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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Herzlichkeit seine Hand dar.
    »Sehr erfreut, Sie zu sehen, Mr. Flambeau.« sagte er. »Kenne Sie sehr gut nach Ihrem Rufe, wenn diese Erwähnung nicht indiskret ist.«
    »Nicht im mindesten,« antwortete Flambeau lachend. »Ich bin nicht empfindlich. Sehr selten ist Ruf durch unbefleckte Tugend erworben.«
    Der Prinz warf einen scharfen Blick auf ihn, um zu sehen, ob die Erwiderung eine persönliche Spitze barg; dann lachte auch er und lud zum Sitzen ein.
    »Hübscher, niedlicher Ort das, denke ich,« begann er unbefangen. »Nicht viel los hier, fürchte ich; aber das Fischen lohnt sich gut.«
    Der Priester, der ihn mit dem ernsten Sinnen eines Kindes anstarrte, war von einer Idee besessen, die sich jeder Erfassung entzog. Er studierte das graue, sorgfältig gekräuselte Haar, das gelblichweiße Gesicht und die schlanke, etwas stutzerhafte Gestalt. All das sah nicht unnatürlich, wenngleich vielleicht etwas gemacht aus wie die Ausstattung einer Figur hinter dem Rampenlichte. Das namenlose Interesse, das von ihr ausging, lag in etwas anderem, in dem Zusammenhang des Gesichtes selbst. Brown quälte irgend eine ungewisse Erinnerung, als habe er das schon einmal irgendwo gesehen. Der Mann sah wie irgend ein alter, neu herausgeputzter Bekannter aus. Dann fielen ihm plötzlich die Spiegel ein und seine Gedanken wandten sich der psychologischen Wirkung jener Vervielfältigung menschlicher Masken zu.
    Prinz Saradin erfüllte seine gesellschaftlichen Verpflichtungen gegen seine Gäste mit Frohsinn und Takt. Da er in dem Detektiv bereits den Sportsmann, der seinen Urlaub auszunützen beabsichtigte, erkannt hatte, lenkte er Flambeau und Flambeaus Boot nach dem besten Angelplatz des Flusses, und nach zwanzig Minuten war er wieder zurück, um in der Bibliothek sich in ebenso höflicher Weise Father Brown und seiner mehr philosophischen Muße zu widmen. Er schien über ziemliche Kenntnisse von Fischerei und Büchern zu verfügen, obwohl letztere nicht gerade zu den erbaulichsten zählten; er sprach auch fünf oder sechs Sprachen, doch von jeder hauptsächlich nur die volkstümliche Ausdrucksweise. Augenscheinlich hatte er in verschiedenen Städten und in sehr gemischter Gesellschaft gelebt, denn einige seiner lustigsten Geschichten handelten von Spielhöllen und Opiumhöhlen, australischen Strauchdieben und italienischen Briganten. Father Brown wußte, daß der einst allbekannte Saradin seine letzten Jahre auf fast endlosen Reisen verbracht hatte, doch nie war ihm der Gedanke gekommen, daß diese Reisen von so schimpflicher und amüsanter Art gewesen wären.
    In der Tat umgab Prinz Saradin bei all seiner Würde als Mann von Welt gegenüber solch empfänglichen Beobachtern, wie der Priester einer war, eine gewisse Atmosphäre des Ruhelosen, ja sogar des Unbeständigen. Sein Gesichtsausdruck war der der Langweile, doch das Auge blickte unstät. Er besaß kleine nervöse Eigenheiten gleich einem von Alkohol und Giften zugrunde gerichteten Manne und weder früher noch jetzt hatte er sich je eingebildet, Sinn für Häuslichkeit zu besitzen. Derartiges war ganz den beiden alten Bediensteten, besonders dem Kellermeister überlassen, der eigentlich den Grundpfeiler des Hauses bildete. Mr. Paul war in der Tat weniger Hausmeister als vielmehr Küchenmeister oder Kammerdiener; er nahm seine Mahlzeiten allein, doch mit fast ebensoviel Pomp wie sein Gebieter ein. Alle Dienstboten fürchteten ihn und er verhandelte mit seinem Herrn in ergebener aber dennoch eigensinniger Weise, gewissermaßen als wäre er des Prinzen Rechtsbeistand. Die finstere Haushälterin war nur ein Schatten im Vergleiche zu ihm; es schien in der Tat, als stelle sie sich selbst in den Hintergrund, um nur dem Kellermeister aufzuwarten und Brown hörte keines jener vulkanischen Flüsterworte mehr, welche ihm eröffnet hatten, wie der jüngere Bruder den älteren gebrandschatzt. Ob der Prinz wirklich von dem abwesenden Hauptmanne gerupft worden war, wußte er nicht mit Bestimmtheit zu sagen, doch lag etwas Unsicheres und Geheimnisvolles in Saradin, was die Vermutung keineswegs unglaubwürdig erscheinen ließ.
    Als sie nochmals den langen Raum mit den Fenstern und Spiegeln betraten, senkte sich bereits das Abendgold auf das Wasser und die Weiden am Ufer hernieder und eine Rohrdommel schlug in der Ferne gleich einem Kobolde, der mit seiner winzigen Trommel spielt. Dasselbe eigenartige Bewußtsein eines traurigen und unheilvollen Märchenlandes befiel von neuem wie eine trübe

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