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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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weiß die ganze Geschichte. Ich weiß, Sie haben nicht nur die Pantomime durchgesetzt, sondern Sie benützten sie sogar zu einem doppelten Zwecke. Erst haben Sie ganz ruhig die Steine gestohlen. Durch einen Komplizen erhielten Sie Nachricht, daß man Sie bereits im Verdacht habe und ein gewandter Polizeioffizier schon unterwegs sei, um Sie gerade heute abends aufzuspüren. Ein gewöhnlicher Dieb wäre für die Warnung dankbar gewesen und hätte sich aus dem Staube gemacht. Sie aber sind ein Dichter. Sie hatten bereits den guten Gedanken gehabt, die Juwelen im Gefunkel falscher Theaterjuwelen zu verbergen, und dann sahen Sie, wenn das Gewand das eines Hanswursten war, das Erscheinen eines Polizisten vollkommen dazu passen würde. Der brave Sicherheitsbeamte brach von der Polizeiwache in Putney auf, Sie zu suchen und ging in die merkwürdigste Falle, die man ihm je in seinem Leben gestellt hatte. Als die Türflügel sich öffneten, glaubte er das Haus zu betreten, betrat aber direkt die Bühne einer Weihnachtspantomime, allwo er von dem tanzenden Hanswurst unter dem schallenden Gelächter all der ehrenwerten Leute von Putney geschlagen, gestoßen, geschwungen und betäubt wurde. O, nie werden Sie etwas Besseres vollführen! Übrigens geben Sie mir jetzt jene Diamanten zurück, ja?«
    Der grüne Zweig, auf dem die glitzernde Gestalt schwankte, raschelte wie in Erstaunen, doch die Stimme fuhr fort.
    »Ich möchte wirklich bitten, daß Sie sie zurückgeben, Flambeau, und auch, daß Sie dieses Leben aufgeben. Noch steckt Jugend und Ehrgefühl und Temperament in Ihnen; bilden Sie sich doch nicht ein, die würden bei solchem Wandel lange ausreichen. Im Guten mag man sich wohl auf einer gewissen Stufe halten können, im Bösen aber hat dies noch nie jemand vermocht. Dort führt der Weg nur immer weiter abwärts. Der Gute trinkt, und wird grausam, der Freimütige tötet, und leugnet es. Manchen von Ihrer Art habe ich gekannt, der so wie Sie damit anfing, ein ehrlicher Verächter des Gesetzes zu sein, der ganz munter nur den Reichen bestahl und dann damit endete, daß er im Schlamme erstickte. Moritz Blum begann als grundsätzlicher Anarchist, ein Vater der Armen, und er endete als schäbiger Spion und Angeber, den beide Seiten ausnützten und verachteten. Harry Burke begann in aller Einfalt seine Bewegung zur Beseitigung des Geldes, jetzt erpreßt er seiner halbverhungerten Schwester endlose Schnäpse ab. Lord Amber stieg gewissermaßen aus Ritterlichkeit in eine tiefe Gesellschaft herab, jetzt zahlt er, was die elendesten Geier Londons von ihm erpressen. Hauptmann Barillon war der große Gentleman-Apache vor Ihnen, heulend aus Angst vor seinen Genossen und Hehlern, die ihn verraten und zu Tode gehetzt hatten. Ich weiß, Flambeau, der Wald hinter Ihnen sieht sehr frei aus, ich weiß. Sie können jetzt wie ein Affe darin im Nu verschwinden. Eines Tages aber werden Sie ein alter, grauer Affe sein, Flambeau. Sie werden sich in Ihrem freien Walde aufrecht setzen, kalt im Hetzen und dem Verenden nahe und die Baumwipfel werden kahl sein.«
    So ging es weiter, wie wenn der kleine Mann dort unten den anderen auf dem Baume oben an einer langen, unsichtbaren Leine hielte, und er fuhr fort! »Ihr Weg nach abwärts hat begonnen. Sie taten sich immer etwas darauf zugute, nichts Gemeines, nichts Niedriges zu tun, aber heute abends tun sie etwas Gemeines. Sie bringen einen ehrlichen Jungen, gegen den ohnehin schon ein gut Teil spricht, noch mehr in Verdacht. Sie trennen ihn von dem Weibe, das er liebt und das ihn liebt. Aber Sie werden noch Niedrigeres vollbringen, ehe Sie sterben.«
    Drei funkelnde Diamanten fielen vom Baume auf den Rasen. Der kleine Mann bückte sich, sie aufzulesen, und als er wieder zu dem grünen Gitterwerke des Baumes aufblickte, war es leer, der silberne Vogel fort.
    Die Zurückstellung der zufällig gerade von Father Brown aufgelesenen Diamanten beschloß den Abend in überlautem Triumph und Sir Leopold Fischer auf dem Gipfel seiner guten Laune meinte sogar zu dem Priester, daß, obwohl, was ihn betraf, er weniger engherzigen Ansichten huldige, er dennoch jene, deren Glaube ihnen Abgeschlossenheit und Welt-Unkenntnis auferlegte, zu achten vermöge.

Die Sünden des Prinzen Saradin
    Als Flambeau seinen Monatsurlaub von seinem Bureau in Westminster nahm, verbrachte er ihn in einem Segelboot, so klein, daß es meistens für ein Ruderboot gehalten wurde. Er verbrachte ihn überdies auf kleinen Flüssen der östlichen

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