Priester des Blutes
vielleicht anstrengender als die meisten anderen, möglicherweise aber angenehmer, wenn auch verdammungswürdig.
Natürlich hielten es die Mönche des Ortes nicht für ein verdammenswertes Vergehen.
In jener Woche erhielten wir bei der Gabenverteilung für die Armen eine großzügigere Zuteilung. Es handelte sich dabei um eine wohltätige Einrichtung der Glaubensbrüder des Klosters für die notleidenden Familien.
Mein Bruder Aofreyd, den ich Frey nannte, pflegte mit mir zu wetten, wo wir unsere Mutter an einem Sommernachmittag liegen sehen könnten. Neun von zehn Malen lag sie mit einem Jungen, halb so alt wie sie und von einem Bauernhof des Ortes stammend, in einen Heuhaufen gedrückt. An den Abenden dieser Tage tranken wir oft feine Milch und hatten frische Eier zum Essen. Wenn sich, wie in jedem Jahr, die Pest in der Gegend ausbreitete und schreckliche Nächte des Betens und endlose Messen, die bis nach Mitternacht dauerten, mit sich brachten, während mein Vater die ganze Jahreszeit auf See blieb, brachte meine Mutter ihre Männer oftmals mit nach Hause, in dem Glauben, wir wären zu unwissend, um zu verstehen, warum die Bretter im Schrankbett knarrten. Nachts lagen Frey und ich zusammen auf unserer Strohmatte,
horchten auf die Geräusche und kicherten gemeinsam darüber, dass die Männer mit ihrem Knurren, Bellen und Winseln immer wie Hunde klangen, und dass sich das, was sie taten, so anhörte, als könnte es nicht im Geringsten angenehm sein. Aber in Wahrheit war es wohl das, was rollige Katzen fühlten, wenn der Kater sie besprang.
Einmal, als Frey ihr das vorwarf, wütend, dass er sie auf dem Markt dagegen verteidigen musste, von den gleichaltrigen Knaben des Ortes als Hure von Babylon bezeichnet zu werden, verpasste sie ihm eine Tracht Prügel und sagte zu uns beiden, dass sie für Gott arbeitete und es sich bei diesen Männern um Heilige handelte, die auf die Erde herabgekommen wären, um eine Himmelsbotschaft zu überbringen.
Zu jener Zeit - damals war ich viel leicht sieben Jahre alt - glaubte ich ihr. Frey hingegen nicht. Mein Bruder spuckte ihr ins Gesicht und sagte zu ihr, sie wäre genau die Art von Frau, die durch die Straßen gezogen und verprügelt werden sollte, bis sich jeder Knochen ihres Körpers wie Honig in Ziegenhaut anfühlte. Er deutete auf die kleine Franseza mit ihrem wirren schwarzen Haar und den Beulen in ihrem Gesicht: »Sie stirbt dir vor den Augen und du legst dich mit fremden Männern ins Bett. Sieh dir Aler an« - so nannte er mich - »er besteht aus Knochen und Haar und sonst nicht viel. Du gestattest es diesen Männern, dich als Kanal für ihren Stockfisch zu benutzen, und dann bringst du einen weiteren Bastard zur Welt und siehst zu, wie er leidet.« Ich wusste damals schon, dass dies böse Reden waren, obwohl ich seine Worte nicht ganz verstand.
Meine Mutter nahm eine heiße Pfanne voller Öl vom Feuer und warf sie nach ihm. Sie traf Frey an der linken Seite seines Gesichtes. Ich schrie, als wäre ich selbst getroffen worden. Doch Frey gab keinen Laut von sich. Er legte seine Hand auf die Stirn und wandte seinen Blick nicht von ihr ab.
In dieser Nacht sperrte sie ihn in den Gemüsekeller ein. Ich lag oben auf der verschlossenen hölzernen Plattform und flüsterte ihm zu, dass alles wieder gut werden würde, dass er am Morgen herausgelassen würde. Wir berührten uns in dieser Nacht durch einen Riss im Holz an den Fingern. Frey sagte zu mir, er würde niemals meine Treue und unsere Verwandtschaft vergessen (selbst wenn wir dieselbe Mutter hatten, vielleicht jedoch nicht denselben Vater), aber den noch würde er keinen weiteren Tag zu Hause bleiben. »Sie ist keine böse Frau«, sagte er über unsere Mutter. »Aber ich kann hier nicht leben.«
»Ich hasse sie«, erklärte ich. »Manchmal.«
»Es ist besser, Mitleid mit ihr zu haben. Sie hat einigen Grund für Zorn … in ihrem Leben.« Dann erzählte er mir eine Geschichte über unsere Mutter und unseren Großvater, und darüber, wie unsere Familie zu Ausgestoßenen im Dorf geworden war. Für mich ergab sie wenig Sinn, da ich zu jung war zu verstehen, wie selbst unter Nachbarn Vorurteile entstehen. »Ich muss fortgehen«, sagte er. »Sie ist zornig, weil sie weiß, dass ich gehen muss.«
»Sie ist verrückt«, meinte ich.
»Sie hat ihre Gründe.« Seine Worte machten mich neugierig. Als ich ihn bat, mir mehr über unsere Mutter zu er zählen, sagte er, ich sollte ruhig sein. »Sie ist, wie sie ist. Ich bin, wie ich
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