PRIM: Netzpiraten (German Edition)
geniales Konzept, Ron. Ich hoffe nur, dass TODAY sich für Ihre tolle Arbeit auch genügend erkenntlich zeigt. Belegschaftsaktien oder ähnliches. Wenn schon Leute vertrauliche Informationen hergeben, dann ist das mehr wert als der Schrott, den man überall auflesen kann. Und wenn es sich um wertloses Zeug handelt, kann man den Informanten ja höflich abwimmeln. Wirklich super! Bezahlt DATA TODAY eigentlich für sehr vertrauliche Informationen?“
„In aller Regel nicht. Nein, eigentlich nie, soweit ich das weiß. Es gibt aber Leute, die mit Hinweis auf unsere höheren Preise in den Stufen B und C Geld für Informationen verlangen. Denen sagen wir dann entweder, dass wir nicht interessiert sind, oder dass wir ohnehin erst noch andere Quellen für die gleiche Information benötigen, oder dass wir die angedeutete Information bereits aus anderer Quelle haben. Das letzte ist natürlich heikel, und wir können das nur machen, wenn eine hohe, erkennbare Wahrscheinlichkeit besteht, dass überhaupt noch andere über die Information verfügen könnten. Belegschaftsaktien gibt es bei uns nicht. Manchmal zahlt die Geschäftsleitung Prämien an Mitarbeiter, die besonders wertvolle Arbeit leisten. Manchmal heißt sehr selten, und es sind sehr wenige Mitarbeiter, wenn ich darüber nachdenke.“
Sie hatte Limpes wieder bei der Sache. Sollte sie jetzt danach fragen, ob DATA TODAY auch selbst nach vertraulichen Informationen über Personen suchte? Er würde das nicht beantworten. Und sie wusste schließlich durch das Projekt Blinder Passagier, dass sie es taten. Denn es war völlig ausgeschlossen, dass es einen Informanten in der NSA, genauer in ihrer Gruppe oder bei Ben Nizers Leuten, geben sollte, der DATA TODAY mit der Information über John Silvermans gerade erst erfundene Beschäftigung bei der NSA unterrichtet hätte. Wichtiger war, weiter in das System zu gelangen und herauszufinden, wie DATA TODAY die Sperren bei der NSA überwunden hatte. Und wo sie noch eingebrochen waren.
„Ich hoffe sehr, dass Sie dabei waren, Ron. Jedenfalls kann DATA TODAY sich mühsame Recherchen nach vertraulichen Informationen ersparen, wenn sich so viele Informanten freiwillig melden. Wie viele Anfragen im Jahr werden mit Daten aus Ihrer C-Datenbank beantwortet?“
„Genau kann ich das so nicht sagen. Ich schätze ein bis zwei unter tausend, also fünfzig bis maximal hundert.“
„Ein gutes Geschäft. Kann ich mir die B- und C-Datenbanken mal ansehen? Ich finde das wahnsinnig interessant.“
Diesmal wandte sich Limpes nicht ab, auch wenn es ihm sichtlich schwer fiel, sie abzuweisen: „Das geht nicht, Ann-Louise. Es ist uns strikt und mit Strafandrohung untersagt, Außenstehenden Einblick in unsere B- und C-Datenbanken und die damit verbundenen Einrichtungen zu geben. Ich komme ins Gefängnis. Bob wird Ihnen dasselbe sagen, da brauchen Sie nicht zu fragen. Es ist in Ihrem Fall auch gar nicht erforderlich, denn die Datenverarbeitung ist die gleiche wie im A-Bereich. Die Systeme sind lediglich aus Sicherheitsgründen völlig voneinander getrennt.“
Limpes sagte nicht, wer bei DATA TODAY mit den B- und C-Daten arbeitete oder auf sie zugreifen konnte. Alice war sich ziemlich sicher, dass dies nur Limpes und Talburn sein konnten. Von Sarah Winter hatte sie erfahren, dass Limpes immer im Glaskasten arbeitete, wenn Talburn einen Tag oder länger nicht im Büro war. Sarah konnte sich auch nicht daran erinnern, dass beide jemals gleichzeitig über mehrere Tage nicht anwesend waren. Und der nächste in der Bürohierarchie war eine Frau, wie Alice seit kurzem wusste. Sie hieß Ruth Benjamin und war die ältere der beiden Frauen, die vor dem Glaskasten saßen. Alice glaubte nicht, dass Benjamin mit den B- und C-Bereichen zu tun hatte, jedenfalls nicht mit den illegalen Einbrüchen in fremde Rechnersysteme. Sie war etwa sechzig Jahre alt und fast ausschließlich mit Telefonieren und Verwaltungsarbeiten beschäftigt, wie Alice im Vorbeigehen erspäht hatte, wenn sie zu Talburn in den Glaskasten ging.
Das war selten genug. Sie nutzte aber jede Gelegenheit, und nachdem Talburn zum ersten Mal zum Mittagessen mitgegangen war, verlangte er auch keine telefonische Anmeldung mehr.
„Soll ich nicht besser Ruth anrufen statt mich direkt bei Ihnen anzumelden, Bob?“ hatte sie spöttisch gefragt, als er ihr wieder einmal die Glastür aufmachte.
„Eigentlich schon“, antwortete er schmunzelnd. „Aber soll die Benjamin jede unserer Begegnungen
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