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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Tropfen trafen Gesicht und Haar, und sie eilte zur U-Bahn-Station im Hauptbahnhof. Die Abgase lagen wie ein Deckel über den Straßen, man konnte sich nicht davor schützen. In einem Anfall von Ekel hielt sie ein Taxi an, nannte dem Fahrer die Adresse von Zero Television und lehnte sich in den Ledersitz. Die Fenster waren beschlagen und verbargen so die Straße und schützten sie vor all dem Hässlichen.
    Ich muss das nicht haben. Ich verdiene etwas Besseres.
    Sie schloss die Augen. Ihr Körper und ihre Kleider waren durchtränkt von den Gerüchen der Kinder. Ellens etwas süßlichem nach Joghurt und Brei, Kalles würzigerem nach Brot und Käse. Ihre Hände erinnerten sich an ihr seidiges Haar und an die Wärme ihrer Wangen.
    Sie hatte die beiden heute Morgen in der Kindertagesstätte abgegeben. Ellens Eingewöhnung war unerwartet gut verlaufen. Bei Kalle hatte sich damals alles viel schwieriger gestaltet. Er war schon älter gewesen als Ellen jetzt und bewusster. Es war vorgekommen, dass sie vor der Tür zur Kindertagesstätte geweint hatte, während der Junge drinnen stand und dasselbe tat.
    Sie schüttelte die Erinnerung daran ab. Die Kinder hatten es gut. Die kommunale Kinderbetreuung war etwas, das sie als Kind auch gern genossen hätte.
    Heute würde Thomas die Kinder abholen, denn sie hatte sie hingebracht. Sie bemühten sich, die Tage der Kinder möglichst kurz zu halten, ließen sie am liebsten nur bis drei dort, aber nie länger als bis vier Uhr. Das bedeutete, dass sie beide im Wechsel an den Tagen, an denen sie die Kinder nicht abholen mussten, länger arbeiteten, um die Zeit, die verloren gegangen war, wieder hereinzuholen.
    Was heißt hier verloren?, dachte sie und empfand das Fehlen der Kinder wie einen körperlichen Schmerz. Sie öffnete die Augen, starrte auf die blaugraue Wasseroberfläche des Riddarfjärden hinaus und schluckte die Sehnsucht hinunter.
    Der Söderledstunnel radierte das graue Licht aus, und sie sah schwarzen Granit hinter den beschlagenen Fenstern vorbeiflimmern.
    Ich schaffe das schon, dachte sie. Es wird gehen.
    Anne Snapphanes Arbeitsplatz lag in einem Industriegebiet südlich der Stadt, und zwar direkt am Skihang von Hammarby, wo das Olympiastadion gebaut wurde. Annika bezahlte mit ihrer Kreditkarte, steckte die Quittung in ihren Geldbeutel und hoffte, dass die Zeitung für die Fahrt aufkommen würde.
    Vor ihr lag die Einfahrt zum Gelände des Senders, zur Fernsehwelt: graue Betonhochhäuser, die im Dunst verschwanden. Linker Hand lagen ein paar flache Gebäude, die wie Hangars aussahen – das waren die Stellplätze für die Technikbusse. Sie ging an Lastenrampen und Holzstapeln vorbei und fand den Eingang.
    Drinnen standen in langen Reihen Autos, die alle gleich aussahen, weiß mit bunten Logos, lauter unterschiedliche Größen und Modelle. Zwei Männer waren dabei, etwas in einen kleinen Van zu packen. Sie sahen kurz zu ihr hin, und sie hob die Hand zum Gruß.
    Ganz hinten stand der größte Trailer von allen. In der Garage und zwischen den anderen Wagen wirkte Ü-Wagen Nummer fünf gigantisch. Sie näherte sich vorsichtig, die Schritte auf dem Beton hallten bis unter das Dach. Vor dem Ü-Wagen lag massenhaft technisches Ausrüstungsmaterial, zum Teil in zinkfarbene Kisten verpackt, auf denen Sony BVP 570, Cam B OB1, Camera Support Nummer zwei stand.
    Die linke Seite des Busses war ausgeklappt worden, genau wie auf Yxtaholm, und dieselbe durchbrochene Metalltreppe führte zum Kontrollraum hinauf.
    »Hallo? Entschuldigung? Gunnar Antonsson?«
    Antonsson streckte seinen grauen Kopf in den Korridor hinaus. Annika machte ein paar zögernde Schritte auf der Treppe und lächelte.
    »Hallo. Ich bin es, Annika Bengtzon vom Bahnhof in Flen.
    Darf ich reinkommen?«
    Antonsson trat aus der Ecke, in der er gearbeitet hatte, wischte sich die Hände an der Hose ab und kam auf sie zu.
    »Na klar«, sagte er, »klar, kommen Sie rein.«
    Er gab ihr die Hand. Sein Handschlag war fest, trocken und warm.
    »Vielen Dank übrigens für die Fahrt zum Bahnhof. Eine Viertelstunde später kam schon ein Zug.«
    Sie lächelte ihn an. Dann ließ sie den Blick über die Wände gleiten und hob anerkennend die Augenbrauen.
    »Beeindruckend«, sagte sie.
    Man hatte überhaupt nicht mehr das Gefühl, in einem Fahrzeug zu sein. Dies war ein hochtechnisiertes Gebäude, das geschmackvoll eingerichtet war, stilvoll vom Brummen der Elektronik umgeben, ein eigenes Universum aus glimmenden Lichtpunkten und

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