Prime Time
»Torstensson«.
Neben dem ersten öffnete sich ein neues Fenster.
Suchergebnis öffentliche Besitzerverteilung.
Anzahl der Treffer: null.
»Entschuldigung«, sagte sie zu der Empfangsdame, »ich habe ein paar Fragen zur Computerabfrage hier.«
Die Frau beugte sich vor und sagte etwas in eine Sprechanlage, das Annika nicht verstand.
Sie starrte das Computerbild an und fragte spaßeshalber ab, wie viele Mitglieder der Eigentümerfamilien Aktien vom Konkurrenten MTG besaßen.
Anzahl der Treffer: drei.
Sie verzog den Mund.
»Das klappt doch prima«, sagte ein Mann hinter ihr. Sie erschrak, denn sie hatte nicht gehört, wie er sich auf dem dicken Teppich genähert hatte.
»Huch«, sagte sie und begrüßte ihn. »Wie funktioniert das hier?« Der Mann lächelte sie an, in seinen Augen war ein Glitzern, das sie rot werden ließ.
»Die Aktienbücher werden alle halbe Jahre aktualisiert«, sagte er. »Jetzt sehen Sie gerade die öffentliche Eigentümerverteilung vom 31. Dezember vorigen Jahres.«
Sie blinzelte ein paar Mal. Nicht ihr Anliegen war verwerflich, sondern das, was sie mit den Informationen anfangen würde.
»Und wie stelle ich es an«, fragte sie, »wenn ich ganz genau wissen will, wann jemand eine bestimmte Aktie verkauft hat?«
»Das geht nicht«, sagte er und lächelte immer noch. »Die Veröffentlichung geschieht auf Halbjahresbasis.«
»Das heißt, keiner weiß es?«, hakte sie nach, pflichtschuldig auch erleichtert. Am liebsten würde sie sich damit zufrieden geben.
»Doch«, sagte er. »Wir registrieren hier in der Wertpapierzentrale alle Besitzerwechsel, die 500 Posten überschreiten. Drei Arbeitstage nach der Transaktion haben wir die Veränderung in unsere Register eingearbeitet.«
»Aber die sind nicht öffentlich?«
Sein Blick vertiefte sich in ihrem und sprach eine völlig andere Sprache als sein Bürokratenschwedisch.
»Wir betreiben so genannte Wertpapieranalysen, das ist ein Service, der den uns angeschlossenen Aktiengesellschaften und gewissen ausländischen Emittenten die Möglichkeit gibt, die Eigentümerstruktur eines Unternehmens zu analysieren.
Unter anderem können sie die täglichen Veränderungen bei den direkt registrierten Besitzern verfolgen.«
Sie sah zu Boden.
»Die können also dafür bezahlen, zu sehen, wer ihre Aktien kauft und verkauft?«
»Genau, sie können die Registrierungen hier bei uns verfolgen.«
»Aber ich kann diesen Service nicht kaufen?«
Sie schielte zu ihm hoch und sah, wie er den Kopf schüttelte. Sie starrte auf sein dichtes Haar und ließ den Blick über seine breiten Schultern und die khakifarbenen Hosen schweifen.
»Okay«, sagte sie zu seinen Schuhen, »mal angenommen, ich will ganz genau wissen, wann eine gewisse Person im vorigen Sommer oder Herbst eine bestimmte Aktie verkauft hat, was mache ich dann?«
Sie sah ihm scheu in die Augen, war erstaunt über die Wärme in seinem Blick.
»Warum fragen Sie die gewisse Person nicht?«
Sie lächelte zurück.
»Ich bin ein Mädchen, das gern alles selbst rauskriegt«, erwiderte sie.
»Das glaube ich Ihnen sofort«, sagte er und zeigte seine weißen, etwas schiefen Zähne. »Sie können natürlich bei dem betroffenen Unternehmen anfragen. Ich bezweifle zwar, dass man Ihnen Auskunft erteilen wird, aber man weiß ja nie.«
»Und wen frage ich da?«
»Versuchen Sie es mit dem Geschäftsführer oder mit dem Verantwortlichen für Investitionsbeziehungen. Allerdings haben viele Unternehmen keinen besonderen Posten für diese Aufgabe, sondern übertragen sie einem gewöhnlichen Angestellten oder Buchhalter.«
Sie stand auf, zog die Regenjacke an und nahm Tasche und Schirm. Es war nur wenig Platz hinter dem Computer, und sie berührte ihn fast.
»Vielen Dank für Ihre Hilfe«, murmelte sie.
»Gern geschehen«, sagte er. »Melden Sie sich, wenn Sie noch etwas …«
Er ließ den Satz unvollendet und gab ihr seine Karte, machte jedoch keine Anstalten, sie vorbeizulassen. Sie sah ihm in die Augen, es berührte sie seltsam, dass er sich für sie interessierte. Sie zwang sich zu einem Lachen, um das Gefühl abzuschütteln, und nahm seine Karte.
»Dann lasse ich auf jeden Fall von mir hören.«
Annika blieb noch einen Moment unter dem Dach über dem Eingang stehen, überwältigt von den Geräuschen der Stadt: dem Zischen von Reifen auf regennassem Asphalt, dem Plätschern in den Rinnsteinen, den singenden Motoren. Sie steckte den Schirm in ihre Tasche und trat in den Regen hinaus. Lauwarme
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