwas
gefunden zu haben. Er begann, den Jungen zu entkleiden, zog den Reißverschluss
der roten Joggingjacke auf, zog das weiße Duke-University-T-Shirt hoch, dann
die rote Trainingshose und die blauen Nylon-Boxershorts herunter, untersuchte
den Unterleib des Jungen und vollführte die gleiche energische Suche um die
Genitalien herum, nichts, und seine Fingerspitzen bedruckten die Haut des
Jungen mit blutigen Stempeln. Er drehte den Jungen mit dem Gesicht in sein
eigenes Blut um, bemerkte das schartige Loch im Rücken, die Austrittswunde von
dem Schuss in den Solarplexus, sagte laut »Austritt«, machte weiter, strich dem
Jungen über den Rücken und die aschgrauen Pobacken, spreizte dann seine
Oberschenkel auseinander. Rocco federte auf seinen Fußballen, seine Waden
fingen an, sich zu verkrampfen,

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