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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Über was veranlaßte Sie, anzunehmen, daß es Irrsinn gewesen sei?«
    »Nun,« sagte Flambeau, »hören Sie nur einmal das Verzeichnis von Dingen, die Mr. Craven im Hause vorgefunden hat.«
    »Wir müssen eine Kerze haben,« bemerkte Craven plötzlich, »es zieht ein Gewitter herauf und es wird zu finster zum Lesen.«
    »Haben Sie unter Ihren Merkwürdigkeiten Kerzen gefunden?« fragte Brown lächelnd.
    Flambeau blickte ernst auf und heftete seine dunklen Augen auf seinen Freund.
    »Das ist auch sonderbar,« sagte er.
    »Fünfundzwanzig Kerzen und keine Spur von einem Kerzenleuchter.«
    Immer rascher verdunkelte sich das Zimmer und immer rascher heulte der Sturm als Brown den Tisch entlang schritt bis dorthin, wo ein Bündel Wachskerzen inmitten anderen wertlosen Krams lag. Dabei bückte er sich zufällig über den Haufen rotbraunen Staubes und ein scharfes Niesen unterbrach die Stille.
    »Hallo!« rief er. »Schnupftabak.«
    Er nahm eine der Kerzen, zündete sie vorsichtig an, kam zurück und steckte sie in den Hals der Whiskyflasche. Die ruhelose Nachtluft pfiff durch das rissige Fenster und ließ die lange Flamme gleich einem Banner wehen. Und rings um das Schloß konnte man das meilenweite Rauschen schwarzer Tannenwälder vernehmen, die wie ein schwarzes Meer gegen einen Felsen brandeten.
    »Ich werde daß Inventar verlesen,« begann Craven ernst und nahm eines der Papiere zur Hand, »die Liste dessen, was wir lose und unaufgeklärt im Schlosse vorfanden. Ich muß vorausschicken, daß der Ort für gewöhnlich aufgeräumt und vernachlässigt war, ein paar Zimmer jedoch waren sichtlich in einfachem, keineswegs dürftigem Stile von irgend jemand bewohnt gewesen, von jemand, der nicht mit dem Diener Gow identisch war. Das Verzeichnis lautet wie folgt:
    »Erstens: Eine beträchtliche Menge von Edelsteinen, fast alles Diamanten, sämtlich lose, ohne irgendwelche Fassung. Es ist natürlich begreiflich, daß die Ogilvies Familienjuwelen besaßen, aber das sind gerade jene, die fast immer zu bestimmten Ornamenten vereint sind. Man möchte meinen, die Ogilvies hätten die ihrigen wie Kupfergelb lose in der Tasche herumgetragen.
    Zweitens: Haufen und Haufen von losem Schnupftabak, weder in Horn noch in Beutel verwahrt, sondern in Haufen auf den Kaminen, dem Anrichtetisch, dem Klavier, kurz überall herumliegend. Es sieht aus, als habe der alte Herr sich nicht die Mühe machen wollen, in eine Tasche, zu langen oder einen Deckel aufzumachen. Drittens: Da und dort im Hause sonderbare Haufen kleiner, winziger Metallstücke, einige wie Stahlsprungfedern, andere in Form mikroskopischer Räder, als habe man irgendein mechanisches Spielwerk ausgeweidet.
    Viertens: Die Wachskerzen, welche in Flaschenhälsen gesteckt haben müssen, weil es sonst nichts gibt, um sie hineinzustecken. Nun möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, wieviel sonderbarer all dieses ist als alle unsere früheren Entdeckungen. Für den Kern des Rätsels sind wir vorbereitet; wir haben alle auf einen Blick erkannt, daß etwas mit dem letzten Grafen nicht in Ordnung war. Wir kamen hierher, um herauszufinden, ob er wirklich hier gelebt hat, wirklich hier gestorben ist, ob die rothaarige Vogelscheuche, die ihn begrub, mit seinem Tode etwas zu tun hatte. Aber einmal von all dem das Schlimmste angenommen, die dunkelste oder melodramatischste Lösung die Sie wollen. Nehmen wir an, der Diener ermordete wirklich den Herrn, oder nehmen wir an, der Herr ist wirklich nicht tot, oder nehmen wir an, der Herr ist als Diener verkleidet oder der Diener wurde anstatt des Herrn begraben; denken Sie sich was immer für eine Schaudergeschichte aus, so haben Sie für eine Kerze ohne Leuchter noch immer keine Erklärung, noch weshalb ein ältlicher Herr aus guter Familie die Gewohnheit haben sollte, auf dem Klavier seinen Schnupftabak zu lagern. Den Kern der Geschichte konnten wir uns vorstellen; der Rahmen, die Fransen, das ist das Geheimnisvolle daran. Selbst bei lebhaftester Einbildungskraft kann der menschliche verstand Schnupftabak und Diamanten und Uhrwerk und Wachs nicht in Zusammenhang bringen.«
    »Mir scheint, ich verstehe den Zusammenhang,« warf der Priester ein. »Dieser Glengyle war ein verbitterter Gegner der französischen Revolution. Er war begeisterter Anhänger des ›ancien régime‹ und bemüht, das Familienleben der letzten Bourbonen buchstäblich wieder ins Leben zu rufen. Er gebrauchte Schnupftabak, weil es der Luxusartikel des achtzehnten Jahrhunderts war;

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