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Prickel

Prickel

Titel: Prickel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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ein Mensch mitten in einem seit zehn Jahren sich selbst überlassenen Brombeergestrüpp bewegen, als wäre es gar nicht da? Muß ich erwähnen, daß ich selber schon mal nähere Bekanntschaft mit eben diesem Busch gemacht habe? Oder die Umstände, die dazu geführt haben? Nein? Dacht' ich's mir. Nun, soviel sei erwähnt, das eine Mal habe ich über eine Stunde gebraucht, mich da wieder herauszuklauben. Und das (ähem) andere Mal noch länger. Ich möchte es so ausdrücken: Sich einen handbreiten und meterlangen Streifen Pflaster vom behaarten Bein zu pellen ist ein Klacks dagegen. Und wie kann ein Mann mit einer ernsthaften Hodenquetschung noch so ohne erkennbare Mühe laufen, springen und klettern? Muß ich auch hier eigene Erfahrungen zum besten geben? Nein? Gut.
    Fragen, Fragen, Fragen.
    Wenn mich jemand verraten, wenn mir jemand Det (buchstäblich) auf den Hals gehetzt hatte, dann hieß das, ich kannte jemanden, der Kontakt zu diesem Killer hatte. Wer konnte das sein?
    Hinein ging es nach Oberhausen, ungebremst.
    Das >Warum?< beschäftigte mich sehr, das >Was jetzt?< auch, doch die nagendste, die hartnäckigste aller Fragen, die mich im Moment bestürmten, war: Wo hatte ich diese, nein, solche Augen schon mal gesehen?
    Scuzzi schnalzte anerkennend mit der Zunge. »Kristof, meine Junge«, sagte er, »eines schönen Tages werden die Trendscouts der Textilindustrie dein Genie entdecken, und ab da wirst du keine ruhige Minute mehr haben. Das ist es also, was wir nächsten Sommer alle tragen werden? Wahnsinn. Ich kann's kaum erwarten.«
    Ich hatte mich doch nicht mehr umgezogen. Leicht taumelnd, wie immer, schwer atmend, wie immer, schweißnaß und unfähig, etwas zu entgegnen, auch wie immer, schleppte ich mich über Scuzzis Schwelle, wankte rüber zur Anlage und schaltete das zäh aus den Boxen triefende, erbärmliche Gewinsel ab. Alles wie immer.
    »Danke!« erschallte es zweistimmig aus einem anderen Zimmer, begleitet von planschenden Geräuschen.
    Suchend sah ich mich um. Wo hatte ich .?
    »Ich weiß nicht, was ihr habt«, sagte Scuzzi, wurde aber unterbrochen, als Prickels Kopf kurz um die Badezimmertüre herumlugte, mit Schaum am Kinn. Grinsend. »Danke«, sagte er mit Gefühl. »Er hört sich diesen Scheiß schon die halbe Nacht lang an. Ich war knapp davor, zurück nach Ratingen zu ziehen.« Damit verschwand er wieder.
    »Ich weiß ehrlich nicht, was ihr habt«, verteidigte sich Scuzzi, »Oasis sind mittlerweile größer als die Beat-«
    »Nein!!« fuhr ich ihm dazwischen. »Sind sie nicht!«
    Während Scuzzi sich schmollend hinter seinen Schreibtisch zurückzog, suchte ich weiter herum. Irgendwo mußte er doch sein . Moment mal .
    Gelächter und Geplansche drangen durch die Türe zum Bad. »Stand by mee, no-ubody kno-u-o-u-o-u-ows .« äffte Patsy Liam Gallaghers eiernden Gesang nach . Moment mal .
    Ich sah Scuzzi scharf an. »Er spricht?!« entfuhr es mir. Keine Antwort.
    »Hackt nur alle auf mir 'rum«, murmelte er statt dessen, mit abgewandtem Gesicht und vorgeschobener Unterlippe. »Wenn das euer Dank ist .«
    »Er spricht?« Ich langte über den Schreibtisch und drehte Scuzzis Kopf in meine Richtung. An den Ohren.
    »Seit wann?« Und ich rüttelte ein bißchen.
    »Aua! Laß los! Seit . Läßt du jetzt los? Oder willst du einen Schwinger in die Leber?«
    Die Mutter aller Drohungen. Ich nahm die Hände hoch.
    »Seit vorgestern, meine ich. Er schlief so unruhig. Und wenn er wach war, war er kaum ansprechbar. Auf den ersten Blick wirkte er einfach nur müde, hundemüde, doch wenn man ihn was fragte, konnte man merken, wie in seinem Kopf die Suppe brodelt. Ich bekam den Eindruck, daß sein Gehirn unter - wie soll ich sagen? - zu hoher Spannung stand. Daß es eine Art von Trafo gebrauchen könnte. Klar dachte ich zuerst an Valium. Aber da wird man so blöd von. Dann Rotwein. Aber er trinkt ja nicht. Schließlich habe ich ihn überreden können, mal an einem Joint zu ziehen. Was sollte schon passieren? Also zog er mal und hustete ein bißchen, wie sie es alle machen, und dann hockte er wieder da und glotzte vor sich hin. Doch als ich ihm die Tüte das zweitemal rüberreichte, blickte er mich völlig klar an und sagte: >Scuzzi, du bist nett. Aber die Musik, die du hörst, ist furchtbar.<«
    Ich stand. Ich dachte. Genau das gleiche, dachte ich, sag ich jetzt schon seit einem Vierteljahrhundert.
    Das Gelächter im Bad war schon seit einer Weile verstummt. Schweres Atmen hatte seinen Platz eingenommen.
    Er

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