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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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dabei zu geschehen pflegt, wucherten die Erfindungen immer wilder aus den Spießbürgergewohnheiten hervor, aus denen sie geschaffen werden mußten. Die Kolumbine sah sehr nett aus in ihrem abstehenden Rock, der sehr verdächtig dem großen Lampenschirme aus dem Wohnzimmer gleichsah. Der Clown und Pantalon puderten sich mit vom Koche geliefertem Mehle und die rote Schminke lieferte ein Dienstbote, der (wie alle wahrhaft christlichen Wohltäter) ungenannt bleiben soll. Der Harlekin in Silberpapier aus alten Zigarrenkisten konnte nur mit Mühe abgehalten werden, nicht den alten Viktoria-Kronleuchter zu plündern, um sich mit gläsernen Kristallen zu putzen. Wirklich hätte er das auch getan, hätte nicht Ruby irgendwo ein paar vergessene Theaterjuwelen ausgegraben, die sie einst auf einem Maskenballe als Diamantenkönigin getragen hatte. In der Tat fuhr ihr Onkel James Blount vor Aufregung beinahe aus der Haut darüber, wie ein richtiger Schuljunge. Father Brown setzte er meuchlings eine Papiermütze auf, die dieser auch geduldig trug, wobei er sogar noch eine besondere Art herausfand, mit den Ohren zu wackeln; und Sir Leopold Fischer versuchte er einen Papierschwanz an die Rockschösse zu heften, was jedoch stirnrunzelnd abgelehnt wurde.
    »Onkel sieht zu verrückt aus,« rief Ruby Crook zu, um dessen Schultern sie mit großem Ernste einen Kranz Würste geschlungen hatte. »Was sieht er denn so wild drein?«
    »Der richtige Hanswurst zu Ihrer Kolumbine,« gab Crook zurück. »Ich bin nur der Clown, der die alten Spässe macht.«
    »Ich wollte, der Hanswurst wären Sie,« gab sie, den Wurstkranz schwingend zurück.
    Obwohl Father Brown jede Einzelheit, die hinter der Szene vorbereitet wurde, mitangesehen hatte und durch die Umwandlung eines Kissens in ein Theaterwickelkind sogar selbst Beifall geerntet hatte, begab er sich doch in den Zuschauerraum hinüber und setzte sich mit der ganzen feierlichen Erwartung eines Kindes, das zum ersten Male ein Theater sieht, unter das Publikum. Der Zuschauer waren wenige: Verwandte, ein paar Freunde aus dem Orte und die Dienstboten. Sir Leopold Fischer saß in der Mitte, und seine volle Gestalt und der Pelz, den er immer noch um den Hals hängen hatte, benahmen dem kleinen Geistlichen hinter ihm fast den ganzen Ausblick; doch ist noch von keiner Kunstbehörde festgestellt worden, ob er dadurch viel verloren hat.
    Die Pantomime war überaus chaotisch, jedoch nicht zu verachten. Zur Aufführung gelangte ein improvisierter Unsinn, der hauptsächlich von Crook, dem Clown ausging. Er war für gewöhnlich ein wirklich geweckter Mann und heute abends war er von einer so wüsten Allwissenheit besessen, von einer die Welt an Weisheit überbietenden Narrheit, wie sie einen jungen Mann überkommt, der für einen Augenblick einen besonderen Ausdruck auf einem besonderen Gesichte gesehen hat. Er hatte den Clown zu spielen, in Wirklichkeit aber war er beinahe alles andere, nämlich der Verfasser (so weit von einem solchen die Rede sein kann), der Souffleur, der Dekorationsmaler, der Regisseur und vor allem das Orchester. Mittendrinnen während der zügellosen Vorstellung war er imstande, in voller Verkleidung ans Klavier zu wirbeln und irgend ein ebenso absurdes wie passendes Musikstück herunterzuhämmern.
    Der Gipfelpunkt hiervon wie überhaupt der Glanzpunkt des Abends war der Augenblick, als die Flügeltüren im Hintergrunde aufflogen und den lieblich vom Mond beschienenen Garten zeigten, deutlicher aber noch den berühmten Künstler und Gast, den großen Florian, verkleidet als Polizisten. Der Clown am Klavier spielte den Schutzmannchor aus den »Piraten von Penzance«, doch wurde er übertönt vom betäubenden Beifall, denn jede Bewegung des großen Komikers war eine wundervolle, nicht im mindesten übertriebene Darstellung des Auftretens und Benehmens eines wirklichen Polizisten. Der Hanswurst sprang auf ihn zu und hieb ihn über den Helm, während der Mann am Klavier »Ach, ich hab' sie ja nur ...« spielte und der Getroffene in wunderbar geheucheltem Erstaunen um sich blickte; dann versetzte ihm der Hanswurst noch einen Schlag, wobei der Pianist mit ein paar Takten von »Aber nur, aber nur noch einmal ...« nachhalf. Dann fiel der Clown dem Polizisten richtig in die Arme und warf ihn unter einem Schauer von Beifall vor sich nieder. Nun spielte der berühmte Schauspieler die berühmte Rolle des toten Mannes, von der man sich in Putney noch heute erzählt. Es schien beinahe unglaublich,

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