PRIM: Netzpiraten (German Edition)
Millionen Computern. Die Identifizierung oder gar Verfolgung der Täter ist bisher ganz überwiegend misslungen. Und wir haben es eben mit sehr vielen Tätern zu tun, die von ganz unterschiedlichen Orten aus operieren.
Bisher sind wir davon ausgegangen, dass die Diebe die verschlüsselten Dokumente nicht lesen können, soweit sie nicht Passwörter mit gestohlen haben. PRIM behaupten, die erforderlichen Passwörter mittels Primzahlzerlegung der öffentlichen Schlüssel ermitteln zu können, eine Methode, die wir bei der verwendeten Länge der öffentlichen Schlüssel für unmöglich halten. Trotzdem ist auffällig, dass alle von PRIM an die Frau des Präsidenten geschickten Anlagen Dokumente sind, die zusammen mit den jeweiligen Daten der ursprünglichen Empfänger, also auch mit deren öffentlichen Schlüsseln, auf den Servern abgelegt waren.“
Alice wunderte sich. Sie und ihr Team bei der NSA hatten versucht, vollständige Informationen zu den Mails und Anlagen von den betroffenen Diensten zu bekommen. Das war vom Handelsministerium und vom Pentagon abgelehnt worden, weil diese Daten angeblich geheim und außerdem irrelevant seien. Dagegen hatte das Pentagon die Informationen offenbar erhalten. Sie würde Tessenberg ein paar ernste Fragen stellen.
McFarlane zählte auf, was inzwischen hinsichtlich PRIMs Verpackungsvorgaben herausgefunden worden war: „Die Steine werden den Stoffbeutel fast ausfüllen, wahrscheinlich haben nur wenige Glaskugeln zusätzlich Platz darin. Wir glauben, dass die Kugeln dunkel eingefärbt sein sollen, um sie schnell von den Steinen unterscheiden und trennen zu können. Auch der verlangte Klettverschluss kann bedeuten, dass die Erpresser die Steine zur Prüfung, möglicherweise auch zur Verteilung in andere Behältnisse, schnell entnehmen wollen. Der Reisekoffer ist ein weit verbreitetes und zur Zeit überall, das heißt auch im Ausland, käufliches Modell aus Nylon und Nappa. Der Koffer wird sehr häufig als Kabinengepäck bei Flugreisen verwendet. Er ist groß genug, den Beutel mit den Steinen und die Zertifikate aufzunehmen. Wir schenken der Möglichkeit, dass PRIM einen Koffertausch zur Täuschung planen, natürlich besondere Beachtung.“
McFarlane schien zu überlegen, ob er noch etwas vergessen hatte. Krienitz nutzte die kurze Pause und fragte: „Gibt es noch weitere Anmerkungen oder Fragen zu den Verpackungen?“
„Die Inder verpacken doch alles in Beuteln und Säcken aus Leinen. Vielleicht sind PRIM Inder“, warf Moore ein.
„Jute“, sagte Krienitz und blickte weiter in die Runde. Hoover gab ihr ein Zeichen.
„Die Zylinderform der Stoffverpackung für die Brillanten könnte bedeuten, dass PRIM die Steine bei der Übergabe durch Röhren oder Schächte fallen oder befördern lassen möchten. Denken wir nur an Kaminzüge oder Abwasserleitungen. Die Idee ist nicht neu. Dagegen spricht in unserem Fall, dass die Zertifikate schwerlich auf dem gleichen Weg übergeben werden können. Aber es gibt viele, sehr viele solide Stahltüren und -tore, ganz abgesehen von Wänden und Mauern, die runde Ausnehmungen für die verschiedensten Zwecke haben. Die Zertifikate lassen sich ganz einfach zu Rollen bündeln und durch solche Öffnungen hindurchreichen. Die Täter werden sich, falls sie derartiges planen, einen Ort suchen, an dem die andere Seite der Wand oder Tür für uns nicht einfach zu erreichen ist. Das ist ein weiterer Grund dafür, dass wir so viele Leute einsetzen werden.“
Samantha Krienitz forderte bereits zu weiteren Beiträgen auf, als Hoover noch etwas einfiel: „Wir haben uns auch Gedanken über die geforderte Füllung zu fünfundneunzig Prozent gemacht. Zunächst waren wir der Meinung, das sollte nur verhindern, dass der Klettverschluss zu leicht aufreißt. Das mag tatsächlich ein Grund sein. Aber dann haben wir herausgefunden, dass der Beutel mit genau dieser Füllung sehr leicht verbogen werden kann, wie es beim Transport durch Biegungen in Rohren erforderlich ist.“
„Können wir eine Präsenz von Rohrnetzexperten der Wasserver- und -entsorger der Stadt sicherstellen, bis die Übergabe erfolgt?“, fragte Possling.
„Das ist schon in die Wege geleitet“, sagte McFarlane. „Es werden auch Leute von der Metro bereit stehen. Wir können sogar in das System eingreifen, Züge stoppen und Eingänge absperren.“
„Wie viele Linien gibt es hier?“, wollte Kaestner wissen.
„Fünf, mit fast neunzig Stationen“, antwortete Krienitz. „Und wir haben
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