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Priester und Detektiv

Priester und Detektiv

Titel: Priester und Detektiv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Landungsstege der kleinen Inseln hinab. Doch das Boot befand sich bereits in der Mitte des Stromes und der alte Paul ruderte und stieß es mit einer für seine Jahre unglaublichen Kraft flußaufwärts.
    »Ich will meinen Herrn retten,« schrie er und seine Augen flammten wie im Wahnsinne. »Ich will ihn noch retten!«
    Father Brown konnte nichts tun, als dem Boote nachblicken, wie es gegen den Strom ankämpfte, und beten, der Alte möchte noch rechtzeitig das Städtchen alarmieren.
    »Ein Zweikampf ist schon schlimm genug,« murmelte er, sich durch sein staubgraues, borstiges Haar fahrend, »aber es ist etwas nicht in Ordnung mit diesem Duell, selbst als Duell genommen. Ich fühle es in meinen Knochen. Was kann es nur sein?«
    Während er so dastand und auf das Wasser, auf den zitternden Spiegel des Sonnenunterganges starrte, vernahm er vom anderen Ende des Inselgartens her einen schwachen aber nicht zu verkennenden Klang, das kalte Gegeneinanderklirren von Stahl. Er wandte den Kopf.
    Draußen, auf der entfernten Spitze der langgestreckten Insel, auf einem Streifen Rasens jenseits der äußersten Rosenhecke kreuzten die Duellanten bereits die Waffen. Der Abend wölbte sich über ihnen wie ein jungfräulicher Dom von Gold und in dieser Entfernung trat jede Einzelheit scharf wahrnehmbar hervor. Sie hatten ihre Röcke abgeworfen, doch die gelbe Weste und das weiße Haar Saradins, die rote Weste und die weißen Beinkleider Antonellis schimmerten im wagerechten Lichte wie die Farben von tanzenden mechanischen Puppen. Die zwei Rapiere funkelten von der Spitze bis zum Griff wie zwei Diamantstifte und etwas Entsetzenerregendes lag in den zwei so kleinen und so lebhaft sich bewegenden Gestalten. Sie sahen wie zwei Schmetterlinge aus, von denen ein jeder versucht, den anderen auf den Kork zu spießen.
    Father Brown lief, so rasch er konnte, und seine kurzen Beine bewegten sich wie zwei Räder. Doch als er auf den Kampfplatz kam, sah er, daß er sowohl zu spät wie zu früh kam – zu spät, um den Zwist Einhalt zu tun, der sich im Schatten der grimmen, auf ihre Ruder gelehnten Sizilianer abspielte, und zu früh, um irgend einen unglücklichen Ausgang zu verhindern. Denn die beiden Männer waren einander ganz außerordentlich gewachsen. Der Prinz setzte seine ganze Sorgfalt mit einem gewissen zynischen Vertrauen ein und der Sizilianer die seine mit einer mörderischen Sicherheit. Selten wohl kann ein besser ausgewähltes Fechterpaar in gedrängt vollem Amphitheater gesehen worden sein als jenes, welches auf diesem vergessenen Eilande in schilfbedecktem Flusse klirrte und glitzerte. Der schwindelnde Fechterkampf hielt sich so lange im Gleichgewichte, daß in dem protestierenden Priester die Hoffnung sich neu zu beleben begann; mit aller Wahrscheinlichkeit mußte Paul mit der Polizei bald zurück sein. Es wäre schon eine gewisse Erleichterung gewesen, wenn Flambeau vom Fischen zurückgekehrt wäre, denn er wog, physisch genommen, vier Männer auf. Aber keine Spur von Flambeau zeigte sich und, was noch viel merkwürdiger war, auch keine Spur von Paul oder der Polizei. Weder Floß noch Stange war irgendwo zu entdecken, womit man hätte übersetzen können; auf jener verlorenen Insel in jenem weiten, namenlosen Flußteiche war man wie auf einem Felsen im Weltmeere von allem abgeschnitten.
    Fast unmittelbar nach diesem Gedanken steigerte sich das Klingen der Rapiere zu einem Klirren, des Prinzen Waffe flog empor und die Spitze drang in seinem Rücken zwischen den Schulterblättern hervor. Mit einer stark taumelnden Bewegung fiel er zurück, beinahe wie jemand, der einen halben Purzelbaum schlägt. Die Waffe flog ihm aus der Hand wie eine Sternschnuppe und versank im nahen Flusse. Mit solch erdbebenhaftem Falle brach er zusammen, daß er mit seinem Körper einen großen Rosenstock abknickte und eine Wolke roter Erde aufwirbelte wie bei einem heidnischen Opfer. Der Sizilianer hatte dem Schatten seines Vaters sein Blutopfer dargebracht.
    Der Priester lag sofort auf den Knien neben dem Körper, aber nur um eben noch festzustellen, daß es eine Leiche war. Während er noch einige letzte, hoffnungslose Versuche machte, vernahm er weit oben vom Flusse herab die ersten Stimmen und gewahrte, wie ein Polizeiboot zum Landungssteg heranschoß mit Schutzleuten und anderen wichtigen Personen darin, einschließlich den aufgeregten Paul. Der kleine Priester erhob sich mit einer deutlich Zweifel ausdrückenden Grimasse.
    »Weshalb nun,« brummte er,

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