PRIM: Netzpiraten (German Edition)
dass die Polizei ihre Leute bis auf die am See abzog, und er bat die Beobachter von den Dächern zum Rapport. Wheelwright gab das lang ersehnte Signal zur Entlassung der U-Bahn- und Tunnelexperten. „Mit ausdrücklichem Dank der Polizei, besonders auch an den Dampfenden Maulwurf!“, ergänzte er seine Anweisung. Hoover arrangierte den Rückzug von Werback und Rust. Sie wurden unter Polizeischutz in ein Hotel gefahren und sollten nach einer halben Stunde über einen Nebenausgang zur Kommandozentrale in Camper gebracht werden. Auf Anweisung Deckers wurden die Personalien aller Bootsfahrer aufgenommen. „Zu wem gehören denn die vier Burschen, die die anderen von Silbers Boot ferngehalten haben?“, fragte er laut.
Als niemand antwortete, wurde es ganz still in Camper. Dann rief Decker den Einsatzleiter der Polizei am See an: „Haben Sie vorhin vier Polizisten in zwei Booten auf dem See gehabt?“
„Bestimmt nicht.“
Decker setzte FBI-Agenten auf die Männer an. Zunächst musste geklärt werden, ob schon irgendwelche Bootsfahrer nach der Personenkontrolle das Gelände verlassen hatten. Das war glücklicherweise nicht der Fall. Es gab viele Zeugen. Und die beiden FBI-Agenten, die unmittelbar vor Werback ein Boot gemietet und sich damit ganz in ihrer Nähe aufgehalten hatten, konnten alle vier eindeutig identifizieren. Sie protestierten nur wenig, als sie abgeführt wurden.
In Camper kehrte etwas Ruhe ein, obwohl weiterhin die unterschiedlichsten Meldungen eintrafen. Die Beobachter von den Dächern bestätigten ihre schon zuvor über Funk übermittelten Meldungen: keine Sichtung des Hubschraubers, keine verwertbaren Geräuscherkennungen. Alice erhielt einen Anruf von Peter Cornwell.
„Hallo Peter, was gibt es?“
„Alice, sehr dringend! Ich habe dir eine Mail geschickt, bitte sieh sie dir gleich an!“
„Okay. Danke.“
Alice beendete das Gespräch und öffnete das Mailprogramm auf ihrem Notebook. Sie musste die Mail entschlüsseln. Sie war nur sehr kurz.
Alice -
JH1320pera hat zugebissen.
Peter
Wurde sie gerade gebraucht? Offenbar nicht. Alice wählte einen Rechner in Kalifornien an. Der für den Ordereingang einer online-Apotheke eingesetzt war. Schnell hatte sie den Zugang zu einem versteckten, von ihr selbst angelegten Verzeichnis geöffnet. Darin fand sie zwei Dateien. Es waren ziemlich lange Dateien. Sie übertrug sie auf ihr Notebook. Während der Entschlüsselung konnte sie sich wieder der Arbeit in Camper widmen.
Werback und Rust kamen an. Belinda Rust sah müde aus. Es war ein langer Tag. Obwohl es immer noch warm war, fror sie. K. B. gab ihr seine Jacke. Sie krempelte die Ärmel an den Handgelenken um. Allan und Chayenne sortierten die Papiere, die noch im Koffer geblieben waren.
Es entspann sich eine Diskussion über die Frage, wie man der Öffentlichkeit die Ereignisse erklären sollte. Es war unwahrscheinlich, dass Belinda Rust nicht erkannt worden war. Aber erstaunlicherweise war ihr Name bisher in den Fernsehberichten nicht aufgetaucht. Drei Stationen übertrugen live vom See. Inzwischen immer häufiger mit Wiederholungen durchsetzt. Und mit Reklameunterbrechungen. Es bot sich an, jeden Verdacht auf die Anwesenheit Rusts im Boot zu leugnen. Hoover sorgte dafür, dass mögliche Anfragen im Weißen Haus entsprechend erwidert wurden.
Alice tauschte ihren Platz mit Allan, um im vorderen Teil von Camper ungestörter recherchieren zu können. In Wirklichkeit, um die Dateien ansehen zu können. Die Adresse des Servers, von dem die Dateien stammten, sagte ihr nichts. Sie würde sie später ausforschen können. Dann sah sie, dass es sich um den Mailverkehr zwischen Pamela Stonington und ihrer Schwester Viola Sinclair handelte. Ihre Ferrets waren wohl bei einem der in Beagle zusammengekommenen Dienste fündig geworden, die Kopien der Mails erhalten hatten. Aber beim Weiterblättern erkannte sie schnell, dass es keine Schwärzungen gab. War ihr Ferret bei der First Lady eingebrochen? Oder bei Viola Sinclair, obwohl sie versichert hatte, alle Mails nachhaltig gelöscht zu haben? Als sie Fotos in den Anlagen öffnete, erschrak sie. Obwohl Natália Radványi sie darauf vorbereitet hatte. Sie verstand jetzt, warum der Präsident unbedingt verhindern musste, dass diese Bilder an die Presse gingen. Selbst wenn er und seine Frau, wie auch Belinda Rust, nicht auf allen unmittelbar erkennbar waren, so waren Moores Körpertattoos ein verräterisches, verbindendes Kennzeichen.
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