Priester und Detektiv
Stelle zu bleiben, bis er mit dem Detektiv zurückkehrte, und auf jeden Fremden achtzuhaben, der diese Treppe herauf käme. Dann zum Haustor hinabstürzend gab er dem dort stehenden Türhüter einen ähnlichen Auftrag, wobei er den die Sache vereinfachenden Umstand erfuhr, daß das Haus keine Hintertüre besah. Damit noch nicht zufrieden, griff er den auf und nieder treibenden Polizisten auf und veranlaßte ihn, sich dem Hauseingang gegenüber aufzustellen und denselben zu bewachen. Und schließlich hielt er noch einen Augenblick an, für einen Penny Kastanien zu kaufen und sich zu erkundigen, wie lange der Verkäufer sich in dieser Nachbarschaft aufzuhalten gedenke.
Der Kastanienhändler schlug seinen Rockkragen empor und bemerkte, es werde wohl zum Schneien kommen. In der Tat war der Abend trübe und bitterkalt, doch Angus Zungenfertigkeit gelang es, den Kastanienmann an seinem Posten festzunageln.
»Wärmt Euch an Euren eigenen Kastanien,« sagte er ernst. »Eßt Euren ganzen Vorrat auf, ich komme dafür auf. Ich gebe Euch einen Souvereign, wenn Ihr hier wartet, bis ich zurück bin, und mir dann sagt, ob irgend jemand, Mann, Frau oder Kind in das Haus dort, wo der Türhüter steht, eingetreten ist.«
Dann lief er mit einem letzten Blick auf den belagerten Turm eilends davon.
»Auf alle Fälle habe ich einen Ring um den Raum gelegt,« sagte er sich. »Sie können doch nicht alle vier Mr. Welkins Spießgesellen sein.«
Lucknow Mansions standen sozusagen auf einer niederen Stufe jenes Häuserhügels, als dessen Gipfel Himalaja Mansions bezeichnet werden kann. Mr. Flambeaus halbamtliche Geschäftsniederlassung lag zu ebener Erde und stellte in jeder Hinsicht den ausgesprochenen Gegensatz zu dem amerikanischen Mechanismus und kalten hotelähnlichen Luxus des »Stummen-Diener-Heimes« dar. Flambeau, mit Angus befreundet, empfing ihn in einem kunstvollen Rokokostübchen hinter seinem Bureau, dessen Schmuckstücke in Säbeln, Hakenbüchsen, orientalischen Merkwürdigkeiten, italienischen Weinflaschen, innerafrikanischen Kochtöpfen, einer wollfelligen Angorakatze und einem kleinen, verstaubten römisch-katholischen Priester bestand, der ganz besonders wenig in diese Umgebung hereinpaßte.
»Mein Freund, Father Brown,« stellte Flambeau vor. »Schon lange wünschte ich, Sie bekannt zu machen. Herrliches Wetter heute; etwas kalt für Südländer wie ich.«
»Ja, ich glaube, es wird gut bleiben,« gab Angus zurück, indem er sich auf eine lilagestreifte Ottomane niederließ.
»Nein,« sagte der Priester, »es hat angefangen zu schneien.«
Und wirklich begannen, während er sprach, die von dem Kastanienbrater vorhergesagten ersten Flocken am dunkelnden Fenster vorbeizutreiben.
»Well,« begann Angus ernst, »ich bedauere, ich bin in Geschäften hier, und zwar in einer ziemlich kitzlichen Sache. Es handelt sich darum, daß einen Sprung von Ihrem Hause jemand wohnt, der dringend Ihre Hilfe braucht; er wird fortwährend von einem unsichtbaren Feinde gehetzt und bedroht, einem Schurken, den niemand noch zu Gesicht bekommen hat.« Als nun Angus mehr und mehr von der ganzen Geschichte Smythes und Welkins erzählte, mit Lauras Erlebnissen beginnend und fortfahrend mit seinen eigenen, mit dem übernatürlichen Lachen an der Ecke zweier menschenleerer Straßen und den in einem leeren Zimmer deutlich gesprochenen Worten, wuchs Flambeaus Aufmerksamkeit immer mehr, und der kleine Priester blieb schließlich so unbeachtet wie das nächstbeste Möbelstück. Bei dem auf das Fenster geklebten, bekritzelten Papierstreifen angelangt, erhob sich Flambeau und seine mächtigen Schultern schienen den ganzen Raum auszufüllen.
»Wenn es Ihnen recht ist,« sagte er, »erzählen Sie mir den Rest lieber auf dem nächsten Wege nach dem Hause dieses Mannes. Ich habe gewissermaßen das Gefühl, daß keine Zeit zu verlieren ist.«
»Mit Vergnügen,«nahm Angus an und erhob sich gleichfalls, »obwohl er für den Augenblick sicher genug ist, denn ich habe vier Mann bestellt, den einzigen Zugang zu seinem Bau zu bewachen.«
Sie bogen in die Straße ein, während der kleine Priester mit der Gelehrigkeit eines Hündchens hinter ihnen her trippelte. »Wie schnell der Schnee am Boden liegen bleibt!« meinte er.
Während sie die steilen, schon silberbestreuten Seitenstraßen durchschritten, beendete Angus seine Geschichte, und als sie das Kieshalbrund mit den darüber sich auftürmenden Gebäuden erreichten, hatte er bequem Zeit, seine
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