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Prime Time

Prime Time

Titel: Prime Time Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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aufmachte, schlugen ihm Kaffeeduft und der Geruch von Gebäck entgegen. Er wurde blass.
    »Was gibt es?«
    Der Abteilungsleiter für Fürsorge und Pflege saß mit dem Gewerkschaftsvorsitzenden und dem Chef der Entwicklungsabteilung in einer Besprechung, die Sekretärin führte Protokoll. Alle sahen mit erwartungsvollem Blick zu ihm hoch, er hatte sie unterbrochen.
    »Entschuldigung«, sagte Thomas, »ich wusste nicht …«
    Alle außer seinem Chef sahen wieder in ihre Unterlagen.
    Sie wollten sich aus dem peinlichen Moment ausklinken.
    »Gibt es etwas Besonders?«
    Der Ton war kurz angebunden und sehr abweisend.
    »Es kann warten«, sagte Thomas und schloss die Tür leise hinter sich.
    Dann blieb er im Flur im neunten Stock stehen, sein Gesicht brannte.
    Das hätte er wissen können.
    Wenn die Leitung ihren Entschluss gefasst hatte, dann würde man ihn benachrichtigen. Er würde eine Entscheidung nicht vorantreiben können, indem er hinrannte und fragte, ob sie schon entschieden hatten.
    Bisher hatte er noch keine Reaktion auf seine Arbeit über die Sozialhilfe erhalten, doch da die Laufzeit des Projekts mehrere Male verlängert worden war, nahm er an, dass man mit seiner Arbeit zufrieden war. Dreieinhalb Jahre hatte er sich mit Miseren, Elend, Schulden, Verachtung und Ausgrenzung beschäftigt und dargelegt, wie all diese Phänomene mit immer weniger Mitteln verringert werden könnten.
    Er hatte sich für etwas Besseres qualifiziert, die Regionsfrage. Soweit er wusste, würde der Auftrag, die weitere Entwicklung der schwedischen Regionen zu untersuchen, entweder an ihn gehen oder an eine Frau vom Provinziallandtag, die sich bereits drei Jahre lang mit der Frage beschäftigt und somit vom Wissen her einen riesigen Vorsprung hatte, aber er kannte sich mit der Gemeindeverwaltung aus und war außerdem bereits im Haus tätig.
    Eine ältere Frau aus einer anderen Abteilung tauchte am Ende des Flurs auf, und er ging schnell in die andere Richtung zu seinem Büro zurück. Dort sank er zitternd auf seinen Bürostuhl, die Rollen quietschten, als er sich näher an die Schreibtischplatte heranzog.
    Sein Blick fiel auf ein Diagramm, das mit Büroklammern auf einer dünnen Auswertung festgemacht war. Eigentlich war er mit dem letzten Teilbericht noch nicht ganz fertig, aber das machte ihm keine Sorgen mehr. Wenn die Leitung ihm keinen Job mehr gab, dann konnten sie ruhig mit einer Rumpfanalyse dastehen, und wenn er weitermachen durfte, würde er die Analyse sofort fertig stellen können. Er sammelte die Papiere auf dem Tisch ein, legte sie in eine blaue Mappe und stellte sie in das Regal hinter sich.
    Er sah sich im Zimmer um. Skandinavisch helle Bücherregale in Birke, graublaue Stoffe, auf dem Eichenparkett ein dunkelblauer Teppich. Vielleicht waren das seine letzten Tage hier. Sein Vertrag lief Ende Juni aus, also am Freitag.
    Er holte tief Luft und kämpfte gegen das Schwindelgefühl an, das ihn anzusaugen schien. Er strich sich das Haar aus der Stirn und konzentrierte sich auf die praktischen Dinge.
    Hier gab es nicht viel einzupacken.
    Falls niemand etwas anderes verfügte, wollte er sein Arbeitsmaterial mitnehmen. Die Grünpflanzen am Fenster gehörten dem Gemeindetag, ebenso wie die Möbel, die Bilder, der Computer und die restliche Technik. Tatsächlich hatte er an seinen Arbeitsplatz nicht einen einzigen persönlichen Gegenstand mitgenommen. Keine Kinderzeichnungen an den Wänden, keine Ansichtskarten, kein Foto von Annika oder den Kindern.
    Wenn er den Job nicht mehr hatte, was besaß er dann eigentlich? Seit dem Tag vor dreieinhalb Jahren, an dem Annika ihn aus seinem Haus in Vaxholm geholt hatte, war sein Leben in jeder Hinsicht anders geworden. Es war kein aktiver Beschluss gewesen, mit ihr zu gehen, es war nur am einfachsten gewesen. Sie hatte ihm einen Fluchtweg angeboten, und er hatte ihn benutzt und sich Hals über Kopf ins Unbekannte gestürzt, um aus allem herauszukommen.
    Er ging nicht irgendwohin, sondern von etwas weg.
    Das war nicht fair, nicht Annika gegenüber und vor allem nicht Eleonor gegenüber.
    Der Gedanke an den Mann, den anderen, der seinen Platz bei seiner Frau eingenommen hatte, war unerträglich.
    Martin ist einer der Teilhaber. Freust du dich nicht für mich?
    Ich bin so glücklich, Thomas.
    Er holte ein paar Mal tief Luft und hielt sich an der Schreibtischplatte fest.
    Wenn er den Job nicht mehr hatte, was hatte er dann noch?
    Sorgenvoll sah er aus dem Fenster, auf den halb abgesoffenen

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